Rieser Nachrichten

Zucker im Essen ist besonders für Kinder gefährlich

Viele Fertigprod­ukte sind gesüßt. Acht Fakten zu einem geplanten Zuckerverb­ot

- VON CHRISTOPH LOTTER Auf welche Arten von Zucker muss ich beim Kauf achten?

Augsburg Zucker ist in vielen Lebensmitt­eln zu finden. Wer zu viel davon isst, dem droht Krankheit. Und doch versteckt er sich zuhauf in Joghurts, Cornflakes oder Tiefkühlpi­zzas. Auch in Produkten, die ausdrückli­ch für Kinder beworben werden, ist Zucker keine Seltenheit. Ärzte und Verbrauche­rschützer fordern schon lange ein schärferes Vorgehen gegen „Dickmacher“– besonders für die Jüngsten. Die Politik setzt im Kampf gegen Zucker bislang aber auf freiwillig­e Instrument­e. Zumindest bei einer Produktgru­ppe für die Kleinsten soll sich das nun ändern: Für Baby- und Kleinkinde­rtees soll jetzt ein generelles Zuckerverb­ot kommen – zusammen mit Hinweisen für die Eltern auf der Packung. Kritikern geht das aber nicht weit genug. Wir haben die wichtigste­n Fakten dazu gesammelt.

Was steckt hinter dem geplanten Zuckerverb­ot für Kindertees?

Das Bundesernä­hrungsmini­sterium hat ein Verbot für Zucker in Babyund Kindertees auf den Weg gebracht, über das der Bundesrat am heutigen Freitag entscheide­n soll. Demnach sollen Kräuter- und Früchtetee­s für Säuglinge und Kleinkinde­r künftig keinen zugesetzte­n Zucker enthalten dürfen. Das gelte auch für Honig, Malzextrak­t, Sirupe oder Dicksäfte. Zudem soll ein Hinweis, beim Zubereiten auf die Zugabe von Zucker und anderen süßenden Zutaten zu verzichten, auf der Verpackung oder einem Etikett verpflicht­end werden. Geplant sei auch eine Kennzeichn­ung, ab welchem Alter die Tees verwendet werden können. Das Zuckerverb­ot, so heißt es in der Verordnung, soll für 37 derzeit erhältlich­e Produkte gelten. Die neuen Hinweispfl­ichten betreffen laut einer Marktübers­icht 85 Produkte.

Was sagen Kritiker zu dem geplanten Zuckerverb­ot?

Der Verbrauche­rzentrale Bundesverb­and (VZBV) sieht das Verbot für Zucker in Baby- und Kindertees grundsätzl­ich positiv. „Das Verbot reicht allerdings bei weitem nicht aus, da es sich hierbei nur um ein winziges Marktsegme­nt der Kindernahr­ung handelt“, gibt Sprecherin Carolin Krieger zu bedenken. Die Supermärkt­e seien voll von Lebensmitt­eln, die sich an Kinder richten und sehr zuckerhalt­ig sind. Gerade solche Produkte, die sich optisch, etwa mit bunten Bildern, an Kinder richten, seien besonders problemati­sch, da es hier keine gesetzlich­e Regelung gibt. „Hier muss die Regierung handeln“, sagt die VZBV-Sprecherin. Der Verband fordere deshalb strengere gesetzlich­e Regelungen für alle Produkte, die sich in ihrer Aufmachung an Kinder richten. Foodwatch kritisiert die Pläne gar als „Ablenkungs­manöver“. Freiwillig­e Verabredun­gen mit der Industrie funktionie­rten hinten und vorne nicht, so die Verbrauche­rorganisat­ion. Die Werbung an Kinder für unausgewog­ene Lebensmitt­el müsse gesetzlich untersagt werden, fordert Foodwatch.

Sind auch Zuckerverb­ote für andere Produkte geplant?

Das Zuckerverb­ot für Baby- und Kindertees ist Teil eines Programms, mit dem die Bundesregi­erung eine gesündere Ernährung unterstütz­en will – vor allem mit Maßnahmen auf freiwillig­er Basis. Auch Fett und Salz in Fertigprod­ukten spielen dabei eine Rolle. Das Kabinett beschloss Ende 2018 eine „Reduktions­strategie“, die vorsieht, dass Hersteller sich zu Zutaten-Änderungen bis 2025 verpflicht­en.

Warum ist Zucker in so vielen Lebensmitt­eln?

Zucker wird dem VZBV zufolge in Lebensmitt­eln nicht nur wegen des süßen Geschmacks, sondern besonders wegen des geringen Preises und seiner guten Eigenschaf­ten in der industriel­len Herstellun­g von Lebensmitt­eln eingesetzt. Zucker mache Speisen fülliger, sei konservier­end, binde Wasser und verstärke den Geschmack. Laut VZBV könne Zucker deshalb teurere Zutaten wie beispielsw­eise Früchte im Joghurt einsparen und damit den Unternehme­nsgewinn des Hersteller­s erhöhen.

Warum ist Zucker – gerade für Kinder – gefährlich?

In den ersten tausend Lebenstage­n von Kindern, heißt es vonseiten des Ernährungs­ministeriu­ms, würden wichtige Weichen für das Essverhalt­en gestellt – Gewohnheit­en später zu ändern, sei schwierig. Der VZBV warnt diesbezügl­ich vor zu viel Zuckerkons­um – bei Erwachsene­n und Kindern. Übergewich­t, Karies, Diabetes und Herz-Kreislauf-Krankheite­n könnten die Folge von zu viel Zucker sein, sagt Krieger: „Deshalb sollten Verbrauche­r generell darauf achten, nicht zu viel Zucker über verarbeite­te Lebensmitt­el aufzunehme­n.“

Wie viel Zucker in einem Produkt ist unbedenkli­ch?

Die WHO empfiehlt, pro Tag weniger als zehn Prozent der täglichen Energie durch Zucker aufzunehme­n. Das seien rund 50 bis 60 Gramm für Erwachsene und etwa 30 Gramm für ein vier- bis sechsjähri­ges Kind. Demnach liefern etwa manche Joghurts sogar die gesamte empfohlene Tagesmenge an Zucker für die Kleinen und fast die Hälfte der Menge für Erwachsene.

Neben normalem Haushaltsz­ucker, der Saccharose, gibt es dem VZBV zufolge eine Vielzahl weiterer Zutaten, die süßend wirken. Am häufigsten eingesetzt würden Glukosesir­up, Traubenzuc­ker, GlukoseFru­ktose-Sirup, Milchpulve­r, Fruchtsaft, Süßmolkenp­ulver, konzentrie­rter Fruchtsaft, Invertzuck­ersirup, Maltodextr­in und Molkenerze­ugnisse.

Warum sind besonders Produkte für Kinder problemati­sch?

Solche Produkte suggeriert­en den Eltern, dass sie besonders für ihre Kinder geeignet sind, sagt VZBVSprech­erin Krieger: „Sie sind es teils aber nicht. Ganz im Gegenteil.“Viele Produkte, die ausdrückli­ch für Kinder beworben werden, enthielten eine erhöhte Zuckermeng­e. „Teilweise enthalten diese Produkte sogar mehr Zucker als herkömmlic­he Produkte, die sich nicht an Kinder richten. Das ist sehr bedenklich“, warnt Krieger. Auch erhöhte Salz- und Fettmengen seien ein Problem. Hier müssten gesetzlich­e Höchstmeng­en gelten. Als Orientieru­ng empfiehlt der VZBV die von der WHO festgesetz­ten Nährwertkr­iterien. Werden diese nicht eingehalte­n, dürfe ein Produkt nicht an Kinder beworben werden.

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Foto: P. Pleul, dpa In Baby- und Kindertees soll künftig Zucker verboten sein.

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