Die Kerkinger fürchten um ihre Nachtruhe
Eine Bürgerinitiative wirft der Firma Ladenburger mangelnde Transparenz vor. Wurde in der Auseinandersetzung sogar ein Hausverbot ausgesprochen?
Kerkingen Die Bürgerinitiative (BI) Pro-Kerkingen schießt erneut gegen das im Bopfinger Ortsteil ansässige Holzwerk Ladenburger, das seit 2019 plant, die Betriebszeiten in die Nacht und die frühen Morgenstunden auszuweiten (wir berichteten).
Am 9. April hatten erneut Lärmpegelmessungen für ein Schallschutzgutachten stattgefunden, die von der BI und Ortsvorsteherin Bettina Weber massiv kritisiert werden. In einer Mitteilung ist von mangelnder Transparenz und Manipulation der Messungen die Rede. Bei Ladenburger hingegen ist man sicher, die Grenzwerte nicht überschritten zu haben. Steffen Häußlein, Mitglied der Geschäftsführung, glaubt, dass die Firma die Genehmigung in den kommenden Wochen erhalten wird.
Im Herbst vergangenen Jahres hatte das Holzwerk Ladenburger angekündigt, eine Genehmigung auf Nachtschicht stellen zu wollen, was zu Protesten zahlreicher Anwohner führte. Eine offenbar problematische Lärmmessung führte zu mehreren Bürgerversammlungen und zur Gründung der Bürgerinitiative, der nach eigenen Angaben derzeit rund 120 Kerkinger angehören. In einer Versammlung im Februar versprach die Geschäftsleitung von Ladenburger dann erneute Messungen.
Und genau diese Messungen führen nun zu erneutem Protest der BI. In einem Schreiben kritisiert Georg Fuchs, Sprecher der Initiative, nicht nur den Zeitpunkt, sondern auch die angeblich mangelnde Transparenz der Firma. Da für eine ordentliche Messung Westwind sowie eine Windgeschwindigkeit von mindestens einem Meter pro Sekunde vorherrschen müssen, hatte man sich in der Versammlung auf einen Testzeitraum von vier Wochen geeinigt, in dem Ladenburger probeweise zu den gewünschten Uhrzeiten arbeiten durfte. Doch: Die ursprünglich für den Zeitraum von vier Wochen angesetzte Nachtschicht zu Messzwecken hätten die Kerkinger laut Georg Fuchs dann aber bis Ende April, also fast elf Wochen lang, erdulden müssen. Die tatsächliche Messung habe erst in der zweiten Aprilwoche stattgefunden. Warum für die Durchführung einer einzigen Messung über zwei Monate gearbeitet werden müsse, sei den Vertreder Bürgerinitiative nicht ganz klar, heißt es weiter.
Zudem wirft Fuchs Ladenburger vor, die Firma habe den Mitgliedern der BI keine Möglichkeit gegeben, an den Messungen teilzunehmen. Auch die ursprünglich angekündigte Beteiligung des Kerkinger Ortschaftsrats zur Überwachung der Betriebslast während der Messungen sei kurz davor durch das Unternehmen verwehrt worden.
Trotzdem hatten anscheinend einige Mitglieder die Möglichkeit, die Messungen von außerhalb des Betriebsgeländes zu beobachten. Dabei sei aufgefallen, dass die Firma kurz vor Beginn der Messungen um 2 Uhr die Arbeitsgeschwindigkeit bei der Sägewerkszuführung reduziert habe. Ortsvorsteherin Bettina Weber sowie zwei weitere Ortschaftsräte und Georg Fuchs wollen sogar über längere Zeitabschnitte den kompletten Stillstand der Anlagen beobachtet haben. Zudem seien durch Fremdgeräusche lange Messzeiträume ausgeblendet worden, die damit für eine Bewertung nicht nutzbar wären. Laut Georg Fuchs lagen die auf den Messgeräten einsehbaren Werte zu großen Teilen weit über den erlaubten Grenzwerten für die Nacht. „Wenn die Stillstandzeiten in die Durchschnittsergebnisse einfließen, dann ist die Getern fahr groß, dass die Werte am Ende wieder deutlich niedriger ausfallen als die Realität, die wir seit Mitte Februar jede Nacht erleben“, sagt Fuchs. Nach der Messung Mitte April hat es laut BI weitere Messreihen gegeben, allerdings unter völligem Ausschluss der Öffentlichkeit.
Bettina Weber, privat selbst Mitglied der BI, bedauert das Vorgehen von Ladenburger. Mittlerweile sei der Kontakt zur Firma vollkommen abgerissen, sagt die Ortsvorsteherin. Zudem sei ihr und dem Ortschaftsrat Hausverbot erteilt worden. Man müsse doch im Gespräch bleiben, sonst könne niemals eine gute Lösung gefunden werden, findet Weber. Zudem seien die Messergebnisse bis heute nicht für den Ortschaftsrat einsehbar. Jetzt hofft Weber auf das Landratsamt Ostalbkreis als genehmigende Behörde. „Ich hoffe, dass das Landratsamt die Ergebnisse kritisch beäugt“, sagt sie.
Bei der Firma Ladenburger ist man indes sicher, die Grenzwerte nicht überschritten zu haben und rechnet mit einer entsprechenden Genehmigung durch das Landratsamt in den kommenden sechs bis acht Wochen. Das offizielle Verfahren laufe und dann kämen auch noch die vier Wochen Auslegungspflicht für die Genehmigung, sagt Geschäftsführer Steffen Häußlein. Und die Gemeinde wolle man natürlich auch mit im Boot haben.
Von einem Hausverbot will Häußlein nichts wissen. Man habe lediglich gegenüber der Bürgerinitiative ein Betretungsverbot ausgesprochen. Es sei gefährlich, wenn die „halbe Bürgerinitiative nachts während der Messung auf dem Betriebsgelände“herumlaufe. Das Protokoll, das die BI hinsichtlich der Messungen angefertigt hat, bezeichnet Häußlein als „sachlich und fachlich falsch“. Zudem sei man selbstredend jederzeit für Gespräche bereit, so der Geschäftsführer weiter.
Wie Häußlein während der Bürgerversammlung im Februar berichtete, hat die Firma in den vergangenen Monaten mehr als eine Million Euro in den Schallschutz investiert. Neben Schutzwänden in Richtung des Wohngebiets wurden unter anderem der Drehturm und die Gabelstapler gedämmt. Der Bürgerinitiative reicht das nicht. Sie fordert unter anderem die Einhausung besonders lauter Maschinen.