Wemdinger Paar rettet junges Eichhörnchen
Anita und Karl Grüneis päppeln das Jungtier liebevoll auf. Wie sie ihm ins Leben helfen
Wemding Lebhaft springt das neue Familienmitglied der Grüneis in einer selbst gebauten großen Voliere herum. Das neue Zuhause für Fridolin, wie die Tochter des Paares das junge Tier getauft hat, hat Karl Grüneis in mehreren Tagen angefertigt. „Man darf ihn nicht aus den Augen lassen, dem fällt immer etwas ein“, sagt Anita Grüneis mit einem Lachen. Ihr Mann streckt seinen Zeigefinger durch den Draht der Behausung, woraufhin das putzige Eichhörnchen sofort vertraut zu ihm kommt, leicht an dem Finger nagt und spielerisch mit dem ihm entgegengestreckten Finger kämpft. Der 61-Jährige lächelt Fridolin liebevoll an.
Vor etwa acht Wochen nahm das Paar das noch sehr kleine Eichhörnchenbaby auf. Die Katze einer Nachbarin hatte das winzige Tier gefangen und mitgebracht. Die Grüneis bekamen davon mit, als sie mit ihrem Enkel auf ihrer Terrasse saßen. Alle fragten sich zuerst, was das überhaupt für ein kleines, leblosen Wesen war. Die Nachbarin konnte das Eichhörnchen wegen ihrer Katze nicht behalten.
Also nahmen die Grüneis das alleingelassene Baby auf. Doch was macht man mit so einem kleinen Nager? Karl Grüneis recherchierte im Internet. Das nächste Tierheim, das sich um Eichhörnchen kümmert, wäre in Nürnberg gewesen, erzählt das Paar. Online gab es aber auch viele Informationen dazu, wie andere schon Eichhörnchenbabys aufgepäppelt hatten.
Also kleideten die Grüneis einen Korb mit Handtüchern und einem Wärmekissen aus, sodass Fridolin neben ihrem Bett schlafen konnte. „Am Tag habe ich ihn viel bei der Arbeit im Haus in der Tasche oder Kapuze meiner Oberteile herumgetragen. So war er ganz ruhig und hat Wärme gespürt“, sagt die 59-Jährige. Abends wickelte das Paar Fridolin in eine Wolldecke, saß mit ihm auf der Couch und streichelte ihn. Denn in den ersten Wochen hatte das Eichhörnchen seine Augen noch nicht geöffnet, sodass es besonders wichtig war, ihn immer Wärme spüren zu lassen.
Als erste Nahrung gab es für den kleinen Nager Katzenbabymilch mit Fencheltee und Honig per kleiner Spritze. Alle zwei Stunden fütterte das Paar abwechselnd das Eichhörnchen. Eingewickelt in eine warme Decke übernahm Karl Grüneis die späteren Fütterungen bis nachts um zwölf Uhr. Um zwei und vier Uhr in der Nacht stand seine Frau auf und verpflegte das Tier. „Es war ein bisschen so wie mit unseren Kindern, als sie Babys waren“, sagt Anita Grüneis mit einem Schmunzeln.
Doch immer wieder bereitete Fridolin seinen Zieheltern auch Sorgen. Als er einen harten Bauch bekam, reagierten sie alarmiert. Die Recherche ergab, dass Eichhörnchen sterben können, wenn sie einen harten Bauch bekommen. Und so massierten die Grüneis den Bauch des Kleinen abwechselnd die ganze Nacht lang. Erleichterung stellte sich ein, als es ihm morgens besser ging. In der Apotheke besorgte Anita Grüneis zusätzlich noch auf die Empfehlung der Apothekerin ein Mittel gegen Blähungen für Kinder. Einen Schreck bekam das Paar auch, als einmal die Handtücher in Fridolins Korb voller Blut waren. Er hatte sich mit seinen Zähnchen selbst verletzt.
Doch trotz einiger Zwischenfälle brachten die Grüneis den kleinen Fridolin durch, sodass er immer aktiver und aufgeweckter wurde.
„Wir hatten schon oft Sorgen“, sagt Anita Grüneis. „Aber jetzt ist er ein richtiger Rowdy“, fügt ihr Mann hinzu. Als er fitter wurde, startete der Kleine seine ersten Streifzüge durchs Haus, fing langsam an, festere Nahrung zu fressen, und versteckte das Essen überall im Haus.
Also baute Karl Grüneis seinem Schützling eine Art Voliere aus Holz und Maschendrahtzaun. Ausgestattet wurde Fridolins neues Zuhause mit Ästen einer Tanne und eines Haselnussbaumes aus dem Garten, einem Abschleppseil vom ersten VW Käfer von Karl Grüneis und einem alten Taucherring der Kinder.
Der Sohn des Paares baute ein Schlafhäuschen aus Holz, das mit Stoffresten, Moos und Holzwolle ausgepolstert wurde. Aus einem Futterhäuschen, das auch selbst angefertigt wurde, kann das Eichhörnchen sich an seinem Futter bedienen. „Das ist schon ein Fünf-Sterne-Hotel geworden“, sagt Karl Grüneis mit Blick auf Fridolins momentanes Zuhause.
„Mein Mann wollte das zuerst ins Wohnzimmer stellen. Aber das große Ding kommt mir nicht in das Wohnzimmer“, sagt seine Frau Anita mit einem Seitenblick auf ihren Mann, der schmunzelt. Mittlerweile ist Fridolin so fit, dass er jeden Morgen munter in seiner Behausung herumspringt, wenn die Grüneis ihre Rollläden hochziehen.
Beim Frühstück nascht er gerne mal vom Honig- oder Marmeladenbrot, knabbert an einem Stück Gurke, Karotte oder Erdbeere und springt voller Energie im Wohnzimmer herum. Gegen 17 Uhr zieht Fridolin sich dann meist müde von den Ereignissen des Tages in sein Schlafhäuschen zurück. „Selbst wenn ich versuche, ihn mit Essen zu locken, kommt er abends nicht mehr raus“, sagt Karl Grüneis.
Dem Paar ist klar, dass sie Fridolin bald auswildern müssen. Ihr Plan: das Schlafhäuschen in die Tanne am Rand ihres Grundstücks zu hängen und die Voliere geöffnet zu lassen. So könnte Fridolin sich frei bewegen, die Umgebung erkunden, aber sich auch immer wieder Futter holen. „Es ist traurig, ihn gehen zu lassen. Er wird uns fehlen“, sagt Anita Grüneis mit einem liebevollen Blick auf Fridolin. „Aber er gehört in die Natur und sollte in Freiheit leben.“Ihr Mann nickt: „Aber ich kann mir vorstellen, dass er immer wieder mal vorbeischaut.“