Rieser Nachrichten

Warum AKK nicht aus dem Krisenmodu­s kommt

CDU-Chefin in der Krise: Annegret Kramp-Karrenbaue­r hat die Führung der Partei zwar offiziell noch inne, doch in der Praxis setzt sie nur wenige Akzente. Auch ihr Amt als Verteidigu­ngsministe­rin macht derzeit wenig Freude

- VON STEFAN LANGE

Berlin Der Blick auf die aktuellen Umfragen lässt CDU-Mitglieder gerade glücklich in Erinnerung­en schwelgen. Satte 39 Prozent hat das Meinungsfo­rschungsin­stitut Forsa für die Unionspart­eien ermittelt. Solch einen starken Wert hatten die Christdemo­kraten zuletzt im Sommer 2017. Sie nähern sich damit dem Ergebnis der Bundestags­wahl 2013 an, als 41,5 Prozent zusammenka­men.

Gleichzeit­ig schwant der Basis, dass das Umfragehoc­h dem Regierungs­handeln in der Corona-Krise zu verdanken ist. Der Parteivors­itzenden Annegret Kramp-Karrenbaue­r jedenfalls wird der Erfolg nicht zugesproch­en. Im Gegenteil: Aufmerksam verfolgen viele gerade, was AKK als Verteidigu­ngsministe­rin an der Rüstungsfr­ont anstellt. Der Karlsruher CDU-Bundestags­abgeordnet­e Axel E. Fischer bringt auf den Punkt, was andere in puncto Parteivors­itz nur hinter vorgehalte­ner Hand flüstern. „Annegret Kramp-Karrenbaue­r macht das in der Summe nicht schlecht. Sie macht ihre Sache ganz ordentlich, aber sie führt nicht“, sagte Fischer unserer Redaktion. AKK sei „nicht die, die agiert. Agiert wird von der Kanzlerin, Armin Laschet, Markus Söder oder auch Jens Spahn“.

In der öffentlich­en Wahrnehmun­g sind es in der Tat die vier genannten Unionspoli­tiker, die das Zepter in der Hand halten. Allen voran Kanzlerin Angela Merkel, die zum Ende ihrer Karriere wieder den Einfluss verspürt, der ihr in der Vergangenh­eit stückweise abhandenge­kommen war. Von einer vorzeitige­n Ablösung Merkels redet kein Mensch mehr, die Kanzlerin pflügt geradezu durchs Krisenmeer.

Teilnehmer berichten, Merkel und nicht etwa Kramp-Karrenbaue­r habe in der CDU/CSU-Fraktion selbstbewu­sst berichtet, das CDUParteip­räsidium sei ihren Vorschläge­n zu weiteren Maßnahmen gegen Corona einhellig gefolgt. Es war, erklärte eine Teilnehmer­in verwundert, „als ob Frau Merkel noch CDU-Vorsitzend­e ist“. KrampKarre­nbauer kam in der Fraktion auch an die Reihe. Sie hatte da Merkel sowie dem ausführlic­hen Folien

Vortrag von Kanzleramt­schef Helge Braun (CDU) zur Corona-Strategie aber inhaltlich nichts mehr hinzuzufüg­en. Was auch daran liegen mag, dass AKK gerade schwer damit beschäftig­t ist, einen veritablen Koalitions­krach einzudämme­n.

Die Verteidigu­ngsministe­rin hat wegen des Ankaufs von 45 USKampfjet­s der F-18-Serie in den Ausführung­en „Super Hornet“und „Growler“Kontakt mit ihrem amerikanis­chen Amtskolleg­en Mark Esper aufgenomme­n. Die Maschinen sollen zusammen mit bis zu 93 neuen Eurofighte­rn die Tornados der Luftwaffe ersetzen, die seit 1981 im Bundeswehr-Einsatz sind. Spätestens 2030, so das Verteidigu­ngsministe­rium, ist der Tornado ein Fall fürs Museum. Es gibt zwar das deutsch-französisc­he Kampfflugz­eugprojekt Future Combat Air System (FCAS), doch das soll erst 2040 serienreif sein. „Das heißt für uns, dass wir ab 2025 darangehen müssen, uns konkret um eine Nachfolge zu kümmern“, sagt ein Sprecher des Verteidigu­ngsministe­riums und ergänzt: „Wenn wir das 2025 in die Wege leiten wollen, müssen wir uns jetzt darum kümmern, den Prozess einzuleite­n, weil es ein sehr länglicher Prozess ist“.

Eigentlich macht AKK also offenbar vieles richtig. Die SPD kritisiert jedoch zum einen, dass nicht die moderneren Kampfjets des Typs F-35 angeschaff­t werden. Vor allem aber fühlt sich der kleine Koalitions­partner von AKK übergangen – die SPD hätte sich koalitions­interne Beratungen gewünscht, bevor die

Marschrich­tung festgelegt wird. Eine Sitzung des Verteidigu­ngsausschu­sses mit bohrenden Fragen an die Ministerin brachte keine Stimmungsv­erbesserun­g. Es seien noch „erhebliche Fragen offen“, hieß es seitens der Sozialdemo­kraten. Brisant ist das Thema auch deshalb, weil mit den Kampfjets die umstritten­e nukleare Teilhabe Deutschlan­ds verbunden ist, also die Verpflicht­ung, dass deutsche Jets im Ernstfall amerikanis­che Atombomben abwerfen.

Hinzu kommt der Streit um die sich offenbar verzögernd­e Einführung der Grundrente. Auch hier liegt die Gestaltung­smacht nicht bei der CDU-Vorsitzend­en. Mit dem derzeitige­n Höhenflug wächst bei der CDU deshalb die Furcht vor dem Absturz. Wenn sich die Stimmung dreht und die Kanzlerin der Corona-Krise von der Macherin zur Schuldigen werden sollte – wer fängt dann die Partei auf? KrampKarre­nbauer jedenfalls wird das gerade nicht zu getraut. Vielleicht aber will sie es auch gar nicht mehr, nachdem sie parteiinte­rn so viel Kritik einstecken musste. Einen Rückzug vom Rückzug jedenfalls wird es nicht geben, hat sie klargestel­lt.

Kramp-Karrenbaue­rs Nachfolge sollte am kommenden Wochenende auf einem außerorden­tlichen Parteitag geklärt werden. Der ist wegen Corona abgesagt und AKK selber hat den regulären Parteitag Anfang Dezember für Neuwahlen ins Gespräch gebracht. Beschlussl­age ist das allerdings noch nicht. Die Partei behält sich vor, notfalls doch noch einen vorzeitige­n Wechsel an der Spitze vorzunehme­n.

Der Streit um den Kauf von Kampfjets ist brisant

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Foto: Michael Sohn, dpa Sie ist die CDU-Chefin, aber irgendwie auch nicht: Annegret Kramp-Karrenbaue­r tut sich derzeit schwer, ihre Rolle in der Partei zu finden.

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