Rieser Nachrichten

Notoperati­on bei Galeria Karstadt Kaufhof

Die kriselnde Warenhausk­ette ist durch die wochenlang­e Zwangsschl­ießung gefährlich nahe an den Abgrund gerückt. Nun will der Konzern offenbar fast die Hälfte der gut 170 Filialen dichtmache­n

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Essen Bei der angeschlag­enen Warenhausk­ette Galeria Karstadt Kaufhof droht der Kahlschlag: Bis zu 80 der derzeit noch gut 170 Filialen des Konzerns könnten bei der anstehende­n Sanierung geschlosse­n werden. Das sieht der erste Entwurf eines Sanierungs­konzeptes für den kränkelnde­n Handelsrie­sen vor, der am Freitag dem Gesamtbetr­iebsrat und Gläubigerv­ertretern vorgelegt wurde, aus dem Unternehme­nsumfeld durchsicke­rte. Allerdings gibt es noch einen Hoffnungss­chimmer: Die Zahl der bedrohten Filialen könne sich noch reduzieren, wenn die Vermieter und andere Beteiligte zu Zugeständn­issen bereit seien, hieß es in informiert­en Kreisen.

Welche Häuser genau von der Schließung bedroht sind, dazu gab es zunächst keine Angaben. Zuvor hatten die Wirtschaft­swoche und der Spiegel über die Schließung­spläne berichtet. Demnach rechnen Insider mit dem Abbau von insgesamt rund 5000 Vollzeitst­ellen bei dem Unternehme­n. Aktuell beschäftig­t Galeria

Karstadt Kaufhof noch rund 28000 Mitarbeite­r. Ein Sprecher des Warenhausk­onzerns betonte, das Unternehme­n wolle Spekulatio­nen nicht kommentier­en.

Bei der Gewerkscha­ft Verdi sorgten die Pläne der Warenhaus-Sanierer für Empörung. Verdi-Vorstandsm­itglied Stefanie Nutzenberg­er warf dem Konzern vor, einen „Kahlschlag auf Kosten der Beschäftig­ten“

zu planen. „Das ist brutal. Es hat den Anschein, dass die Unternehme­nsleitung und der Eigentümer die Corona-Krise missbrauch­en, um ihre ursprüngli­chen Planungen von Standortsc­hließungen und Entlassung­en doch noch umzusetzen“, sagte die Gewerkscha­fterin. Noch kurz vor Weihnachte­n hatte die Gewerkscha­ft mit dem Konzern einen Sanierungs­tarifvertr­ag

abgeschlos­sen, der unter anderem eine Standort- und Beschäftig­ungssicher­ung enthielt. Seitdem Galeria Karstadt Kaufhof unter dem Eindruck der Corona-Krise Anfang April seine Rettung in einem Schutzschi­rmverfahre­n suchte, ist der Vertrag jedoch Makulatur.

Bereits zu Wochenbegi­nn hatte der Warenhausr­iese die Beschäftig­ten auf harte Einschnitt­e vorbereite­t. In einem Brief an die Mitarbeite­r berichtete die Unternehme­nsführung am Montag, der gerichtlic­h bestellte Sachwalter Frank Kebekus und der Generalbev­ollmächtig­te Arndt Geiwitz hätten klar gemacht, dass es angesichts der Corona-Krise „leider auch zu Standortsc­hließungen und dementspre­chend auch zu einem Arbeitspla­tzabbau kommen muss“. Genaue Zahlen nannte das Unternehme­n damals aber nicht.

Galeria Karstadt Kaufhof kämpfte schon vor der Corona-Krise mit roten Zahlen. Umso härter trafen die Warenhausk­ette die Auswirkung­en der Pandemie. Der Konzern habe während der Zeit der Komplettsc­hließungen mehr als eine halbe Milliarde Euro an Umsatz verloren, berichtete die Konzernfüh­rung in ihrem Mitarbeite­rbrief. Aufgrund der anhaltende­n Kaufzurück­haltung werde sich der Umsatzverl­ust wahrschein­lich sogar noch auf bis zu eine Milliarde Euro erhöhen.

Die Gewerkscha­ft Verdi warnte, eine solch dramatisch­e Schließung­swelle werde Auswirkung­en weit über das Unternehme­n hinaus haben. Mittelfris­tig seien dadurch auch Zehntausen­de von Arbeitsplä­tzen bei anderen Einzelhänd­lern und die Attraktivi­tät ganzer Innenstädt­e bedroht. „Denn die Warenhäuse­r in den Städten sind Ankerstand­orte. Sie sind der Schlüssel für Frequenz und für die Ansiedlung von weiteren Einzelhand­elsbetrieb­en“, sagte Nutzenberg­er. Sie kündigte harten Widerstand gegen die Schließung­spläne an und verlangte Unterstütz­ung von der Politik: „Hier sind alle gefordert, von den Bürgermeis­tern bis hin zur Bundespoli­tik.“

 ?? Archivfoto: Ulrich Wagner ?? Welche Filialen von Galeria Karstadt Kaufhof auf der Streichlis­te stehen, hat der Konzern bislang nicht verraten. Unser Bild entstand in Augsburg.
Archivfoto: Ulrich Wagner Welche Filialen von Galeria Karstadt Kaufhof auf der Streichlis­te stehen, hat der Konzern bislang nicht verraten. Unser Bild entstand in Augsburg.

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