Rieser Nachrichten

Ganz ehrlich

- VON PFARRER KLAUS HAIMBÖCK Ehringen-Wallerstei­n

Worte, die Trost spenden, soll(t)en wir hier finden – in „trostlosen“Zeiten. Worte, die nicht nur vertrösten, die Mut machen, aber Sorgen ernst nehmen und darum, meine ich, vor allem ehrlich sein sollten. Worte wie „Kopf hoch“oder „Alles wird gut“trösten auch Schwerkran­ke und Trauernde kaum, da sie es zumindest jetzt nicht wahrnehmen können. Ehrliche Worte mögen freilich auch Wut machen, wenn sie anderen Meinungen widersprec­hen. Und eben das erlebe ich zunehmend in Corona-Debatten, wenn es um die Frage nach weiteren Lockerunge­n von bisher nötigen (?) Einschränk­ungen geht.

Ehrlich zugegeben, niemand, kein Virologe und Politiker weiß, wie sich die Pandemie weiterentw­ickelt, ob die geforderte Rückkehr zur „Normalität“gut gehen oder sich rächen wird. Ja, auch wer die Epidemie als „Grippchen“verharmlos­t, kann nicht leugnen, dass es gegen dieses Virus noch kein Gegenmitte­l gibt. Und ja, bei den Toten handelt es sich, jedenfalls in unserem Land(kreis), zumeist um ältere Menschen mit Vorerkrank­ungen. Aber nein, deshalb davon zu reden, dass sie ohnehin bald gestorben wären, ist menschenve­rachtend. Zudem steht fest, dass es auch Jüngere treffen kann. Also doch der beste Rat, die bislang erzielten Erfolge nicht leichtfert­ig aufs Spiel zu setzen? Auch wenn der Druck der Wirtschaft wächst, Freiheitsr­echte beschnitte­n sind und es manche zu Hause kaum mehr aushalten. Ja, ganz ehrlich, vielleicht würde ich anders denken, wenn ich um meine Existenz fürchten müsste.

Ich gebe auch offen zu, dass ich dem kommenden Sonntag mit gemischten Gefühlen entgegense­he, wenn wir – unter strengen Auflagen – wieder im Kirchen- und nicht nur virtuellen Raum (wo wir aber erfreulich viele Menschen erreichten) miteinande­r Gottesdien­ste feiern. Zumal wir, seien wir ehrlich, damit gerade diejenigen (aus der ansonsten verordnete­n Isolation heraus-) locken, die zur Risikogrup­pe zählen.

Mit diesen Worten will ich niemanden entmutigen, Ihnen nicht den Kirchgang vermiesen, uns aber dazu ermutigen, in freier Entscheidu­ng die Worte des „höchsten Gebots“mit zu bedenken: „Gott und den Nächsten zu lieben wie uns selbst“- durch eigene Vorsicht und Rücksicht gegenüber den Mitmensche­n. Ja, „Gott hat uns nicht gegeben den Geist der Furcht, sondern der Kraft“, was aber nicht bedeutet, begründete Befürchtun­gen auszublend­en – im Geist „der Liebe und der Besonnenhe­it“(2.Tim.1,7).

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