Und sie bewegen sich doch
Die Sterne am Himmel rasen teils mit hoher Geschwindigkeit durch den Raum
Nördlingen Es wird so oft betont, dass die Sterne in einem festen Muster am Himmel stehen und sich gegeneinander nicht bewegen. Schließlich nennt man sie ja auch „Fixsterne“. Allerdings handelt es sich auch hier, wie bei vielen Erscheinungen am Himmel, um einen scheinbaren Effekt. Die großen Entfernungen der Sterne bringen es mit sich, dass die erheblichen Geschwindigkeiten, mit denen sie durch den Raum rasen, sich in der kurzen Zeit eines Menschenlebens für uns nicht bemerkbar machen. Nur mit feinen Instrumenten kann man die Eigenbewegungen der Sterne messen und nachweisen.
Beobachtungen über viele Jahrtausende hindurch würden erkennen lassen, dass die Sterne sich gegeneinander verschieben. Vor einigen zehntausend Jahren hätte zum Beispiel niemand in den sieben hellen Sternen des Großen Bären einen Kastenwagen mit Deichsel erkennen können und nach einigen zehntausend Jahren wird die Konstellation wieder anders aussehen. Auch die Sonne, der uns nächste Stern mit seinen Planeten, nimmt an diesem Tanz teil. Schon gegen Ende des 18. Jahrhunderts stellte der Astronom Wilhelm Herschel fest, dass wir – das heißt das gesamte Sonnensystem – uns auf einen Punkt in der Richdes Sternbildes Herkules am Nordhimmel zu bewegen. Man verwendet für diesen Punkt die Bezeichnung Apex: Nun muss jede Bewegung im Kosmos auf bestimmte Objekte oder Punkte bezogen werden, denn einen absoluten Fixpunkt gibt es im All nicht. So beträgt die Bahngeschwindigkeit der Erde relativ zur Sonne knapp 30 Kilometer pro Sekunde oder 207 000 Kilometer pro Stunde. Gemeinsam mit der Sonne und den anderen Planeten bewegt sie sich außerdem relativ zu den Sternen unserer kosmischen Umgebung mit 19 Kilometer pro Sekunde auf den Apex zu.
Alle diese Sterne führen ähnlich schnelle, aber in ganz verschiedene Richtungen zielende Eigenbewegungen aus und mit ihnen gemeinsam rasen wir mit 250 Kilometer pro Sekunde wohlbemerkt wie ein riesiger Fliegenschwarm um das Zentrum unseres Milchstraßensystems. Trotzdem braucht die Sonne rund 200 Millionen Jahre zu einem Umlauf um die 28000 Lichtjahre enttung fernte Mitte. Die jeweilige Umlaufgeschwindigkeit der Sterne ist in komplizierter Weise von ihrem Abstand vom Zentrum der Galaxis abhängig.
Es ist weder die „starre Rotation“einer Töpferscheibe, noch die Abhängigkeit, die wir in ihrer einfachen Form aus dem im Sonnensystem gültigen Keplerischen Gesetz kennen. Hier umkreisen nicht – wie die Planeten die Sonne – einzelne Objekte eine auf einen kleinen Zentralbereich konzentrierte Masse, sondern eine Vielzahl von Sternen, die sich ungleichmäßig über die gesamte Scheibe des Galaxiensystems ausbreiten, laufen um das Zentrum.
So wirken auf jeden Stern aus allen Richtungen verschiedene Schwerkräfte ein und von der gesamten Massenverteilung hängen die Umlaufgeschwindigkeiten wesentlich ab. Dass es bei all diesem Durcheinander nicht zu Zusammenstößen zwischen den Sternen kommt, liegt daran, dass die Distanzen zwischen ihnen im Verhältnis zu ihrer eigenen Größe gewaltig sind. Wir brauchen uns also alle keine Sorgen machen auf unserer kosmischen Reise zusammen mit der Sonne und den anderen Planeten. Die Oberfläche unserer Erde ist ein sicherer Strand zum kosmischen Ozean.