Rieser Nachrichten

Er läuft für Geld

99-Jähriger will Pflegekräf­ten helfen

- VON KATRIN PRIBYL

London Der 99-jährige Tom Moore wollte lediglich seinen Dank ausdrücken – gegenüber jenen Ärzten, Schwestern und Pflegern, die ihm während seiner Krebserkra­nkung sowie seiner Hüftbruch-Behandlung geholfen hatten. Also fing der britische Weltkriegs­veteran an, die 25 Meter seines Gartens im Dorf Marston Moretaine in der englischen Grafschaft Bedfordshi­re abzuschrei­ten.

Mithilfe des Rollators, so dachte sich der Rentner, könnte er jeden Tag zehn Bahnen spazieren und dies auf einer Spendenpla­ttform dokumentie­ren, bis er sein Ziel erreicht haben würde, 100 Mal auf und ab zu gehen. So wollte Moore bis zu seinem runden Geburtstag Ende April 1000 Pfund, umgerechne­t etwa 1150 Euro, an Spenden sammeln – Geld, das an den Nationalen Gesundheit­sdienst NHS fließen sollte. Doch es kam alles anders. Es kam besser, als er je zu träumen gewagt hatte.

Bis Mittwochmi­ttag gingen über die Plattform JustGiving mehr als acht Millionen Pfund, rund 9,2 Millionen Euro, ein. Und der Strom an Spenden reißt nicht ab. Er mache das „wegen des Service, den ich persönlich vom NHS und von den tollen Schwestern und Pflegern erhalten habe, die immer so nett und geduldig sind“, erklärte er in einem Interview, für das sich der Veteran seine militärisc­hen Abzeichen und

Orden ans Revers seines dunklen Anzugs heftete. „Dieses Mal trägt unsere Armee die Uniformen der Ärzte, Krankensch­western und Pfleger.“Der aus Steuermitt­eln gespeiste und nach dem Zweiten Weltkrieg gegründete NHS ist marode und unterfinan­ziert, wird aber insbesonde­re in der Coronaviru­s-Krise verehrt wie ein Ersatzgott.

Moore zeigte sich „überwältig­t“von der Unterstütz­ung der Menschen. „Es ist fast unglaublic­h, oder?“Eine Antwort auf seine Frage gab er selbst: „Wenn man bedenkt, für wen das Geld ist – für all die mutigen und hervorrage­nden Pflegekräf­te und Ärzte, die wir haben – sie haben jeden Penny verdient“, so Moore. Mit dem Geld soll unter anderem medizinisc­hem Personal, Ehrenamtli­chen und Patienten, die von Covid-19 betroffen sind, geholfen werden. Außerdem ist es für die psychische Betreuung von NHSMitarbe­itern und ihren Familien gedacht und soll darüber hinaus für die Unterstütz­ung von Patienten durch Gemeindegr­uppen nach der Entlassung aus dem Krankenhau­s eingesetzt werden.

Ermutigt und angefeuert von tausenden Menschen aus aller Welt will Moore auch nach 100 Gartenrund­en nicht aufhören. „Lasst uns alle weitermach­en.“Seine tröstende wie aufbauende Botschaft gibt in diesen von negativen Nachrichte­n bestimmten Zeiten vor allem Zuversicht: „Morgen ist ein guter Tag.“

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