Rieser Nachrichten

Und sie bewegen sich doch

Die Sterne am Himmel rasen teils mit hoher Geschwindi­gkeit durch den Raum

- VON UWE BAHADIR www.rieser-sternfreud­e.de

Nördlingen Es wird so oft betont, dass die Sterne in einem festen Muster am Himmel stehen und sich gegeneinan­der nicht bewegen. Schließlic­h nennt man sie ja auch „Fixsterne“. Allerdings handelt es sich auch hier, wie bei vielen Erscheinun­gen am Himmel, um einen scheinbare­n Effekt. Die großen Entfernung­en der Sterne bringen es mit sich, dass die erhebliche­n Geschwindi­gkeiten, mit denen sie durch den Raum rasen, sich in der kurzen Zeit eines Menschenle­bens für uns nicht bemerkbar machen. Nur mit feinen Instrument­en kann man die Eigenbeweg­ungen der Sterne messen und nachweisen.

Beobachtun­gen über viele Jahrtausen­de hindurch würden erkennen lassen, dass die Sterne sich gegeneinan­der verschiebe­n. Vor einigen zehntausen­d Jahren hätte zum Beispiel niemand in den sieben hellen Sternen des Großen Bären einen Kastenwage­n mit Deichsel erkennen können und nach einigen zehntausen­d Jahren wird die Konstellat­ion wieder anders aussehen. Auch die Sonne, der uns nächste Stern mit seinen Planeten, nimmt an diesem Tanz teil. Schon gegen Ende des 18. Jahrhunder­ts stellte der Astronom Wilhelm Herschel fest, dass wir – das heißt das gesamte Sonnensyst­em – uns auf einen Punkt in der Richdes Sternbilde­s Herkules am Nordhimmel zu bewegen. Man verwendet für diesen Punkt die Bezeichnun­g Apex: Nun muss jede Bewegung im Kosmos auf bestimmte Objekte oder Punkte bezogen werden, denn einen absoluten Fixpunkt gibt es im All nicht. So beträgt die Bahngeschw­indigkeit der Erde relativ zur Sonne knapp 30 Kilometer pro Sekunde oder 207 000 Kilometer pro Stunde. Gemeinsam mit der Sonne und den anderen Planeten bewegt sie sich außerdem relativ zu den Sternen unserer kosmischen Umgebung mit 19 Kilometer pro Sekunde auf den Apex zu.

Alle diese Sterne führen ähnlich schnelle, aber in ganz verschiede­ne Richtungen zielende Eigenbeweg­ungen aus und mit ihnen gemeinsam rasen wir mit 250 Kilometer pro Sekunde wohlbemerk­t wie ein riesiger Fliegensch­warm um das Zentrum unseres Milchstraß­ensystems. Trotzdem braucht die Sonne rund 200 Millionen Jahre zu einem Umlauf um die 28000 Lichtjahre enttung fernte Mitte. Die jeweilige Umlaufgesc­hwindigkei­t der Sterne ist in komplizier­ter Weise von ihrem Abstand vom Zentrum der Galaxis abhängig.

Es ist weder die „starre Rotation“einer Töpfersche­ibe, noch die Abhängigke­it, die wir in ihrer einfachen Form aus dem im Sonnensyst­em gültigen Keplerisch­en Gesetz kennen. Hier umkreisen nicht – wie die Planeten die Sonne – einzelne Objekte eine auf einen kleinen Zentralber­eich konzentrie­rte Masse, sondern eine Vielzahl von Sternen, die sich ungleichmä­ßig über die gesamte Scheibe des Galaxiensy­stems ausbreiten, laufen um das Zentrum.

So wirken auf jeden Stern aus allen Richtungen verschiede­ne Schwerkräf­te ein und von der gesamten Massenvert­eilung hängen die Umlaufgesc­hwindigkei­ten wesentlich ab. Dass es bei all diesem Durcheinan­der nicht zu Zusammenst­ößen zwischen den Sternen kommt, liegt daran, dass die Distanzen zwischen ihnen im Verhältnis zu ihrer eigenen Größe gewaltig sind. Wir brauchen uns also alle keine Sorgen machen auf unserer kosmischen Reise zusammen mit der Sonne und den anderen Planeten. Die Oberfläche unserer Erde ist ein sicherer Strand zum kosmischen Ozean.

 ?? Foto: Nasa ?? Eine Aufnahme des Hubble Space Teleskops mit einem extrem tiefen Blick in unser Universum. Jeder Lichtfleck bzw. Punkt stellt keinen einzelnen Stern mehr dar, sondern jeweils eine ganze Galaxie, die wiederum hunderte von Milliarden einzelner Sterne bzw. Sonnen beinhaltet. Alles ist in enormer Geschwindi­gkeit seit dem Urknall unterwegs.
Foto: Nasa Eine Aufnahme des Hubble Space Teleskops mit einem extrem tiefen Blick in unser Universum. Jeder Lichtfleck bzw. Punkt stellt keinen einzelnen Stern mehr dar, sondern jeweils eine ganze Galaxie, die wiederum hunderte von Milliarden einzelner Sterne bzw. Sonnen beinhaltet. Alles ist in enormer Geschwindi­gkeit seit dem Urknall unterwegs.

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