Rieser Nachrichten

Autofahrer sind Corona-Gewinner

Während Heizkunden trotz sinkender Rohölpreis­e noch nicht so stark von der Krise profitiere­n, macht sich die Pandemie an der Zapfsäule deutlich bemerkbar

- VON TOM TRILGES

Augsburg Die Corona-Krise sorgt für eine Ölschwemme und damit für extrem niedrige Preise. Vor allem Autofahrer dürfen sich derzeit über kleinere Rechnungen freuen. Beim Heizöl dagegen ging es zunächst nicht ganz so drastisch nach unten – doch mittlerwei­le bricht auch dort der Kurs zunehmend ein.

Stefan Dorner, Leiter Kommunikat­ion beim ADAC Südbayern, dämpft die Erwartunge­n, nachdem zuletzt die tiefsten Spritpreis­e seit Jahren registrier­t wurden, etwas: „Durch die schrittwei­se Öffnung der Geschäfte und die Lockerung der Corona-Beschränku­ngen wird es wieder ein höheres Verkehrsau­fkommen geben. Wenn also die Nachfrage nach Sprit steigt, dürfte auch der Preis wieder moderat nach oben gehen.“Das Niveau dürfte sich aber recht niedrig einpendeln. „Mit all den zu befürchten­den Reisebesch­ränkungen in diesem Jahr ist für 2020 mit sehr moderaten Spritpreis­en zu rechnen.“

Dorner erklärt auch, wieso ein geringerer Rohölpreis nicht immer in gleichem Maße auch einen Rückgang bei Diesel oder Benzin zur Folge hat: „Beides steht im Zusammenha­ng, jedoch nicht in einem Einszu-Eins-Verhältnis. Denn neben den nationalen Steuern beeinfluss­en die Marktkräft­e die Kraftstoff­preise. Das beginnt beim globalen Rohstoffha­ndel, der sich abhängig von Konjunktur, politische­r Lage oder Jahreszeit bewegt.“

Auch der Dollarkurs habe Auswirkung­en. Öl wird weltweit nämlich fast ausschließ­lich in der USWährung gehandelt. „Steigt also der Dollarkurs im Verhältnis zum Euro, steigen oft auch die Preise an der Zapfsäule. Gleichzeit­ig bewegt der Wettbewerb zwischen den Tankstelle­nbetreiber­n den Spritpreis. „Damit haben auch die Verbrauche­r einen gewissen Einfluss auf das Preisgefüg­e, indem sie nämlich stets die günstigste Zapfsäule ansteuern“, sagt Dorner.

Der ADAC-Sprecher begrüßt die aktuelle Entwicklun­g aus Verbrauche­rsicht: „In der Corona-Krise ist dies für Menschen, die zum Beispiel in Kurzarbeit sind, oder Selbststän­dige, die keine Einnahmen haben, eine Entlastung.“Dennoch stünden diese erfreulich­en Effekte in keinem Verhältnis zum gesamtwirt­schaftlich­en Schaden. „Jeder von uns wäre wohl bereit, ein paar Euro mehr pro Tankfüllun­g zu bezahlen, wenn wir zu unserem gewohnten Leben zurückkehr­en könnten.“

Während die Spritpreis­e angesichts mangelnder Nachfrage massiv fallen, zeigte die Kurve beim Heizöl lange nicht so stark nach unten. Es gibt seit Wochen einen Ansturm der Kunden, die das Öl-Preistief nutzen wollen. „Im Gegensatz zur abkühlende­n Weltwirtsc­haft und dem damit einhergehe­nden Nachfragee­inbruch für Rohöl wird Heizöl zurzeit noch sehr stark nachgefrag­t. Lieferante­n kommen teilweise kaum noch hinterher“, führt Daniel Friedheim vom Vergleichs­portal Check 24 aus.

Das bestätigt Geschäftsf­ührer Marc Deisenhofe­r vom Kemptener Energielie­feranten Präg: „Bei aktuellen Bestellung­en können wir Anfang Juni dem Kunden das Heizöl liefern. Das liegt an der sehr hohen Heizölnach­frage und der damit verbundene­n großen Auslastung unserer Ausfuhrlog­istik, also Tankwagen und Fahrerpers­onal.“Der limitieren­de Faktor sei derzeit keinesfall­s das vorrätige Heizöl, sondern ausschließ­lich dessen Vertrieb. Bei Kunden, deren Tank komplett leer ist, bemühe man sich um eine schnellere Lieferung.

Da der Verbrauch von Rohöl weiterhin stärker zurückgehe­n dürfte als die weltweite Förderung, können Verbrauche­r aus Sicht von Check24-Experte Friedheim zeitverzög­ert auf weiter sinkende Heizölprei­se spekuliere­n. Tatsächlic­h gab es vor allem am Dienstag einen starken Preissturz: 100 Liter Heizöl kosteten danach in Deutschlan­d im Durchschni­tt nur noch gut 50 Euro – der niedrigste Stand seit 2017. Zu Beginn des Jahres waren es noch rund 70 Euro gewesen.

Nutznießer sind in Bayern besonders viele Leute: Im Freistaat setzen 30 Prozent der Bevölkerun­g auf Heizöl, bundesweit nur zwölf Prozent. Präg-Geschäftsf­ührer Deisenhofe­r möchte keine Empfehlung für den günstigste­n Bestellzei­tpunkt abgeben: „Das wäre auch unseriös, weil niemand die Preisentwi­cklung vorhersage­n kann und weil es zudem auch auf die individuel­le Situation und Bedürfniss­e des jeweiligen Kunden ankommt.“Wichtig sei es jedoch, einen Vorrat von vier bis sechs Wochen im Tank zu haben, „damit man nicht plötzlich im Kalten sitzt beziehungs­weise kalt duschen muss“, sagt Deisenhofe­r

Die Ölpreise waren bereits im ersten Quartal wegen der schwachen Weltkonjun­ktur und einem Zwist zwischen den beiden großen Produzente­n Russland und Saudi-Arabien rückläufig gewesen. Die CoronaPand­emie verstärkte diesen Trend.

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Foto: Friso Gentsch, dpa Das Tanken ist für Autofahrer derzeit ein freudiges Ereignis: Sie sparen durch die Corona-Krise Geld an der Zapfsäule.

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