Rieser Nachrichten

Freundscha­ft auf der Speisekart­e

Uli Wenger betreibt gemeinsam mit seiner Frau Martina das Wengers-Brettl in Nördlingen. Hier hat das Ehepaar schon viel erlebt. Auch ihnen bereitet das Coronaviru­s aktuell Kopfzerbre­chen

- VON DAVID HOLZAPFEL

Nördlingen An normalen Tagen ist die Gaststube gut besucht. An den Tischen sitzen dann Übernachtu­ngsgäste, die den ersten Kaffee des Tages trinken, Touristen aus allen Ecken der Erde oder Nördlinger, die abends gemütlich bei einem Bier zusammenko­mmen. Gerade aber stehen Uli Wenger und seine Frau Martina hinter der Theke des Wengers-Brettl und blicken auf leere Bänke. Die beiden wollen nicht klagen. „Aber die Ungewisshe­it, wie es weitergeht, ist schon groß.“Auch für sie, die in der Gastronomi­e schon vieles erlebt haben, ist die aktuelle Situation belastend.

In der Küche steht Uli Wenger beinahe schon sein ganzen Leben. Mit 16 Jahren fängt er eine Lehre als Koch an, die er mit 19 abschließt. Anschließe­nd kocht Wenger für Luxushotel­s im Schweizer Montreux, in Hannover, Stuttgart und auf Sylt. Irgendwann verschlägt es den Gastronom eher zufällig nach Nördlingen, erst nur für wenige Wochen.

„Irgendwann habe ich dann einen Anruf von Ruth Hoffmann von der Weinhandlu­ng Engelhardt bekommen“, sagt Wenger. Sie habe gefragt, ob er nicht interessie­rt sei, den Nördlinger Rotochsenk­eller für ein Jahr zu übernehmen. 1992 war das. Wenger nahm das Angebot an.

Aus ursprüngli­ch einem Jahr in Nördlingen sind mittlerwei­le über 25 geworden. „Wir sind hier zu Hause und lieben die Stadt“, sagt das Ehepaar unisono. Im Jahr 1993 pachtet Wenger den Gasthof Engel, er wird hier 19 Jahre lang bleiben. „Irgendwann wollte ich aber was eigenes haben“, sagt der Wirt. 2011 wird er in der Löpsinger Straße 27 fündig und eröffnet das WengersBre­ttl.

Die Wengers sind zufrieden. „Es ist eigentlich genau so, wie wir uns das vorgestell­t haben“, betont der Wirt. Wenger deutet mit einem kurzen Kopfnicken in Richtung Gaststube und sagt: „Hier sind schon richtige Freundscha­ften entstanden.“Martina Wenger erinnert sich an einen Gast aus den Niederland­en, der vor einigen Jahren als Tourist in der Stadt war, und dabei auch im Wengers-Brettl einkehrte. „Mittlerwei­le besucht er uns regelmäßig. Aus einem Gast ist ein Freund geworden.“Dies sei letztlich auch die Philosophi­e hinter dem Gasthof. „Ich bin mit 80 Prozent der Gäste per du.“So würden sich automatisc­h Freundscha­ften entwickeln. Freundscha­ften, die aktuell hauptsächl­ich über das Internet gepflegt werden müssen. „Das schmerzt schon“, sagt Wenger.

In seinem Restaurant legt das Ehepaar den Fokus hauptsächl­ich auf heimische Produkte. „Bayerisch-schwäbisch­e Küche“, wie Wenger es sagt. Außerdem vermieten sie insgesamt neun Zimmer an Gäste. Nur die bleiben aus, wie aktuell überall.

Das Jahr 2019 sei ein finanziell gutes Jahr gewesen, betont der Wirt. Dennoch wisse auch er nicht, wie lange seine Rücklagen noch hielten, blieben die Gäste weiterhin aus. Drei Monate, vier Monate? „Danach wird es eng.“Eines ist für das Ehepaar klar: „Bevor wir einen Betriebsmi­ttelkredit aufnehmen müssen, sperren wir lieber zu.“Sie hätten einfach keine Lust mehr darauf, von null anfangen zu müssen. Doch die Eheleute sind optimistis­ch, dass sich die Situation bessern wird. Ab dem kommenden Montag werden auch sie ihre Terrasse wieder für Gäste öffnen, unter Einhaltung strenger Hygienevor­schriften.

Wie verbringt das Ehepaar seine Freizeit? „Am liebsten mit unseren drei Kindern“, sagt Wenger. Außerdem machen die beiden Radtouren; gerade vor allem zu ihren Mitarbeite­rn. „Wir sprechen ihnen über den Gartenzaun Mut zu, sagen, dass sie mit ihrer Unsicherhe­it nicht allein sind.“

Info In regelmäßig­en Abständen stellen wir an dieser Stelle Gastronome­n aus dem Ries vor und ihre Ideen, wie sie der Corona-Krise trotzen können.

 ?? Foto: David Holzapfel ?? Uli Wenger und seine Frau Martina stehen in der Gaststube des Wengers-Brettl. Momentan aber bleiben hier die Stühle leer. Aufgrund des Coronaviru­s darf das Ehepaar keine Gäste bewirten.
Foto: David Holzapfel Uli Wenger und seine Frau Martina stehen in der Gaststube des Wengers-Brettl. Momentan aber bleiben hier die Stühle leer. Aufgrund des Coronaviru­s darf das Ehepaar keine Gäste bewirten.

Newspapers in German

Newspapers from Germany