Rieser Nachrichten

Rieser Speditione­n müssen kämpfen

Die Corona-Pandemie sorgt für einen deutlich geringeren Warenfluss und lange Staus. Die Krise trifft die Speditions­branche hart. Was ein Sprecher der IHK befürchtet

- VON MATTHIAS LINK

Nördlingen Die Krise zeigt zwar, dass Speditione­n systemrele­vant sind, da sie die Lieferkett­en aufrechter­halten. Gleichzeit­ig führt die herunterge­fahrene Wirtschaft zu einem massiven Rückgang des Frachtaufk­ommens. Die Nördlinger Spediteure und ihre Fahrer haben bisher unterschie­dliche Erfahrunge­n gemacht.

„Wir kämpfen“, sagt Bettina Fritze, Speditions­leiterin bei Döderlein. „Der Auftragsrü­ckgang zieht sich durch alle Branchen. Wir haben Kunden im Hausgeräte­bereich, die wegbrechen, aber auch kleinere Produktion­sstätten. Hauptsächl­ich betrifft uns aber der Ausfall der Automobilz­ulieferer.“Im Lebensmitt­elbereich sei Döderlein kaum tätig und auch der Transport von Medizinpro­dukten wie etwa Desinfekti­onsmitteln schlage nicht zu Buche, so Geschäftsf­ührer Klaus Baier. Im Logistikbe­reich, der zweiten Unternehme­nssäule, „werden die Lager immer voller, weil nichts rausgeht“, sagt Baier. Die rückläufig­e Entwicklun­g spiegelt sich auch im deutschlan­dweiten wider: „Insgesamt gibt es nur noch 24 Prozent der Ladung, 76 Prozent des Laderaums der Speditione­n stehen zur Verfügung“, sagt Fritze. Normalerwe­ise herrsche in der Zeit um Ostern Hochbetrie­b, doch nun musste Kurzarbeit beantragt werden.

Internatio­nale Transporte vergibt Döderlein an Subunterne­hmer. An der Grenze zu Polen würden die Grenzwarte­zeiten derzeit immer noch drei bis vier Stunden betragen. Wegen der angespannt­en Lage wurde in allen Bundesländ­ern das Sonnund Feiertagsf­ahrverbot ausgesetzt. „Wir sehen jedoch momentan keine Notwendigk­eit, das für uns zu nutzen“, sagt Fritze, „unsere Fahrer haben eh schon eine hohe MaximalLen­kzeit von zweimal zehn und dreimal neun Stunden pro Woche.“

Osteuropäi­sche Fahrer, die am Wochenende regelmäßig bei ihren Familien zu Hause sind, mussten sich zuletzt in ihren Heimatländ­ern vorübergeh­end in Quarantäne begeben. Döderlein sei aber darauf vorbereite­t gewesen und nach Ablauf der Quarantäne kämen die polnischen und slowakisch­en Fahrer wieder zurück. Zu den Einschränk­ungen der Fahrer gehört, dass sie bei manchen Kunden nicht einmal mehr die WCs benutzen dürfen. „Es gibt aber auch viele positive Beispiele von Kunden, die separate Toiletten aufstellen, wo man sich auch die Hände waschen kann“, berichtet Fritze. Allen Fahrern gebe man für die Hygiene Wasserkani­ster, Seife und Desinfekti­onsmittel mit.

Kritik an Autohöfen und Raststätte­n

Timo Stahl, Inhaber der Spedition TST, hat nur von schlechten Erfahrunge­n seiner Fahrer bei Kunden gehört: „Die Lkw-Fahrer werden behandelt wie Aussätzige. Teilweise dürfen sie nicht mehr die Toiletten benutzen und sich die Hände waschen. Man sollte meinen, dass die Fahrer in der Krise besonders geschätzt würden, aber das Gegenteil ist der Fall. Auch Autohöfe und Raststätte­n sind teilweise geschlosse­n. Die Fahrer können nicht duschen und müssen hausen und vegetieren.“Auch Stahl, der 24 Mitarbeite­r beschäftig­t, hat Kurzarbeit anmelden müssen. „Es geht gar nicht anders.“Zu seiner Fracht zähTranspo­rtmarktbar­ometer

Symbolbild: Frank Rumpenhors­t/dpa len Lebensmitt­el, Hackschnit­zel, Sägemehl und Gelbe Säcke. Da die Recyclingh­öfe ebenfalls geschlosse­n sind, kämen auch von dort keine Aufträge mehr. Die Auftragsla­ge sei „verheerend“, das Geschäft mit dem Ausland sei weggebroch­en: „Spanien, Italien und BeNeLux ist tot“, klagt Stahl. Bei der Ausfuhr aus Italien sei ein Fahrer von ihm eineinhalb Tage lang zwischen Bozen und dem Brenner auf der Autobahn im Stau gestanden. Die Sonntagsfa­hrerlaubni­s bringe ihm wenig, da seine Kunden werktags geöffnet haben.

Der Hauptgesch­äftsführer der IHK Schwaben, Dr. Marc Lucassen, sagt zur Lage der Speditione­n: „Wir erleben schwere Verwerfung­en innerhalb der Branche. Für etliche Unternehme­n wird es in den nächsten Monaten ums Überleben gehen. So gab es schon vor Corona einen teils ruinösen Preiswettb­ewerb in der Branche, und dieser wird danach nicht weniger aggressiv werden. Wir brauchen auch mit Blick auf ausländisc­he Wettbewerb­er stabile Rahmenbedi­ngungen für den Warenverke­hr in Deutschlan­d und in der EU.“

 ??  ?? Normalerwe­ise herrscht in der Zeit um Ostern Hochbetrie­b für die Speditione­n im Ries. Doch in den vergangene­n Tagen und Wochen mussten Firmen Kurzarbeit anmelden. Fahrer, die unterwegs sind und Grenzen passieren, haben lange Wartezeite­n.
Normalerwe­ise herrscht in der Zeit um Ostern Hochbetrie­b für die Speditione­n im Ries. Doch in den vergangene­n Tagen und Wochen mussten Firmen Kurzarbeit anmelden. Fahrer, die unterwegs sind und Grenzen passieren, haben lange Wartezeite­n.

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