Warum AKK nicht aus dem Krisenmodus kommt
CDU-Chefin in der Krise: Annegret Kramp-Karrenbauer hat die Führung der Partei zwar offiziell noch inne, doch in der Praxis setzt sie nur wenige Akzente. Auch ihr Amt als Verteidigungsministerin macht derzeit wenig Freude
Berlin Der Blick auf die aktuellen Umfragen lässt CDU-Mitglieder gerade glücklich in Erinnerungen schwelgen. Satte 39 Prozent hat das Meinungsforschungsinstitut Forsa für die Unionsparteien ermittelt. Solch einen starken Wert hatten die Christdemokraten zuletzt im Sommer 2017. Sie nähern sich damit dem Ergebnis der Bundestagswahl 2013 an, als 41,5 Prozent zusammenkamen.
Gleichzeitig schwant der Basis, dass das Umfragehoch dem Regierungshandeln in der Corona-Krise zu verdanken ist. Der Parteivorsitzenden Annegret Kramp-Karrenbauer jedenfalls wird der Erfolg nicht zugesprochen. Im Gegenteil: Aufmerksam verfolgen viele gerade, was AKK als Verteidigungsministerin an der Rüstungsfront anstellt. Der Karlsruher CDU-Bundestagsabgeordnete Axel E. Fischer bringt auf den Punkt, was andere in puncto Parteivorsitz nur hinter vorgehaltener Hand flüstern. „Annegret Kramp-Karrenbauer macht das in der Summe nicht schlecht. Sie macht ihre Sache ganz ordentlich, aber sie führt nicht“, sagte Fischer unserer Redaktion. AKK sei „nicht die, die agiert. Agiert wird von der Kanzlerin, Armin Laschet, Markus Söder oder auch Jens Spahn“.
In der öffentlichen Wahrnehmung sind es in der Tat die vier genannten Unionspolitiker, die das Zepter in der Hand halten. Allen voran Kanzlerin Angela Merkel, die zum Ende ihrer Karriere wieder den Einfluss verspürt, der ihr in der Vergangenheit stückweise abhandengekommen war. Von einer vorzeitigen Ablösung Merkels redet kein Mensch mehr, die Kanzlerin pflügt geradezu durchs Krisenmeer.
Teilnehmer berichten, Merkel und nicht etwa Kramp-Karrenbauer habe in der CDU/CSU-Fraktion selbstbewusst berichtet, das CDUParteipräsidium sei ihren Vorschlägen zu weiteren Maßnahmen gegen Corona einhellig gefolgt. Es war, erklärte eine Teilnehmerin verwundert, „als ob Frau Merkel noch CDU-Vorsitzende ist“. KrampKarrenbauer kam in der Fraktion auch an die Reihe. Sie hatte da Merkel sowie dem ausführlichen Folien
Vortrag von Kanzleramtschef Helge Braun (CDU) zur Corona-Strategie aber inhaltlich nichts mehr hinzuzufügen. Was auch daran liegen mag, dass AKK gerade schwer damit beschäftigt ist, einen veritablen Koalitionskrach einzudämmen.
Die Verteidigungsministerin hat wegen des Ankaufs von 45 USKampfjets der F-18-Serie in den Ausführungen „Super Hornet“und „Growler“Kontakt mit ihrem amerikanischen Amtskollegen Mark Esper aufgenommen. Die Maschinen sollen zusammen mit bis zu 93 neuen Eurofightern die Tornados der Luftwaffe ersetzen, die seit 1981 im Bundeswehr-Einsatz sind. Spätestens 2030, so das Verteidigungsministerium, ist der Tornado ein Fall fürs Museum. Es gibt zwar das deutsch-französische Kampfflugzeugprojekt Future Combat Air System (FCAS), doch das soll erst 2040 serienreif sein. „Das heißt für uns, dass wir ab 2025 darangehen müssen, uns konkret um eine Nachfolge zu kümmern“, sagt ein Sprecher des Verteidigungsministeriums und ergänzt: „Wenn wir das 2025 in die Wege leiten wollen, müssen wir uns jetzt darum kümmern, den Prozess einzuleiten, weil es ein sehr länglicher Prozess ist“.
Eigentlich macht AKK also offenbar vieles richtig. Die SPD kritisiert jedoch zum einen, dass nicht die moderneren Kampfjets des Typs F-35 angeschafft werden. Vor allem aber fühlt sich der kleine Koalitionspartner von AKK übergangen – die SPD hätte sich koalitionsinterne Beratungen gewünscht, bevor die
Marschrichtung festgelegt wird. Eine Sitzung des Verteidigungsausschusses mit bohrenden Fragen an die Ministerin brachte keine Stimmungsverbesserung. Es seien noch „erhebliche Fragen offen“, hieß es seitens der Sozialdemokraten. Brisant ist das Thema auch deshalb, weil mit den Kampfjets die umstrittene nukleare Teilhabe Deutschlands verbunden ist, also die Verpflichtung, dass deutsche Jets im Ernstfall amerikanische Atombomben abwerfen.
Hinzu kommt der Streit um die sich offenbar verzögernde Einführung der Grundrente. Auch hier liegt die Gestaltungsmacht nicht bei der CDU-Vorsitzenden. Mit dem derzeitigen Höhenflug wächst bei der CDU deshalb die Furcht vor dem Absturz. Wenn sich die Stimmung dreht und die Kanzlerin der Corona-Krise von der Macherin zur Schuldigen werden sollte – wer fängt dann die Partei auf? KrampKarrenbauer jedenfalls wird das gerade nicht zu getraut. Vielleicht aber will sie es auch gar nicht mehr, nachdem sie parteiintern so viel Kritik einstecken musste. Einen Rückzug vom Rückzug jedenfalls wird es nicht geben, hat sie klargestellt.
Kramp-Karrenbauers Nachfolge sollte am kommenden Wochenende auf einem außerordentlichen Parteitag geklärt werden. Der ist wegen Corona abgesagt und AKK selber hat den regulären Parteitag Anfang Dezember für Neuwahlen ins Gespräch gebracht. Beschlusslage ist das allerdings noch nicht. Die Partei behält sich vor, notfalls doch noch einen vorzeitigen Wechsel an der Spitze vorzunehmen.
Der Streit um den Kauf von Kampfjets ist brisant