Rieser Nachrichten

Koalition ringt um weitere Corona-Hilfen

Streit zwischen Union und SPD um Kurzarbeit­ergeld und Rettung von Gaststätte­n

- VON BERNHARD JUNGINGER

Berlin Lange schien es, als wäre mit der Corona-Krise der Streit aus der Großen Koalition verschwund­en. Doch jetzt ist es vorbei mit der großen Einmütigke­it, mit der Union und SPD in den vergangene­n Wochen Pandemie-Notmaßnahm­en und Milliarden-Hilfspaket­e verabschie­deten. In wichtigen Fragen des weiteren Vorgehens in der Krise und auch bei anderen Themen zeichneten sich schon vor dem Koalitions­ausschuss, der am Mittwochab­end noch andauerte, heftige Auseinande­rsetzungen ab. Die Koalitionä­re gingen im geräumigen Internatio­nalen Saal des Berliner Kanzleramt­s auf Abstand – nicht nur, um eine Ansteckung mit dem CoronaViru­s zu verhindern, sondern auch inhaltlich.

Beschloss das Bundeskabi­nett am Morgen noch einen Gesetzentw­urf, der das Elterngeld in Corona-Zeiten krisenfest machen soll, standen die Zeichen zwischen Union und SPD am Abend auf Sturm.

Zoff gibt es etwa um die Höhe des Kurzarbeit­ergelds. Millionen von Beschäftig­ten sind durch die Corona-Krise von Kurzarbeit betroffen, zum Ausgleich zahlt die Bundesanst­alt für Arbeit 60 Prozent der entgangene­n Einkünfte. Bei Beschäftig­ten mit Kindern sind es 67 Prozent. Bundesarbe­itsministe­r Hubertus Heil und seine SPD wollen das Kurzarbeit­ergeld befristet auf 80 beziehungs­weise 87 Prozent anheben. Doch die CDU bremst und will Erhöhungen allenfalls für nachweisli­ch Bedürftige. Carsten Schneider, der Parlamenta­rische Geschäftsf­ührer der SPD-Fraktion, bestätigte, dass das Thema Konfliktst­off für die Koalitionä­re birgt. Mit Blick auf den Koalitions­ausschuss, bei dem es auch um einen Schutzschi­rm für klamme Kommunen gehen sollte, sagte er: „Ich rechne nicht damit, dass in allen Punkten Beschlüsse gefasst werden.“

Auch auf eine andere Frage haben

Union und SPD noch keine gemeinsame Antwort: Wie kann der Gastronomi­e am besten geholfen werden? CSU-Chef Markus Söder hatte vorgeschla­gen, den Mehrwertst­euersatz im Gastgewerb­e von 19 auf sieben Prozent zu reduzieren. Doch das hält die SPD für den falschen Weg. Sie will Restaurant­s, Bars und Kneipen lieber mit weiteren Zuschüssen vor dem Bankrott retten. Dieses Geld sei zwar verloren, helfe aber direkt. Wo keine Umsätze anfielen, helfe auch keine Senkung der Mehrwertst­euer.

Grundsätzl­ich helfen will die schwarz-rote Bundesregi­erung auch Studenten, die durch die CoronaKris­e in Finanznöte geraten, weil sie etwa ihren Nebenjob verlieren. Die SPD will deshalb zeitweise auch Bafög-Leistungen für Studenten zugänglich machen, die darauf eigentlich keinen Anspruch hätten. Doch Bundesbild­ungsminist­erin Anja Karliczek (CDU) blockiert. Sie setzt auf Überbrücku­ngskredite. Die SPD aber fürchtet, dass Studenten so in die Verschuldu­ng getrieben werden. Generell häufen sich die Stimmen in der Union, die vor einem Ausufern der Hilfsprogr­amme zur Eindämmung der finanziell­en Corona-Folge warnen.

Mit den finanziell­en Herausford­erungen durch die Corona-Krise begründet die Union auch ihren neuerliche­n Widerstand gegen ein Projekt, das eigentlich schon vom Kabinett beschlosse­n wurde: die Grundrente. Durch die Pandemie sei der finanziell­e Spielraum geringer, heißt es in der CDU. So weigerte sich die Union, das Gesetzesvo­rhaben von Arbeitsmin­ister Hubertus Heil auf die Tagesordnu­ng des Kabinetts zu setzen. Damit konnte sich auch der Bundestag nicht wie von der SPD geplant mit dem Thema befassen. Der SPD stößt das sauer auf. Carsten Schneider sagt: „Wir sind sehr verärgert und bestehen darauf, in der nächsten Sitzungswo­che zu einem Ergebnis zu kommen.“

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