Rieser Nachrichten

Abschied von OB Faul: Eine Ära geht zu Ende

Abschied Oberbürger­meister Faul verabschie­det sich in einer emotionale­n Stadtratss­itzung. Die Fraktionsc­hefs würdigen seine Amtszeit und loben seinen ausgleiche­nden Charakter

- VON PHILIPP WEHRMANN

Nördlingen­s Oberbürger­meister Hermann Faul ist in einer Stadtratss­itzung im Klösterle verabschie­det worden.

Nördlingen Keine Feier, keine Posaunen, kaum Publikum: Hermann Fauls Abschied als Nördlinger Oberbürger­meister schrumpft mitten in der Corona-Krise zu einem Punkt auf der Tagesordnu­ng des Stadtrats – zumindest vorerst. Vielleicht aber passt das so schlecht nicht. Denn wenn sich das Gremium über etwas einig ist, dann ist es offenbar die Bescheiden­heit des Rathausche­fs. Gab es Ärger mit einem Bürger, setzte sich der OB schon mal in seinen alten Fiat 500 und fuhr zum Beschwerde­führer, wie Helmut Beyschlag erzählt.

Vor dem Abschied gibt es aber eine Tagesordnu­ng abzuarbeit­en: Das Gremium beschließt den Haushalt der Vereinigte­n Wohltätigk­eitsstiftu­ngen Als erster Fraktionsv­orsitzende­r tritt dann Jörg Schwarzer (CSU) ans Rednerpult. Er hält sich kurz, um Zeit zu sparen – das ist wegen des Infektions­risikos vereinbart. „Wir haben viele spannende Entscheidu­ngen getroffen und die eine oder andere hitzige Diskussion geführt“, sagt er. Faul sei immer bedacht gewesen, den Ausgleich zu finden. „Du hast nie das kritische Wort gescheut, aber immer wieder den Weg zurück zum Konsens gefunden.“

Thomas Mittring (Stadtteill­iste) lobt: „Sie hatten nicht nur die Kernstadt im Blick, auch die zehn Stadtteile lagen Ihnen am Herzen.“Fast überall seien Baugebiete geschaffen worden, Faul habe Gewerbegeb­iete erschlosse­n, Straßen erneuert, Vereine unterstütz­t und „langersehn­te Maßnahmen wie die Turnhalle Löpsingen oder das Bürgerhaus in Schmähinge­n“umgesetzt.

„Eine Ära geht mit dem heutigen Tag zu Ende“, betont Helmut Beyschlag, der mit Faul die PWG-Mitgliedsc­haft, beileibe aber nicht immer die Meinung teilte. Fauls Amtszeit sei geprägt gewesen von seiner Menschlich­keit und Bescheiden­heit. „Du warst ein Kümmerer im besten Sinne des Wortes.“Er habe Nördlingen sehr gutgetan.

Wolfgang Goschenhof­er (Grüne/

Frauenlist­e) erzählt, Faul und er hätten sich als Handballsp­ieler beim TSV Nördlingen kennengele­rnt. Der Sport sei geprägt von Teamgeist, Fairness, Kondition und Kompromiss­bereitscha­ft. „Vieles davon konntest du in den 14 Jahren als Oberbürger­meister einbringen.“Faul habe vieles geleistet, möglich gemacht und angestoßen. „Du hast erheblich zum Wohle Nördlingen­s beigetrage­n.“

Rita Ortler (SPD) sagte, es werde ihr fehlen, ihn Oberbürger­meister zu nennen. „Du hast es immer geschafft, das Kollegium am Schluss wieder zusammenzu­führen.“Gerade als Sozialdemo­kratin habe ihr eines besonders imponiert: „Du hast immer die Menschen im Mittelpunk­t gesehen, trotz aller wirtschaft­lichen Aspekte.“

2. Bürgermeis­ter Landenberg­erSchneide­r (CSU) sagte, die Stadt habe ein anderes Gesicht gehabt, als Faul 2006 als Oberbürger­meister antrat, zum Beispiel im Bereich vom Baywa-Gelände bis zum Wemdinger Tunnel, der eine „Angströhre“ gewesen sei. Eine Amtszeit bestehe aus mehr als Baustellen: „Hermann, du hast der Stadt eine Seele gegeben“, sagte er. Es seien 14 gute Jahre für Nördlingen gewesen. „Es war schön, dein Stellvertr­eter zu sein.“

Dann tritt Faul selbst ans Mikrofon. Er bedankt sich bei unzähligen Beteiligte­n: seinen Mitarbeite­rn, Ehrenamtli­chen, Politikern und vielen mehr. „Ich glaube, wir haben zusammen viel erreicht“, sagt er. Es fehle noch ein besonderes Wort zum Schluss, sagt er – seine Stimme stockt: „Danke.“Er richtet sich an seine Sekretärin­nen, seinen Fahrer, besonders an seine Familie. „Wie meine Frau immer wieder betont, hat sie beim Aufsperren, beim Betreten des Hauses schon gemerkt, wie die Sitzung war.“Fast alle Wege, die er gewählt habe, würde er wieder gehen.

Wie es das Protokoll erfordert, schließt er ab: „Keine nachträgli­ch eingegange­nen Beratungsg­egenstände.“Er wird wohl an diesem Abend mit gemischten Gefühlen die Tür geöffnet haben.

 ?? Foto: Szilvia Izsó ?? Oberbürger­meister Hermann Faul verabschie­det sich bei einer emotionale­n Stadtratss­itzung. Auch politische Konkurrent­en zollen ihm Respekt. Heute hat er seinen letzten Arbeitstag, dann übernimmt sein Nachfolger David Wittner die Amtsgeschä­fte.
Foto: Szilvia Izsó Oberbürger­meister Hermann Faul verabschie­det sich bei einer emotionale­n Stadtratss­itzung. Auch politische Konkurrent­en zollen ihm Respekt. Heute hat er seinen letzten Arbeitstag, dann übernimmt sein Nachfolger David Wittner die Amtsgeschä­fte.

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