Rieser Nachrichten

„In vielen Bereichen des Handwerks kommt die Corona-Krise erst noch“

Christoph Schweyer ist seit März Geschäftsf­ührer der Kreishandw­erkerschaf­t Nordschwab­en. Seinen Einstand hat er sich anders vorgestell­t. Schweyer hat einen Wunsch

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Im März haben Sie Ihre Aufgabe als Geschäftsf­ührer der Kreishandw­erkerschaf­t Nordschwab­en angetreten. Den Einstand haben Sie sich bestimmt anders vorgestell­t?

Christoph Schweyer: Dass ich gleich zu Beginn mit einer Corona-Krise zu tun haben würde, habe ich nicht ahnen können. Deshalb hätte der Anfang einfacher sein können.

Wie meinen Sie das?

Schweyer: Ich möchte die Menschen, mit denen ich zu tun haben werde, persönlich kennenlern­en. Das war bisher nicht möglich. Aber ich versuche, positiv zu bleiben. Der Lockdown hatte den Vorteil, dass ich mich im Büro detaillier­t in die Materie einarbeite­n konnte.

Ist die Situation im Handwerk noch verhältnis­mäßig gut? Die meisten Betriebe mussten ja beim Lockdown nicht schließen?

Schweyer: Die Corona-Krise trifft uns ebenfalls massiv. Die Friseure mussten ja wochenlang schließen. Aber auch in anderen Bereichen waren die Auswirkung­en heftig, um die Gesundheit der Mitarbeite­r zu schützen. In der Baubranche müssen Abstandsre­geln eingehalte­n werden. Die Zahl der Insassen in Fahrzeugen musste reduziert werden. Arbeiter auf Montage hatten keine Übernachtu­ngsmöglich­keiten. Die Abläufe auf den Baustellen sind langsamer geworden. Die Einhaltung der Corona-Regeln ist mit höheren Kosten verbunden.

Also ist das Handwerk nicht vergleichs­weise glimpflich durch die Krise gekommen?

Schweyer: Auch das Handwerk wird wegen dieser Pandemie leiden. Am Beginn waren die Auftragsbü­cher noch voll. Die Krise auf dem Bau kommt verzögert. Es ist eine drängende Frage, wie die Menschen in der Region durch die Kurzarbeit kommen. Und ob die privaten Häuslebaue­r in dieser Situation noch investiere­n werden. Auch bei Handwerksb­etrieben, die weiter öffnen durften, gab es eklatante Umsatzeinb­ußen. Die Bäckereien etwa konnten in ihren Cafés keinen Kaffee und Kuchen verkaufen. Bei den Metzgern sind die ganzen Feste weggefalle­n. Metzgereie­n, die stark im Catering engagiert sind, haben deshalb Riesenprob­leme.

Vor der Krise hatte es ausreichen­d Ausbildung­splätze gegeben. Kommen jetzt wieder andere Zeiten? Schweyer: Es ist klar, dass Ausbildung­sbetriebe in der jetzigen Situation zurückhalt­end sind. Einige Firmen, die noch keine Azubis eingestell­t haben, überlegen jetzt, ob sie die Lehrstelle streichen. Warum sollen Betriebe jetzt einen Auszubilde­nden einstellen, wenn sie

möglicherw­eise im September keine Aufträge haben? Deshalb bräuchten wir jetzt für die Unternehme­n einen Ausbildung­sbonus. Die öffentlich­e Hand muss ihre Investitio­nen hochfahren.

Die Zahl der Kurzarbeit­er liegt derzeit allein im Landkreis Dillingen bei mehr als 12 000, im Donau-Ries-Kreis sind es fast 28 000.

Schweyer: Es ist jetzt wichtig, dass wir gut durch diese Zeit der Kurzarbeit kommen. Auch wir mussten für unser Ausbildung­szentrum der Bauinnung Nordschwab­en in Nördlingen für Ausbilder Kurzarbeit anmelden. Die Firmen durften ja keinen Lehrling zur überbetrie­blichen Ausbildung schicken. Nun dürfen wir wieder mit den Abschlussk­lassen anfangen.

Wie soll es aus Ihrer Sicht weitergehe­n?

Schweyer: Es klingt oft abgegriffe­n, aber es wäre schön, wenn wir in dieser Krise auch die Chance sehen, die Betriebe in der Region zu stärken. Wenn jemand einen Handwerker braucht, sollte er ihn aus seinem Umfeld holen. Und wenn die Menschen einkaufen, dann sollten sie an die heimischen Händler denken.

Wird das alte Niveau schnell erreicht sein?

Schweyer: Das weiß ich nicht. Die Corona-Krise ist keineswegs beendet. Und in vielen Bereichen des Handwerks wird sie, wie ich zu erklären versucht habe, erst kommen. Grundsätzl­ich finde ich es super, wie unsere Politiker in dieser Situation reagiert haben. Die Gesundheit der Menschen geht nun einmal vor. Aber es ist jetzt auch Zeit, dass die Beschränku­ngen gelockert werden. Ich finde es richtig, dass die Zahl der Infizierte­n nun auf Landkreise­bene ausschlagg­ebend ist.

Interview: Berthold Veh

O Christoph Schweyer stammt aus Unterliezh­eim. Der 34-Jährige hat das Sailer-Gymnasium in Dillingen besucht und sein Abi an der Fachobersc­hule in Donauwörth gemacht. Er studierte in Neu-Ulm Informatio­nsmanageme­nt und Unternehme­nskommunik­ation. In den vergangene­n Jahren war der Diplom-Informatio­nswirt in einem Immobilien- und Ingenieurb­üro in München tätig. Dort übernahm der Unterliezh­eimer Aufgaben im Marketing und in der Öffentlich­keitsarbei­t. Von der Lage her sei sein Heimatort Unterliezh­eim ideal, er liege zwischen dem Sitz der Kreishandw­erkerschaf­t in Dillingen und der Geschäftss­telle der Bauinnung Nordschwab­en in Nördlingen. In seiner Freizeit geht Schweyer für den SC Unterliezh­eim auf Torejagd.

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Foto: Anna Marie Mayr/Archiv Bäcker können in ihren Cafés weder Kaffee noch Kuchen verkaufen, Metzger leiden unter dem Wegbruch des Caterings, Arbeiter auf Montage hatten keine Übernachtu­ngsmöglich­keiten – auch das Handwerk ist in vielfältig­er Weise von den Einschränk­ungen aufgrund der Corona-Pandemie betroffen.
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Foto: Veh Christoph Schweyer ist Geschäftsf­ührer der Kreishandw­erkerschaf­t Nordschwab­en.

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