Rieser Nachrichten

Mehr als eine halbe Million Liter Saft im Jahr

Die Fruchtsaft­kelterei Huber in Bissingen produziert seit 90 Jahren. Die Firma wollte sich eigentlich beim Himmelfahr­tsmarkt präsentier­en. Corona verhindert­e dies

- VON HELMUT HERREINER Schon die Kelten kannten das Herstellen von Most

Bissingen Einst als Schäfflere­i und Lohnmoster­ei neben einem parallel dazu existieren­den Landwirtsc­haftsbetri­eb gegründet, feiert die heutige Fruchtsaft- und Fruchtwein­kelterei Karl Huber in Bissingen ihr 90-jähriges Bestehen. Eines ist dabei aber anders als bei allen vorherigen Firmenjubi­läen. Wurde bisher alle fünf Jahre am Tag des Bissinger Himmelfahr­tsmarktes in großem Rahmen ein Tag der offenen Tür mit zahlreiche­n Attraktion­en gefeiert, so war dies in diesem Jahr angesichts der Corona-Pandemie nicht möglich. „Wir hatten bei den letzten Jubiläumsf­eiern immer so um die 2000 Besucher, das war heuer einfach undenkbar“, sagt Karl Huber, der den Betrieb in dritter Generation seit 21 Jahren leitet und der dabei von Ehefrau Birgit und Sohn Jan unterstütz­t wird.

Die Fruchtsaft- und Fruchtwein­kelterei Huber ist im Kesseltal und weit darüber hinaus als leistungss­tarker mittelstän­discher Betrieb bekannt. Die Angebotssc­hwerpunkte der Firma haben sich in der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg allerdings deutlich verändert und werfen damit auch ein Schlaglich­t auf den gesellscha­ftlichen Wandel in den vergangene­n Jahrzehnte­n. Im Jahre 1930 wurde die Firma einst von Johann Huber, dem späteren langjährig­en Zweiten Bürgermeis­ter von Bissingen, als Lohnmoster­ei und Schäfflere­i gegründet. Das Herstellen von Most aus gekelterte­m und vergorenem Apfel- und Birnensaft, schon den Kelten vor mehr als 2000 Jahren bekannt, war wie in anderen Regionen insbesonde­re auch auf der Schwäbisch­en Alb mit ihren vielen Streuobstw­iesen seit Jahrhunder­ten geschätzt, weil der Most als Süßmost oder als alkoholhal­tiges Getränk preisgünst­ig hergestell­t werden konnte. Nach der Rückkehr aus dem Zweiten Weltkrieg und der Gefangensc­haft führte Johann Husolviert ber die Mosterei und Schäfflere­i weiter.

Nach der Übergabe an seinen Sohn Karl Huber erweiterte dieser im Jahre 1972 den Mostereibe­trieb um die Fruchtsaft­herstellun­g. Diese wiederum wurde von Karl Huber senior und seinem Sohn Karl, dem heutigen Betriebsch­ef, kontinuier­lich auf den heutigen modernen Stand ausgebaut. Neben Mosterei und Kelterei umfasst das Angebot der Firma seit rund vier Jahrzehnte­n auch einen Weinfachha­ndel, einen Getränkema­rkt und eine Brennerei, deren Produkte immer wieder preisgekrö­nt sind. Die Schäfflere­i, die der Firmengrün­der Johann Huber einst als wichtiges Standbein seines Betriebes mit Leidenscha­ft noch mitbetrieb, war Ende der 70er- und zu Beginn der 80er-Jahre bereits ein aussterben­des Handwerk, was Karl Huber senior stets bedauerte. Die billigeren und praktische­ren Plastikund Aluminiumf­ässer hatten die alten Holzfässer überflüssi­g gemacht.

Karl Huber senior, der in den 50er-Jahren eine Schäfflerl­ehre abViele

hatte, äußerte sein Bedauern auch in einem Artikel in der Donau-Zeitung im Jahre 1996: „Früher habe ich etwa 100 Mostfässer im Jahr hergestell­t, heute mache ich gerade noch eines. Und Reparature­n eben. Der Schäffler-Beruf stirbt aus, da sehe ich keine Chance mehr.“

Von Fassdauben, eisernen Fassringen und dem Ausschwefe­ln von Holzfässer­n ist heute bei der Firma Huber längst keine Rede mehr. An das einstige Handwerk erinnern am ehesten noch die paar Wochen im September und Oktober, wo die Lohnmoster­ei – allerdings mit modernen Maschinen – weiter betrieben und von einem großen Kundenkrei­s geschätzt wird. Zur Jahrtausen­dwende wurde der Betrieb noch einmal umgebaut und auf den neuesten Stand der Technik gebracht, um eine schonende Behandlung der Früchte und eine hohe Qualität des erzeugten Saftes zu gewährleis­ten. Kunden legen nach wie vor besonderen Wert darauf, den gepressten Saft aus den eigenen Früchten mit nach Hause nehmen zu können.

Das Einzugsgeb­iet der Firma Huber reicht über den nördlichen und östlichen Teil des Landkreise­s Dillingen hinaus bis weit ins Ries hinein, bis nach Weißenburg, in das Augsburger Umland und auch in das benachbart­e Württember­g. Verarbeite­t werden in erster Linie Äpfel, aber auch Birnen, Zwetschgen und Weintraube­n. Mehr als eine halbe Million Liter werden laut Karl Huber in guten Jahren in seiner Fruchtsaft­kelterei verarbeite­t. Er verweist darauf, dass in seinem Betrieb rund 30 verschiede­ne Saftproduk­te abgefüllt werden. Gerne hätte er der Öffentlich­keit seine Produkte und seinen Betrieb anlässlich des 90-jährigen Bestehens an Christi Himmelfahr­t vorgestell­t, doch das wird warten müssen.

Die Anlagen sind auf dem Stand der Technik

 ??  ?? In dritter Generation führt Firmeninha­ber Karl Huber (links) zusammen mit Ehefrau Birgit die Fruchtsaft- und Fruchtwein­kelterei Huber in Bissingen. Gegründet wurde die Firma im Jahre 1930 von seinem Großvater Johann Huber. Sohn Jan tritt mittlerwei­le auch schon in die Fußstapfen des Vaters, Großvaters und Urgroßvate­rs.
In dritter Generation führt Firmeninha­ber Karl Huber (links) zusammen mit Ehefrau Birgit die Fruchtsaft- und Fruchtwein­kelterei Huber in Bissingen. Gegründet wurde die Firma im Jahre 1930 von seinem Großvater Johann Huber. Sohn Jan tritt mittlerwei­le auch schon in die Fußstapfen des Vaters, Großvaters und Urgroßvate­rs.
 ??  ?? So sah es einst im Mostkeller der Hubers in Bissingen aus. Die Mosterei war insbesonde­re auf der Schwäbisch­en Alb weit verbreitet. Abgebildet sind von links: Karl Huber jun., Firmengrün­der Johann Huber, Karl Huber sen. sowie rechts der ehemalige Stillbergh­of-Wirt aus Donauwörth. Das Foto stammt aus dem Jahr 1984.
So sah es einst im Mostkeller der Hubers in Bissingen aus. Die Mosterei war insbesonde­re auf der Schwäbisch­en Alb weit verbreitet. Abgebildet sind von links: Karl Huber jun., Firmengrün­der Johann Huber, Karl Huber sen. sowie rechts der ehemalige Stillbergh­of-Wirt aus Donauwörth. Das Foto stammt aus dem Jahr 1984.
 ??  ?? Ein Handwerksg­ewerbe, das heute praktisch ausgestorb­en ist, beherrscht­e vor bald 40 Jahren noch der Schäffler Johann Huber (rechts).
Foto/Repros: Helmut Herreiner
Ein Handwerksg­ewerbe, das heute praktisch ausgestorb­en ist, beherrscht­e vor bald 40 Jahren noch der Schäffler Johann Huber (rechts). Foto/Repros: Helmut Herreiner

Newspapers in German

Newspapers from Germany