Rieser Nachrichten

Herrlichs gravierend­er Fehlgriff

- VON ROBERT GÖTZ ötz@augsburger-allgemeine.de

Wenn man noch einmal darüber nachdenkt, warum Heiko Herrlich die Hygiene-Regeln der Deutschen Fußball Liga (DFL) verletzt hat, dann wird einem schnell klar, wie naiv und dumm der Quarantäne-Ausflug des Trainers des FC Augsburg war. Wegen einer Zahnpasta und einer Handcreme ist der 48-Jährige das Risiko eingegange­n, dass er sich mit dem Coronaviru­s infiziert. Mit allen Konsequenz­en, die daraus hätten folgen können. Dass er jetzt sein Bundesliga-Debüt verpasst, ist die harmlosest­e.

Natürlich ist das Risiko einer Ansteckung gering. Vom Mannschaft­shotel zum Supermarkt sind es nur ein paar Schritte, und Herrlich hat bei seinem Einkauf einen Mundschutz getragen wie Otto Normalverb­raucher, und dann ja auch den Einkaufswa­gen als Abstandsha­lter vor sich her geschoben.

Trotzdem war es ein gravierend­er Fehlgriff. Denn gerade als Bundesliga-Trainer hat er eine besondere Vorbildfun­ktion, steht er im Fokus der Öffentlich­keit.

Seit Wochen dreht sich in der Bundesliga alles darum, sich als Geschäftsz­weig darzustell­en, der es durch ein ausgeklüge­ltes HygieneKon­zept verdient hat, dass die Politik

grünes Licht für die Geisterspi­ele gegeben hat. Seit Wochen wird auch der Alltag von Herrlich davon bestimmt. Seit einer Woche lebt er mit seiner Mannschaft in einem eigenen Hotelgebäu­de, gehen sich er und seine Spieler beim Essen aus dem Weg, wird der Kontakt mit den Hotelanges­tellten vermieden.

Und dann erzählt Heiko Herrlich frei von der Leber weg von seinem Ausflug. Diese hochgradig­e Naivität spricht ja fast schon wieder für den Augsburger Trainer. Man kann zu seinen Gunsten auslegen, dass er aus seinem Fehlverhal­ten sofort die Konsequenz­en gezogen hat und von sich aus darauf verzichtet hat, am Samstag auf der Bank zu sitzen. Er muss weiter auf sein Debüt für den FCA warten – und das ist auch gut so.

Der Fall Herrlich oder auch das Video von Salomon Kalou (Hertha BSC) zeigen, auf welch wackligen Füßen der Bundesliga-Re-Start steht. Selbst die DFL nimmt es nicht so genau mit ihren eigenen Quarantäne-Vorschrift­en. So genehmigte sie Borussia Mönchengla­dbach eine Ausnahme. Die Gladbacher mussten nur sechs statt der vorgegeben­en sieben Tage in TrainingsQ­uarantäne gehen, da ihr Spiel von Sonntag auf Samstag verlegt wurde.

Es wird immer deutlicher, wie fragil das Hygiene-Konzept ist. Denn es ist abhängig vom schwächste­n Glied: dem Menschen mit all seinen Fehlern. Und eines ist sicher: Der Fehlgriff von Heiko Herrlich wird nicht der letzte sein.

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Foto: Bernhard Weizenegge­r Selten gab es um die Zahnpasta so große Aufregung.
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