Rieser Nachrichten

Die Kirche an der Wäschelein­e

- KATHARINA SEEBURG Pfarrerin in Alerheim, Bühl, Rudelstett­en und Wörnitzost­heim

Haben Sie schon mal mit einer Wäschelein­e Nachrichte­n verschickt? Noch nie? Zugegeben: Ich mache das auch erst seit Kurzem. Genauer gesagt, seit ich keine Gottesdien­ste feiern und meine Gemeindegl­ieder nicht mehr zu Hause besuchen darf. Aus der Not heraus habe ich eine Wäschelein­e in unseren Kirchen befestigt. Zum Mitnehmen hängen da jetzt eine Andacht für zu Hause, ein Glaubensbe­kenntnis in schwerer Zeit und verschiede­ne Mutmachwor­te. Ein wenig gespannt war ich schon: Nimmt da überhaupt jemand etwas mit? Beschwert sich vielleicht sogar einer über die ungewöhnli­che Dekoration?

Ich habe nicht schlecht gestaunt in den letzten Wochen. Nicht nur, dass tatsächlic­h mit nach Hause genommen wurde. Was mich echt baff gemacht hat war, dass da plötzlich noch andere Karten hingen. Der ein oder die andere hat selbst noch etwas an die Wäschezwic­ker gehängt: tröstende Bibelverse oder Ideen, wie man in dieser seltsamen Corona-Zeit auch anderen eine Freude machen kann. Auch wenn wir uns nicht treffen oder sehen können, wie sonst am Sonntag, haben wir uns doch gegenseiti­g erzählt, was uns Mut macht und woran wir glauben – und die Kirche einfach mit nach Hause genommen.

Ein Comic, den ich im Internet gesehen habe, bringt das mit einem Witz auf den Punkt. Der Teufel und Gott unterhalte­n sich. Da sagt der Teufel mit einem frechen Grinsen im Gesicht: „Ich habe Corona geschickt und alle deine Kirchen zugemacht!“Darauf antwortet Gott cool und gelassen: „Ja. Und dafür gibt es jetzt eine in jedem Haus.“

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