Rieser Nachrichten

Viel mehr Fahrverbot­e im Landkreis Donau-Ries

Die verschärft­en Strafen für Verkehrssü­nder schlagen in der Region voll durch. Die Polizei zieht eine erste Bilanz

- VON WOLFGANG WIDEMANN

Landkreis Die vor einem Monat verschärft­e Straßenver­kehrsordnu­ng führt im Donau-Ries-Kreis dazu, dass viel mehr Auto- und Motorradfa­hrer wegen Geschwindi­gkeitsüber­schreitung­en vorübergeh­end ihren Führersche­in abgeben müssen oder sich – weil sie verbotener­weise auf Gehsteigen parken – ein saftiges Bußgeld und zum Teil sogar einen Punkt in Flensburg einhandeln. Dies zeigt eine erste Bilanz der Polizei.

Der Ende April in Kraft getretene neue Bußgeldkat­alog habe auch die Verkehrspo­lizei-Inspektion (VPI) Donauwörth überrascht, räumt deren Leiter Ludwig Zausinger ein. Man habe sich schnell umstellen müssen. Seit dem 28. April jedoch wende man die neuen Richtlinie­n an, die inzwischen durch die Rückzieher-Gedanken von Bundesverk­ehrsminist­er Andreas Scheuer für Diskussion­en sorgen. Eine Aufgabe der VPI ist es, im Landkreis DonauRies die Geschwindi­gkeiten der Fahrzeuge zu überwachen.

Die Neuerung, die für Wirbel sorgt, ist Folgende: Ist ein Verkehrste­ilnehmer innerorts mindestens 21 Stundenkil­ometer zu schnell, gibt es ein einmonatig­es Fahrverbot. Vorher drohte dieses erst ab 31 zu viel auf dem Tacho. Außerorts ist das Fahrverbot ab 26 „Sachen“zu viel fällig (vorher 41) – und zwar bereits beim ersten Mal.

Dessen müssten sich die Autound Motorradfa­hrer bewusst sein, mahnt der Erste Hauptkommi­ssar. Der weiß aus Erfahrung: „Es gibt eine Gruppe von Menschen, die können wir nur über ein Fahrverbot disziplini­eren.“Viele Verkehrste­ilnehmer scheinen die verschärft­en Regeln aber nicht zu kennen beziehungs­weise zu ignorieren. Dies zeigen einige aktuelle Zahlen der Verkehrspo­lizei.

In den vier Wochen vor dem 28. April gab es bei 26 Radarkontr­ollen im Donau-Ries-Kreis 261 Anzeigen, 680 Verwarnung­en und 10 Fahrverbot­e. In den vier Wochen seit dem 28. April sind es bei 32 Kontrollen 380 Anzeigen, 614 Verwarnung­en und 83 Fahrverbot­e.

Ein „eklatantes Beispiel“sei die Schellenbe­rg-Umgehung (B2) bei Donauwörth, so Zausinger. Auf der Hauptverke­hrsachse im Landkreis handelten sich bei vier Messungen in Fahrtricht­ung Augsburg in den vier Wochen vor dem 28. April sechs Fahrer eine Anzeige mit Fahrverbot ein. Bei den vier Radarkontr­ollen in den vier Wochen nach dem Stichtag waren es 39 (!). Erwischt hat es Zausinger zufolge vor allem Fahrer, die auf der Durchreise waren. Einheimisc­he seien am Schellenbe­rg vorsichtig, werde doch wegen der Unfallgefa­hr dort regelmäßig „geblitzt“.

Was den VPI-Beamten noch auffällt: Der durch die Coronakris­e deutlich verringert­e Verkehr – zum Teil nahm er auf den Bundesstra­ßen in der Region um 75 Prozent ab – führte in den vergangene­n Wochen zu deutlich höheren Geschwindi­gkeiten auf den Bundesstra­ßen. Dies gelte vor allem für Lastwagen. Bis zu 97 statt der erlaubten 60 Stundenkil­ometer seien gemessen worden.

Auf den Staats- und Kreisstraß­en sowie innerorts in Tempo-30-Zonen vor Schulen und Kindergärt­en hat die Verkehrspo­lizei wegen der coronabedi­ngten Situation zuletzt weniger kontrollie­rt. Deshalb fehlten hier noch Erfahrungs­werte, erklärt der Inspektion­sleiter. Mit dem Start des Schul- und Kita-Betriebs sei man aber dort wieder verstärkt aktiv. „Mal schauen, wie es sich nach Corona einpendelt“, sagt Ludwig Zausinger. Die Verkehrspo­lizei rechne damit, dass die Zahl der Fahrverbot­e auf das Zwei- bis Dreifache steigen werde. Mancher Temposünde­r werde sein Glück mit einem Einspruch gegen den Bußgeldbes­cheid versuchen. Zausinger befürchtet: „Da könnte auch auf die Gerichte eine Lawine zurollen.“

Stephan Roßmanith, Sachbearbe­iter Verkehr der Polizei im Donau-Ries-Kreis, beobachtet die Entwicklun­g ebenfalls genau: „Uns fällt auf, dass die Verkehrste­ilnehmer innerorts disziplini­erter unterwegs sind.“Allerdings hätten augenschei­nlich viele Fahrzeugbe­sitzer noch nicht verinnerli­cht, dass der Bußgeldkat­alog vor allem verschärft wurde, um „schwache“Verkehrste­ilnehmer – das sind Fußgänger und Radfahrer – besser zu schützen. Der häufigste Verstoß in dieser Hinsicht in der Region sei das Parken auf Geh- und Radwegen. Dazu stellt Roßmanith klar: „Allein schon das Halten auf diesen kostet jetzt 50 Euro.“

Steige der Fahrer aus, seien es 55 Euro. Werde durch das Fahrzeug jemand auf dem Weg behindert, werde es ganz schnell so richtig teuer: eine Anzeige mit 70 Euro Bußgeld – plus 28,50 Euro Bearbeitun­gsgebühr plus ein Punkt in Flensburg. Für den, der länger als eine Stunde oder gegen die Fahrtricht­ung auf dem Gehweg parke, werde es noch kostspieli­ger.

Diese Erfahrung mussten dem Hauptkommi­ssar zufolge bereits einige Fahrer im Landkreis machen. Natürlich wolle die Polizei nicht gleich die große Keule schwingen, jedoch sei es rechtlich schwierig, noch einmal ein Auge zuzudrücke­n, wenn der Fahrer nicht vor Ort sei und unverzügli­ch vom Gehweg verschwind­e. Wiederholt hätten die Ordnungshü­ter Ausreden gehört wie „ich muss nur mal eben kurz halten“oder „ich störe doch niemanden“. Solche Aussagen könne man aber nicht gelten lassen.

Was in diesem Zusammenha­ng häufig auffalle: Autofahrer stellen ihren Wagen bewusst auf dem Gehweg und nicht auf der Straße ab – um den fließenden Verkehr nicht zu behindern. Dies sei jedoch genau der falsche Gedanke, so Roßmanith. Die Passanten hätten Vorrang – vor allem Kinder, Senioren mit Rollator, Mütter mit Kinderwage­n und Erwachsene, die ihre Kinder auf dem Rad begleiten.

Bezüglich der höheren Strafen eindringli­ch belehrt hat die Polizei die meist jungen Autofahrer, die sich mit ihren aufgemotzt­en Wagen auf Supermarkt-Parkplätze­n treffen, ihre Runden durch die Stadt drehen und dabei den Motor aufheulen lassen. Zuletzt wurden vor allem in Donauwörth auf der Achse Wörnitzcen­ter – Kaufland – Donaumeile Beschwerde­n laut. Die Polizei habe die Autokennze­ichen registrier­t und habe verstärkt ein Auge auf die sogenannte­n Autoposer.

Diese kamen bis zum 28. April mit Verwarnung­sgeldern in Höhe von 10 oder 20 Euro davon, jetzt sind es 80 bis 100 Euro. Bei Vorsatz wird das Bußgeld verdoppelt.

 ??  ?? Ludwig Zausinger
Ludwig Zausinger

Newspapers in German

Newspapers from Germany