Ganz ehrlich
Worte, die Trost spenden, soll(t)en wir hier finden – in „trostlosen“Zeiten. Worte, die nicht nur vertrösten, die Mut machen, aber Sorgen ernst nehmen und darum, meine ich, vor allem ehrlich sein sollten. Worte wie „Kopf hoch“oder „Alles wird gut“trösten auch Schwerkranke und Trauernde kaum, da sie es zumindest jetzt nicht wahrnehmen können. Ehrliche Worte mögen freilich auch Wut machen, wenn sie anderen Meinungen widersprechen. Und eben das erlebe ich zunehmend in Corona-Debatten, wenn es um die Frage nach weiteren Lockerungen von bisher nötigen (?) Einschränkungen geht.
Ehrlich zugegeben, niemand, kein Virologe und Politiker weiß, wie sich die Pandemie weiterentwickelt, ob die geforderte Rückkehr zur „Normalität“gut gehen oder sich rächen wird. Ja, auch wer die Epidemie als „Grippchen“verharmlost, kann nicht leugnen, dass es gegen dieses Virus noch kein Gegenmittel gibt. Und ja, bei den Toten handelt es sich, jedenfalls in unserem Land(kreis), zumeist um ältere Menschen mit Vorerkrankungen. Aber nein, deshalb davon zu reden, dass sie ohnehin bald gestorben wären, ist menschenverachtend. Zudem steht fest, dass es auch Jüngere treffen kann. Also doch der beste Rat, die bislang erzielten Erfolge nicht leichtfertig aufs Spiel zu setzen? Auch wenn der Druck der Wirtschaft wächst, Freiheitsrechte beschnitten sind und es manche zu Hause kaum mehr aushalten. Ja, ganz ehrlich, vielleicht würde ich anders denken, wenn ich um meine Existenz fürchten müsste.
Ich gebe auch offen zu, dass ich dem kommenden Sonntag mit gemischten Gefühlen entgegensehe, wenn wir – unter strengen Auflagen – wieder im Kirchen- und nicht nur virtuellen Raum (wo wir aber erfreulich viele Menschen erreichten) miteinander Gottesdienste feiern. Zumal wir, seien wir ehrlich, damit gerade diejenigen (aus der ansonsten verordneten Isolation heraus-) locken, die zur Risikogruppe zählen.
Mit diesen Worten will ich niemanden entmutigen, Ihnen nicht den Kirchgang vermiesen, uns aber dazu ermutigen, in freier Entscheidung die Worte des „höchsten Gebots“mit zu bedenken: „Gott und den Nächsten zu lieben wie uns selbst“- durch eigene Vorsicht und Rücksicht gegenüber den Mitmenschen. Ja, „Gott hat uns nicht gegeben den Geist der Furcht, sondern der Kraft“, was aber nicht bedeutet, begründete Befürchtungen auszublenden – im Geist „der Liebe und der Besonnenheit“(2.Tim.1,7).