Heimatvertriebene danken für die Patenschaft
Heimatverband Kreis Tetschen-Bodenbach würdigt die Stadt Nördlingen für rund 70 Jahre aktive Unterstützung. Die Feier musste vorerst ausfallen
Nördlingen Eigentlich war für Ende April eine kleine Feier im Nördlinger Rathaus geplant, bei der sich der Heimatverband Kreis Tetschen-Bodenbach für die treue Patenschaft für die Heimatvertriebenen bedanken wollte. Sie fiel aus, dennoch soll die Partnerschaft gewürdigt werden.
Bereits 1951 hatte die Stadt Nördlingen mit ihrem damaligen Oberbürgermeister Johannes Weinberger als zweite Stadt in Bayern (nach Erlangen) eine Patenschaft über die aus Tetschen-Bodenbach vertriebenen Sudetendeutschen beschlossen. Denn nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges musste das Nördlinger Ries, das damals noch vorwiegend landwirtschaftlich geprägt war, tausende Flüchtlinge und Heimatvertriebene aufnehmen. Diese kamen zum Teil aus industriell entwickelten Gebieten wie etwa dem nordböhmischen Kreis Tetschen-Bodenbach, von wo damals etwa 800 Heimatvertriebene stammten, die in den Dörfern und Städten des Rieses gelandet waren.
Die ersten großen Heimatkreistreffen fanden mit rund 2000 bis 3000 Teilnehmern 1949, 1950 und 1951 in Nördlingen statt. Der festliche Fahnenschmuck und bei vielen Treffen die Standkonzerte der Nördlinger Knabenkapelle, besonders aber die Benennung einer Straße in der Talbreite in Tetschen-Bodenbacher Straße 1956, die Einweihung des Mahnmals der Heimatvertriebenen auf dem Emmeramsberg sowie 1976 der Einbau der Stadtwappen von Tetschen und Bodenbach in das Fenster der Bundesstube im Nördlinger Rathaus sind nicht zu vergessen und bis heute Zeichen der Verbundenheit zur Patenstadt.
Nach der politischen Wende 1989 war dort eine Bürgerinitiative für die Renovierung des Tetschner Schlosses entstanden, das durch militärische Nutzung seit den 1930er Jahren fast zur Ruine verkommen war. Diese Initiative (IDZ) suchte den Kontakt zu den vertriebenen Tetschen-Bodenbachern und wandte sich an den Heimatverband Kreis Tetschen-Bodenbach in Nördlingen. Es entwickelten sich intensivere Kontakte und ab 2003 gab es dann eine Reihe gemeinsamer Zuschussanträge von IDZ und Heimatverband (HV) an den deutsch-tschechischen Zukunftsfond zu verschiedenen Renovierungsvorhaben, zu gemeinsamen Ausstellungen und deutsch-tschechischer Bücher in Tetschen-Bodenbach/Decin. Treffen zwischen den Vertretern der beiden Vereine 2004 in Nördlingen und Decin jeweils mit Empfängen in den Rathäusern und Gesprächen mit den Bürgermeistern sowie wiederholte offizielle Besuche des Nördlinger OB Hermann Faul sowie von AltOB Paul Kling in Tetschen-Bodenbach/Decin und viele gemeinsame deutsch-tschechische Aktionen trugen zu wachsendem Verständnis und intensivem Kennenlernen bei. Der Heimatverband veranstaltete 2013 eine Busreise in die Heimat mit dem Motto „Historischer Besuch bei Freunden in der Heimat“mit Rundfahrt durch den Heimatkreis und einer Gedenkfeier am Massengrab von 1945, wo die Tetschner Freunde ein Holzkreuz und einen Gedenkstein aufgestellt hatten. Eine Stadtbesichtigung, Führungen im Schloss sowie eine Feier der zehnjährigen Freundschaft zwischen HV und IDZ waren Höhepunkte der Busreise.
In den 1990er Jahren beschäftigte sich der Heimatverband vor allem mit dem drastischen Schwund von
Mitgliedern und Zeitungsbeziehern. Dadurch wurde immer deutlicher, dass der Heimatverband in absehbarer Zeit sein Ende finden würde. Die Sicherung der archivalischen und musealen Bestände sowie der umfangreichen Bibliothek wurde angesichts dieser Tatsache immer wichtiger. Deshalb wurde in der Mitgliederversammlung
des Heimatverbandes 2014 beschlossen, die Sammlungen und Bestände in das Kreisarchiv im Tetschner Schloss zu übertragen. So wurden also 2016 Archivgut und Bibliothek verpackt und nach Tetschen transportiert; 2017 erfolgte die Überführung des Museumsguts.
Beim letzten Heimatkreistreffen, das 2017 in Tetschen-Bodenbach/ Decin stattfand, wurde feierlich die Übergabe der Sammlungen des Heimatverbandes vollzogen. Zusätzlich hatte das Kreisarchiv eine „Heimatstube“im Schloss eingerichtet, die dort nach Anmeldung im Archiv besichtigt werden kann. „Diese ÜberVeröffentlichungen gabe unseres kulturellen Erbes bedeutet, kulturell zurückzukehren in die Heimat unserer Herkunft.“So kommentierte ein Heimatfreund diese Aktion beim letzten Heimatkreistreffen. Die Sammlungen stießen auf das brennende Interesse vor allem junger tschechischer Landsleute, für die die Vertreibung und das Schicksal der Vertriebenen ein völlig unbekanntes Kapitel böhmischer Geschichte war. Für den Heimatverband schloss sich damit der Kreis von der Vertreibung aus der Heimat über die inzwischen vollzogene Integration der Vertriebenen in die binnendeutsche Gesellschaft bis zur Wiederannäherung an die heute tschechische Bevölkerung in Nordböhmen.
Folgerichtig beschloss die Mitgliederversammlung zum Jahresende 2018 die Auflösung des Heimatverbandes. Nun wird noch eine Erklärungstafel beim Heimatmahnmal auf dem Nördlinger Emmeramsberg aufgestellt, auf der Entstehung und Sinn des Mahnmals erläutert werden. Auch sie gehört zu den Spuren, die in der Patenstadt an die Heimatvertriebenen und ihr Schicksal erinnern.
Mit der Wiederannäherung schließt sich der Kreis