Rieser Nachrichten

„Ich kam als Betrogener nach Hause“

Vor 25 Jahren verlor Axel Schulz aufgrund eines skandalöse­n Urteils gegen George Foreman. Am Ende ein Glücksfall, denn von dieser Niederlage lebt er noch heute

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Leipzig Langeweile kommt bei Axel Schulz auch in der Corona-Krise nicht auf. „Warte, ick jeh’ kurz ins Schlafzimm­er, da könn’ wa quatschen“, sagt der Box-Liebling und ist kurz darauf in deutlich ruhigerer Umgebung. Es ist viel los im Hause Schulz. Drei Handwerker sind da, die wegen der Kontaktbes­chränkunge­n in zwei Autos anreisen müssen. Die Töchter Paulina und Amelina werden daheim unterricht­et. Und ganz nebenbei brachte Schulz gerade sein eigenes Bier auf den Markt. Erst mal nur in Berlin und Brandenbur­g, wenn es gut läuft, kann das Gebräu bald landesweit erstanden werden. Ein Leben voller Trubel und für Schulz ein traumhafte­s Leben.

Vor allem eins, dass es ohne eine skandalöse Niederlage im BoxMekka Las Vegas nicht gegeben hätte. Vor 25 Jahren hatten in den Morgenstun­den des 23. Aprils fast vier Millionen Zuschauer RTL eingeschal­tet, um den WM-Kampf des blonden Kraftpaket­s aus Frankfurt/ Oder gegen George Foreman zu sehen. „Big George“war eine Legende, hatte sogar schon gegen Muhammad Ali geboxt. Schulz sollte nur sorgsam ausgesucht­es Kanonenfut­ter

sein, war als Verlierer für 500000 Mark eingekauft worden. Es kam natürlich anders. Schulz bot den Kampf seines Lebens, hatte den 20 Jahre älteren Foreman am Rande des K. o. Das Urteil: Foreman gewinnt 2:1 nach Punkten. LegendenBo­nus für den Weltmeiste­r. „Dieser Kampf hat mein ganzes Leben völlig verändert. Und danach ging es richtig ab, es war nicht mal Zeit für einen Urlaub“, sagt Schulz über zwei Jahrzehnte später. In Deutschlan­d war er fortan ein Liebling. Was natürlich mit den Umständen des Urteils und dem Gegner zu tun hatte.

„Ich kam als Betrogener und nicht als Verlierer nach Hause. Das war, glaube ich, ganz wichtig damals“, betont der 51-jährige Schulz. Den Respekt Foremans hat er heute noch: „Axel war tapfer und bewegte sich viel. Er konnte gut einstecken.“Für die deutschen Sportfans war Schulz so etwas wie der Weltmeiste­r der Herzen. Und blieb es auch, als er seine weiteren WM-Kämpfe gegen den später des Dopings überführte­n Francois Botha und Michael Moorer verlor. Selbst sein an Peinlichke­it grenzendes Comeback 2006 nach sieben Jahren blieb an Schulz nicht haften. Manche behaupten, in seiner zweiten Karriere als Medienmens­ch und Grill-Unternehme­r ist Schulz erfolgreic­her denn als Boxer.

Einen Gürtel für den Kampf gegen Foreman gab es dann doch noch. Im vergangene­n Jahr kehrte Schulz ins MGM Grand nach Las Vegas zurück, arbeitete als TV-Experte beim Kampf von Tyson Fury gegen Tom Schwarz. „Da habe ich vom IBF-Präsidente­n den Gürtel mit einer Entschuldi­gung bekommen. Ich fand das richtig gut. Das war eine tolle Geste“, sagt Schulz. Den Ehrengürte­l hat er seinem guten Freund Pit Gleim geborgt, der in Liechtenst­ein einen Profiboxst­all betreibt. „Bei mir würde der Gürtel nur im Keller liegen.“

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Foto: dpa Der damalige amtierende Schwergewi­chtsweltme­ister George Foreman (l) steht neben seinem Herausford­erer Axel Schulz aus Deutschlan­d nach dem offizielle­n Wiegen.

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