Kampf dem Wildwuchs
Nach der Wiedereröffnung sind manche Friseursalons auf Wochen hinaus ausgebucht. Wie die Haarexperten mit den komplizierten Hygienevorschriften umgehen
Nördlingen/Oettingen/Unterringingen. Damen mit grauem Haaransatz, der beunruhigend weit herausgewachsen ist, Herren, die ihre langen Haare nicht mehr ertragen – viele Menschen sind froh, dass die Friseure seit dieser Woche wieder geöffnet haben.
„Alle wollen schnell drankommen, es hat sich viel gestaut“, sagt Isabella Baur, Inhaberin des Oettinger Friseursalons Element Haar. „Ich arbeite von 6.30 bis 20.30 Uhr, um das zu schaffen, und das wird noch eine Zeit lang so weitergehen.“Die Maskenpflicht sei nicht unproblematisch. „Ich habe Kunden, gerade ältere Menschen, denen es mit der Maske schwindlig wird und die Kreislaufprobleme bekommen. Beim Schneiden läuft mit der Maske auch die Brille an und man fasst sich mehr ins Gesicht. Man bekommt schlecht Luft, es ist zu warm und extrem unangenehm.“Baur habe für alle Mitarbeiterinnen ein zweites Werkzeug-Set mit Scheren, Bürsten, Kämmen und Klipsen gekauft, da die Utensilien nach jedem Haarschnitt desinfiziert würden. Angesichts des Aufwands sei eine Hygienepauschale in Höhe von drei Euro unumgänglich gewesen. „Der tatsächliche Aufwand liegt aber bei etwa zehn Euro“, schätzt sie. Auf längere Sicht ergäben sich Umsatzeinbußen, „weil die Kunden nicht mehr föhnen lassen, sondern nur noch das Nötigste wollen“.
Im Nördlinger Friseursalon Pfleiderer habe man auf eine Hygienepauschale verzichtet, dafür seien die Preise insgesamt etwas erhöht worden, sagt Seniorchef Hans-Christian Pfleiderer. „Wir sind froh, dass wir wieder aufmachen dürfen und wir sind die nächsten Wochen ausgebucht, aber es ist sehr zeitaufwändig“, sagt er. Der Montag sei als neuer Öffnungstag hinzugekommen, mittags hingegen sei schon immer durchgehend geöffnet gewesen. Der Friseurbesuch dauere aufgrund der Umstände etwas länger als sonst, von insgesamt 16 Stühlen seien momentan wegen des Abstandsgebots nur neun in Betrieb, die Warteecke
geschlossen werden, so Pfleiderer. Auch im Umgang mit den Kunden gebe es Veränderungen: „Die Mitarbeiterinnen wurden angewiesen, sich nur noch über den Spiegel mit den Kunden zu unterhalten, nicht mehr von Gesicht zu Gesicht.“Erfreulicherweise seien die Kunden „sehr verständnisvoll und dankbar, dass sie wieder kommen können“.
An einem „normalen, persönlichen Kundenkontakt“ist auch Natalie Guthy-Reuter gelegen, der Inhaberin des Oettinger Friseursalons Guthy. „Schon bei der Beratung muss man reden, das geht gar nicht anders.“Auch sie ist momentan überlastet, befürchtet aber, nicht kostendeckend arbeiten zu können, da nur an jedem zweiten Platz gearbeitet werden könne. „Nur wegen der längeren Öffnungszeiten von acht bis 20 Uhr geht es“, sagt sie. Die hygienischen Maßnahmen und die vorgeschriebene Dokumentation aller Kundenkontakte zum Zweck der Zurückverfolgung kosteten sie circa 15 Minuten mehr pro Kunde.
Gesichtsnahe Dienstleistungen sind derzeit nicht erlaubt
Um das Ansteckungsrisiko zu vermindern, sind sogenannte gesichtsnahe Dienstleistungen wie Augenmusste brauen- oder Wimpernfärben, rasieren und Bartpflege derzeit nicht möglich. Auch das Haarewaschen ist für alle Kunden nun verpflichtend. Friseurmeisterin Monika Rau aus Unterringingen meint dazu: „Es ist schade, dass man erst im Zuge der Corona-Krise darauf kommt, dass man bei jedem Friseurbesuch die Haare waschen lassen sollte. Ich mache das bei meinen Kunden schon immer so und verwende dafür auch ein besonders hochwertiges Tiefenreinigungs-Shampoo.“Es sei aber nicht nur die Hygiene allein, manche ihrer Kundinnen würden die Kopfmassage auch richtig genießen, sagt sie.