Autofahrer sind Corona-Gewinner
Während Heizkunden trotz sinkender Rohölpreise noch nicht so stark von der Krise profitieren, macht sich die Pandemie an der Zapfsäule deutlich bemerkbar
Augsburg Die Corona-Krise sorgt für eine Ölschwemme und damit für extrem niedrige Preise. Vor allem Autofahrer dürfen sich derzeit über kleinere Rechnungen freuen. Beim Heizöl dagegen ging es zunächst nicht ganz so drastisch nach unten – doch mittlerweile bricht auch dort der Kurs zunehmend ein.
Stefan Dorner, Leiter Kommunikation beim ADAC Südbayern, dämpft die Erwartungen, nachdem zuletzt die tiefsten Spritpreise seit Jahren registriert wurden, etwas: „Durch die schrittweise Öffnung der Geschäfte und die Lockerung der Corona-Beschränkungen wird es wieder ein höheres Verkehrsaufkommen geben. Wenn also die Nachfrage nach Sprit steigt, dürfte auch der Preis wieder moderat nach oben gehen.“Das Niveau dürfte sich aber recht niedrig einpendeln. „Mit all den zu befürchtenden Reisebeschränkungen in diesem Jahr ist für 2020 mit sehr moderaten Spritpreisen zu rechnen.“
Dorner erklärt auch, wieso ein geringerer Rohölpreis nicht immer in gleichem Maße auch einen Rückgang bei Diesel oder Benzin zur Folge hat: „Beides steht im Zusammenhang, jedoch nicht in einem Einszu-Eins-Verhältnis. Denn neben den nationalen Steuern beeinflussen die Marktkräfte die Kraftstoffpreise. Das beginnt beim globalen Rohstoffhandel, der sich abhängig von Konjunktur, politischer Lage oder Jahreszeit bewegt.“
Auch der Dollarkurs habe Auswirkungen. Öl wird weltweit nämlich fast ausschließlich in der USWährung gehandelt. „Steigt also der Dollarkurs im Verhältnis zum Euro, steigen oft auch die Preise an der Zapfsäule. Gleichzeitig bewegt der Wettbewerb zwischen den Tankstellenbetreibern den Spritpreis. „Damit haben auch die Verbraucher einen gewissen Einfluss auf das Preisgefüge, indem sie nämlich stets die günstigste Zapfsäule ansteuern“, sagt Dorner.
Der ADAC-Sprecher begrüßt die aktuelle Entwicklung aus Verbrauchersicht: „In der Corona-Krise ist dies für Menschen, die zum Beispiel in Kurzarbeit sind, oder Selbstständige, die keine Einnahmen haben, eine Entlastung.“Dennoch stünden diese erfreulichen Effekte in keinem Verhältnis zum gesamtwirtschaftlichen Schaden. „Jeder von uns wäre wohl bereit, ein paar Euro mehr pro Tankfüllung zu bezahlen, wenn wir zu unserem gewohnten Leben zurückkehren könnten.“
Während die Spritpreise angesichts mangelnder Nachfrage massiv fallen, zeigte die Kurve beim Heizöl lange nicht so stark nach unten. Es gibt seit Wochen einen Ansturm der Kunden, die das Öl-Preistief nutzen wollen. „Im Gegensatz zur abkühlenden Weltwirtschaft und dem damit einhergehenden Nachfrageeinbruch für Rohöl wird Heizöl zurzeit noch sehr stark nachgefragt. Lieferanten kommen teilweise kaum noch hinterher“, führt Daniel Friedheim vom Vergleichsportal Check 24 aus.
Das bestätigt Geschäftsführer Marc Deisenhofer vom Kemptener Energielieferanten Präg: „Bei aktuellen Bestellungen können wir Anfang Juni dem Kunden das Heizöl liefern. Das liegt an der sehr hohen Heizölnachfrage und der damit verbundenen großen Auslastung unserer Ausfuhrlogistik, also Tankwagen und Fahrerpersonal.“Der limitierende Faktor sei derzeit keinesfalls das vorrätige Heizöl, sondern ausschließlich dessen Vertrieb. Bei Kunden, deren Tank komplett leer ist, bemühe man sich um eine schnellere Lieferung.
Da der Verbrauch von Rohöl weiterhin stärker zurückgehen dürfte als die weltweite Förderung, können Verbraucher aus Sicht von Check24-Experte Friedheim zeitverzögert auf weiter sinkende Heizölpreise spekulieren. Tatsächlich gab es vor allem am Dienstag einen starken Preissturz: 100 Liter Heizöl kosteten danach in Deutschland im Durchschnitt nur noch gut 50 Euro – der niedrigste Stand seit 2017. Zu Beginn des Jahres waren es noch rund 70 Euro gewesen.
Nutznießer sind in Bayern besonders viele Leute: Im Freistaat setzen 30 Prozent der Bevölkerung auf Heizöl, bundesweit nur zwölf Prozent. Präg-Geschäftsführer Deisenhofer möchte keine Empfehlung für den günstigsten Bestellzeitpunkt abgeben: „Das wäre auch unseriös, weil niemand die Preisentwicklung vorhersagen kann und weil es zudem auch auf die individuelle Situation und Bedürfnisse des jeweiligen Kunden ankommt.“Wichtig sei es jedoch, einen Vorrat von vier bis sechs Wochen im Tank zu haben, „damit man nicht plötzlich im Kalten sitzt beziehungsweise kalt duschen muss“, sagt Deisenhofer
Die Ölpreise waren bereits im ersten Quartal wegen der schwachen Weltkonjunktur und einem Zwist zwischen den beiden großen Produzenten Russland und Saudi-Arabien rückläufig gewesen. Die CoronaPandemie verstärkte diesen Trend.