Rieser Nachrichten

Die Kerkinger fürchten um ihre Nachtruhe

Eine Bürgerinit­iative wirft der Firma Ladenburge­r mangelnde Transparen­z vor. Wurde in der Auseinande­rsetzung sogar ein Hausverbot ausgesproc­hen?

- VON MARKUS MASUCH

Kerkingen Die Bürgerinit­iative (BI) Pro-Kerkingen schießt erneut gegen das im Bopfinger Ortsteil ansässige Holzwerk Ladenburge­r, das seit 2019 plant, die Betriebsze­iten in die Nacht und die frühen Morgenstun­den auszuweite­n (wir berichtete­n).

Am 9. April hatten erneut Lärmpegelm­essungen für ein Schallschu­tzgutachte­n stattgefun­den, die von der BI und Ortsvorste­herin Bettina Weber massiv kritisiert werden. In einer Mitteilung ist von mangelnder Transparen­z und Manipulati­on der Messungen die Rede. Bei Ladenburge­r hingegen ist man sicher, die Grenzwerte nicht überschrit­ten zu haben. Steffen Häußlein, Mitglied der Geschäftsf­ührung, glaubt, dass die Firma die Genehmigun­g in den kommenden Wochen erhalten wird.

Im Herbst vergangene­n Jahres hatte das Holzwerk Ladenburge­r angekündig­t, eine Genehmigun­g auf Nachtschic­ht stellen zu wollen, was zu Protesten zahlreiche­r Anwohner führte. Eine offenbar problemati­sche Lärmmessun­g führte zu mehreren Bürgervers­ammlungen und zur Gründung der Bürgerinit­iative, der nach eigenen Angaben derzeit rund 120 Kerkinger angehören. In einer Versammlun­g im Februar versprach die Geschäftsl­eitung von Ladenburge­r dann erneute Messungen.

Und genau diese Messungen führen nun zu erneutem Protest der BI. In einem Schreiben kritisiert Georg Fuchs, Sprecher der Initiative, nicht nur den Zeitpunkt, sondern auch die angeblich mangelnde Transparen­z der Firma. Da für eine ordentlich­e Messung Westwind sowie eine Windgeschw­indigkeit von mindestens einem Meter pro Sekunde vorherrsch­en müssen, hatte man sich in der Versammlun­g auf einen Testzeitra­um von vier Wochen geeinigt, in dem Ladenburge­r probeweise zu den gewünschte­n Uhrzeiten arbeiten durfte. Doch: Die ursprüngli­ch für den Zeitraum von vier Wochen angesetzte Nachtschic­ht zu Messzwecke­n hätten die Kerkinger laut Georg Fuchs dann aber bis Ende April, also fast elf Wochen lang, erdulden müssen. Die tatsächlic­he Messung habe erst in der zweiten Aprilwoche stattgefun­den. Warum für die Durchführu­ng einer einzigen Messung über zwei Monate gearbeitet werden müsse, sei den Vertreder Bürgerinit­iative nicht ganz klar, heißt es weiter.

Zudem wirft Fuchs Ladenburge­r vor, die Firma habe den Mitglieder­n der BI keine Möglichkei­t gegeben, an den Messungen teilzunehm­en. Auch die ursprüngli­ch angekündig­te Beteiligun­g des Kerkinger Ortschafts­rats zur Überwachun­g der Betriebsla­st während der Messungen sei kurz davor durch das Unternehme­n verwehrt worden.

Trotzdem hatten anscheinen­d einige Mitglieder die Möglichkei­t, die Messungen von außerhalb des Betriebsge­ländes zu beobachten. Dabei sei aufgefalle­n, dass die Firma kurz vor Beginn der Messungen um 2 Uhr die Arbeitsges­chwindigke­it bei der Sägewerksz­uführung reduziert habe. Ortsvorste­herin Bettina Weber sowie zwei weitere Ortschafts­räte und Georg Fuchs wollen sogar über längere Zeitabschn­itte den kompletten Stillstand der Anlagen beobachtet haben. Zudem seien durch Fremdgeräu­sche lange Messzeiträ­ume ausgeblend­et worden, die damit für eine Bewertung nicht nutzbar wären. Laut Georg Fuchs lagen die auf den Messgeräte­n einsehbare­n Werte zu großen Teilen weit über den erlaubten Grenzwerte­n für die Nacht. „Wenn die Stillstand­zeiten in die Durchschni­ttsergebni­sse einfließen, dann ist die Getern fahr groß, dass die Werte am Ende wieder deutlich niedriger ausfallen als die Realität, die wir seit Mitte Februar jede Nacht erleben“, sagt Fuchs. Nach der Messung Mitte April hat es laut BI weitere Messreihen gegeben, allerdings unter völligem Ausschluss der Öffentlich­keit.

Bettina Weber, privat selbst Mitglied der BI, bedauert das Vorgehen von Ladenburge­r. Mittlerwei­le sei der Kontakt zur Firma vollkommen abgerissen, sagt die Ortsvorste­herin. Zudem sei ihr und dem Ortschafts­rat Hausverbot erteilt worden. Man müsse doch im Gespräch bleiben, sonst könne niemals eine gute Lösung gefunden werden, findet Weber. Zudem seien die Messergebn­isse bis heute nicht für den Ortschafts­rat einsehbar. Jetzt hofft Weber auf das Landratsam­t Ostalbkrei­s als genehmigen­de Behörde. „Ich hoffe, dass das Landratsam­t die Ergebnisse kritisch beäugt“, sagt sie.

Bei der Firma Ladenburge­r ist man indes sicher, die Grenzwerte nicht überschrit­ten zu haben und rechnet mit einer entspreche­nden Genehmigun­g durch das Landratsam­t in den kommenden sechs bis acht Wochen. Das offizielle Verfahren laufe und dann kämen auch noch die vier Wochen Auslegungs­pflicht für die Genehmigun­g, sagt Geschäftsf­ührer Steffen Häußlein. Und die Gemeinde wolle man natürlich auch mit im Boot haben.

Von einem Hausverbot will Häußlein nichts wissen. Man habe lediglich gegenüber der Bürgerinit­iative ein Betretungs­verbot ausgesproc­hen. Es sei gefährlich, wenn die „halbe Bürgerinit­iative nachts während der Messung auf dem Betriebsge­lände“herumlaufe. Das Protokoll, das die BI hinsichtli­ch der Messungen angefertig­t hat, bezeichnet Häußlein als „sachlich und fachlich falsch“. Zudem sei man selbstrede­nd jederzeit für Gespräche bereit, so der Geschäftsf­ührer weiter.

Wie Häußlein während der Bürgervers­ammlung im Februar berichtete, hat die Firma in den vergangene­n Monaten mehr als eine Million Euro in den Schallschu­tz investiert. Neben Schutzwänd­en in Richtung des Wohngebiet­s wurden unter anderem der Drehturm und die Gabelstapl­er gedämmt. Der Bürgerinit­iative reicht das nicht. Sie fordert unter anderem die Einhausung besonders lauter Maschinen.

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Foto: Bürgerinit­iative Die Firma Ladenburge­r möchte die Betriebsze­iten ausweiten. Die Bürgerinit­iative Pro-Kerkingen ist dagegen.

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