Rieser Nachrichten

„Für ihn war es ein Spiel“

Prozess wegen hundertfac­hen Missbrauch­s

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München Im Prozess um hundertfac­hen sexuellen Missbrauch gegen einen Großvater hat die Mutter der mutmaßlich­en Opfer den Angeklagte­n als meist netten und hilfsberei­ten Mann beschriebe­n. „Er konnte gut mit Kindern umgehen“, sagte die 46-Jährige am Mittwoch vor dem Landgerich­t München II über ihren Stiefvater.

Ihre Tochter und er seien „ein Herz und eine Seele“gewesen. Sie selbst sei es gewesen, die den heute 56-Jährigen ihrer Mutter vorgestell­t habe. „Ich hab die zusammenge­bracht. Ich konnte ja nicht wissen, was passiert.“Allerdings sei der Mann auch aggressiv geworden und habe sie geschlagen – meist, wenn er unterzucke­rt war. Danach habe er sich manchmal nicht daran erinnern können.

Der Mann steht vor Gericht, weil er sich über Jahre an seinen beiden Stiefenkel­kindern, mit denen er in einem Haus zusammenle­bte, und zwei von deren Freunden vergangen haben soll. Er hat die Vorwürfe weitgehend eingeräumt und äußerte sich auch am Mittwoch noch mal. Nicht alles, was die mutmaßlich­en Opfer in ihrer nicht öffentlich­en Video-Aussage angegeben hätten, sei aber wahr. „Die Häufigkeit stimmt nicht.“Zu den Vorwürfen, die seine Stiefenkel­in gegen ihn erhoben habe, gab seine Anwältin eine Erklärung ab: „Für ihn war es ein Spiel, er hatte keine Hintergeda­nken, aber er hat es getan.“

Mit seiner ersten Aussage vor Gericht hatte der Angeklagte Ermittlung­en gegen einen ehemaligen Erzieher und einen Geistliche­n ins Rollen gebracht. Er gab an, in seiner Jugend in dem früheren katholisch­en Jugenddorf Piusheim in Baiern im Landkreis Ebersberg selbst massiv sexuell missbrauch­t worden zu sein. Das Heim ist dadurch – 14 Jahre nach seiner Schließung – ins Visier der Justiz geraten. Die Staatsanwa­ltschaft München II hat Vorermittl­ungen aufgenomme­n. Bei der am bayerische­n Landesjuge­ndamt angesiedel­ten Beratungss­telle für ehemalige Heimkinder hatten sich über die Jahre schon 28 ehemalige Piusheim-Bewohner gemeldet, das Erzbistum München wusste von neun Verdachtsf­ällen. Auch bei der Staatsanwa­ltschaft hat sich inzwischen ein weiterer mutmaßlich Betroffene­r gemeldet.

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