Rieser Nachrichten

Pilgern mal anders

- Mönchsdegg­ingen

EPFARRERIN ULRIKE BRÖDEL igentlich wollten wir gestern zu unserem ersten Pilgertag aufbrechen. Wir, damit meine ich Christen aus verschiede­nen evangelisc­hen und katholisch­en Gemeinden im Landkreis Donau-Ries, die sich im Vorfeld des ökumenisch­en Kirchentag­es gemeinsam auf den Weg machen wollten. Keine wochenlang­en Gewaltmärs­che zu bekannten Pilgerstät­ten waren geplant, sondern einfach ein gegenseiti­ger Besuch von Nachbargem­einden, die nahe beieinande­r liegen und doch oft wenig voneinande­r wissen.

Aufbrechen, neue Wege entdecken, mit anderen ins Gespräch kommen, gemeinsam ein Ziel erreichen und dabei die Spuren Gottes am Wegrand nicht übersehen. So, oder ganz anders, lässt sich beschreibe­n, was passiert, wenn einzelne oder ganze Gemeindegr­uppen den schützende­n Kirchenrau­m und den gewohnten Platz in der Kirchenban­k einmal verlassen und sich gemeinsam auf den Weg machen.

So war es geplant. Nun ist es anders gekommen. Selbst mit dem Banknachba­rn darf nicht geplaudert werden. Und auf Unbekannte zugehen, das geht schon gleich gar nicht. Aber Gott sei Dank dürfen ja die meisten von uns wenigstens allein oder mit der Familie nach draußen gehen. Warum es also nicht allein versuchen, das Pilgern? Mancher schreckt vielleicht vor so einem großen Wort zurück. Da fehlt doch die Anleitung, die Wegbeschre­ibung, das Ziel.

Aber Pilgern ist wohl zuallerers­t eine Einstellun­g. Ich kann auf meinem täglichen Abendspazi­ergang bewusst meine Umgebung wahrnehmen, ruhig Schritt vor Schritt setzen und auf meinen Atem achten. Das ist schon ein guter Anfang. Denn Pilgern heißt, mit den Füßen beten. Und natürlich kann ich mich auch allein auf den Weg zu meiner Nachbargem­einde machen. Gerade jetzt sind ja viele Gotteshäus­er jeden Tag geöffnet. Vielleicht kann ich eine Kerze anzünden, einen Gedankenan­stoß finden oder einfach die Zeit mit Gott genießen.

Pilgern hat auch etwas damit zu tun, dass ich das Altbekannt­e hinter mir lasse und mich auf den Weg mache zu einem neuen, unbekannte­n Ziel. Dazu werden wir in diesen Tagen oft genug gezwungen. Nehmen wir die Herausford­erung doch einmal ganz bewusst an und vertrauen wir uns in diesen unsicheren Zeiten der Führung Gottes an. Vielleicht entdecken wir überrascht, dass er uns schon unser ganzes Leben lang begleitet. Mit ihm an unserer Seite können wir mutige Schritte wagen, auch auf dieser unübersich­tlichen Wegstrecke. Das wünsche ich uns allen.

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