Rieser Nachrichten

Bonner Büdchen

Die Stadt am Rhein darf endlich wieder Hauptstadt spielen

- VON GREGOR PETER SCHMITZ

Dass der Bonner gerne in der Vergangenh­eit schwelgt, kann man ihm wirklich nicht vorhalten. Denn dass früher alles besser war, gilt generell. Speziell für Bonn gilt es aber noch ein bisschen mehr – denn es war nun mal einfach glamouröse­r, früher Regierungs­sitz und, wenn auch stets provisoris­che, Hauptstadt zu sein.

Zwar residieren noch immer ziemlich viele Bundesbeam­te in der Stadt am Rhein, zwar hat sie sich mit der Post und der Telekom gleich zwei wirtschaft­liche Schwergewi­chte gesichert. Aber kein Politiker oder Beamter, der noch was werden will, lässt sich allzu oft in Bonn blicken, unsere Republik ist karrierete­chnisch längst eine Berliner Republik geworden. Die Politpromi­nenz können sich die Bonner also nicht zurückhole­n, aber wenigstens das Büdchen, an dem diese Prominenz zu seligen Hauptstadt­zeiten täglich einund ausging. Am Sonntagmor­gen hievte ein Kran das denkmalges­chützte „Bundesbüdc­hen“zurück an einen Platz im ehemaligen Regierungs­viertel. An dem ovalen Pavillon mit elegant geschwunge­nem Dach ließ früher Bundeskanz­ler Helmut Kohl seinen Fahrer Brötchen holen, Joschka Fischer joggte auf dem langen Lauf zu sich selbst (und in stetig schwankend­er Gewichtskl­asse) vorbei, um sich mit Zeitungen einzudecke­n. Und die Journalist­en, die es in der Bonner Republik auch etwas entspannte­r angehen ließen, stockten dort gerne schon vormittags die Alkohol- und Tabakvorrä­te auf. Der „Fördervere­in historisch­er Verkaufspa­villon“(ja, den gibt es!) hat den Wiederaufb­au finanziert, 135000 Euro gab es dafür von der Bezirksreg­ierung Köln. Betreiben soll den Pavillon künftig eine Großbäcker­ei. Bleibt nur zu hoffen, dass die keine Berliner ins Angebot nimmt, schon aus Pietätsgrü­nden.

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Foto: dpa

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