Wie Kirchenmusik in der Krise funktioniert
Kirchenmusikdirektor Udo Knauer ist zuversichtlich, dass keine Chöre zerbrechen
Nördlingen Kultur sei systemrelevant, betont Kirchenmusikdirektor Udo Knauer. Während es für den professionellen Musikbetrieb auch ums finanzielle Überleben gehe, stelle sich für die vielen Menschen, die sich in Laienensembles engagieren, hauptsächlich die Frage: Wann kann man sich wieder zu Proben treffen und auftreten? Auch Knauer, Kantor der Nördlinger St. Georgskirche und Dekanatskantor, beschäftigt diese Frage. Die Proben der rund 75 evangelischen Posaunen-, Kinder-, Gospel- und Kirchenchöre in den Donau-Ries-Dekanaten ruhen, Singen/Blasen im Gottesdienst ist nicht möglich, Konzerte sind abgesagt, bis es aufgrund neuer Entwicklungen und Erkenntnisse hoffentlich positive Veränderungen gebe. Diese Einschränkungen verlangten nach neuen Wegen und Kreativität.
Für Knauer ist es am wichtigsten, Kontakt zu halten. Das Internet sei in diesen Zeiten ein Segen. In regelmäßigen Mails an seine Chormitglieder und an die nebenamtlichen
Kirchenmusiker im Dekanat halte er – wie andere Kollegen auch – Verbindung, informiere über Entwicklungen und mache Mut zum Durchhalten. Dies geschieht nicht zuletzt durch selbstgemachte Musikvideos, die auf dem YouTubeKanal „Evangelische Kirche Donau-Ries“für jedermann zugänglich seien. Besonders freut den Dekanatskantor, dass sich dabei auch nebenamtliche Kollegen online betätigen. Aus Deiningen gebe es einen Konzert-Gottesdienst mit Werner Heinrich als Organist, die
Schwörsheimer Organistin Susanne Renner habe Choräle eingespielt und mit Fotos ins Netz gestellt.
Seit Gottesdienste stattfinden können, gebe es auch wieder „LiveMusik“– und das nicht nur von der Orgel. Bei geeigneter Raumgröße und unter Beachtung eines Schutzkonzeptes könnten Solisten oder eine Schola mit bis zu vier Personen mitwirken. Eigentlich bezeichnet „Schola“einen einstimmigen liturgischen Chor, doch das hält Knauer für ausbaufähig und hat etwas initiiert, das er „Schola 2.0“nennt. Bis auf Weiteres gestalten daher in St. Georg in jedem Gottesdienst aus einer Gruppe von über 30 Freiwilligen aus seinen Chören jeweils vier Sänger die Liturgie singend und spielend, etwa mit Streichinstrumenten, Gitarre oder Percussion.
Knauer hofft, dass auch bald Blasinstrumente zugelassen werden, und sich der Kreis damit noch um Mitglieder des Posaunenchors erweitert. In den beiden Gottesdiensten an Christi Himmelfahrt haben Knauer zufolge vier Kinder der Kinderkantorei mitgewirkt, am Sonntag, 24. Mai, wird ein Quartett aus Kammerchormitgliedern teilnehmen.
Eine weitere gute Nachricht: Da reguläre Konzerte noch nicht möglich seien, habe die Landeskirche die hauptberuflichen Kirchenmusiker dazu ermutigt, Kurzkonzerte in einen liturgischen Zusammenhang zu stellen. So gibt es ab Pfingstsamstag, 30. Mai, um zwölf Uhr wöchentlich eine „Musik und Besinnung zur Marktzeit“.
Dass Chöre wegen der CoronaKrise auseinanderbrechen, davor hat Knauer keine Angst: „Wir sind starke Gemeinschaften, das gemeinsame Singen und Blasen verbindet uns, und die gemeinsamen Ziele schweißen zusammen.“