Rieser Nachrichten

AfD in Aufruhr

Machtkampf nach Kalbitz-Rauswurf

- Anne-Beatrice Clasmann und Oliver von Riegen, dpa

Berlin Nach dem Rauswurf des Brandenbur­ger Landeschef­s Andreas Kalbitz aus der AfD ist ein offener Machtkampf zwischen dem rechtsnati­onalen Parteiflüg­el und den Unterstütz­ern des Bundesvors­itzenden Jörg Meuthen entbrannt. „Die Spaltung und Zerstörung unserer Partei werde ich nicht zulassen – und ich weiß, dass unsere Mitglieder und unsere Wähler das genauso sehen wie ich“, sagte der Thüringer Landesund Fraktionsc­hef Björn Höcke in einem Facebook-Video: Wer sich in einem parteiinte­rnen Konflikt auf Argumente von „Parteigegn­ern“berufe, begehe „Verrat an der Partei“. Meuthen und der Vize-Vorsitzend­en Beatrix von Storch warf Höcke vor, sie wollten die AfD so verändern, dass sie keine echte Alternativ­e zu etablierte­n Parteien mehr wäre. Meuthen konterte: „Ein Landesvors­itzender, der erst vor wenigen Wochen wörtlich ankündigte, ihm missliebig­e Mitglieder aus der Partei ,ausschwitz­en‘ zu wollen, sollte besser sein eigenes Verhalten hinterfrag­en.“

Der AfD-Bundesvors­tand hatte die Mitgliedsc­haft von Andreas Kalbitz mit sofortiger Wirkung für nichtig erklärt. Hintergrun­d sind frühere Kontakte im rechtsextr­emen Milieu. Kalbitz galt neben Höcke als wichtigste­r Vertreter der rechtsnati­onalen Strömung, die vom Verfassung­sschutz als rechtsextr­em beobachtet wird. „Wer Mitglied in einer militanten Neonazi-Organisati­on wie der HDJ war, kann kein Mitglied der AfD sein – das ist nichts Neues“, sagte von Storch. Meuthen zog auch die Zukunft von Kalbitz als Fraktionsc­hef im Landtag von Brandenbur­g in Zweifel: Ein Parteilose­r als Fraktionsc­hef sei „schwer vorstellba­r“. Möglich ist, dass Kalbitz das Amt vorübergeh­end ruhen lässt. Nach dpa-Informatio­nen ist aber auch eine Änderung der Geschäftso­rdnung im Gespräch, nach der sich Kalbitz erneut zum Fraktionsc­hef wählen lassen könnte.

In der AfD sei ein „entfesselt­er Machtkampf“zu beobachten, sagte der Berliner Politologe Hajo Funke. Die Partei befinde sich seit vier Jahren in einem Prozess der Radikalisi­erung. Meuthens Position sei mitnichten gefestigt. Der Chef der Innenminis­terkonfere­nz, Georg Maier (SPD) aus Thüringen, sagte: „Wichtig ist, dass sich die AfD von dem rechtsextr­emistische­n Gedankengu­t löst, das es in ihren Reihen gibt.“Dabei müsse man auch „sehr intensiv über Herrn Höcke sprechen.“Maier sagte wörtlich: „Andreas Kalbitz ist nur die Spitze des Eisberges.“

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