Workouts im Wohnzimmer bald passé
Fitnessstudios dürfen Anfang Juni wieder öffnen, Mitglieder klagen über Rückenbeschwerden und Gewichtszunahme. Die Studios sind trotzdem für die Kunden da
Nördlingen/Oettingen Zwölf Wochen haben sie warten müssen, länger als die Baumärkte und die Gastronomie. Ab 8. Juni dürfen auch Fitnessstudios in Bayern wieder öffnen. Die konkreten Auflagen, unter denen die Studios wieder öffnen dürfen, werden erst in den nächsten Tagen bekannt gegeben.
„Wir freuen uns mit unseren Kunden und sind vorbereitet“, sagt Sebastian Böhme, Junior-Chef des Fitnessstudios Fit for Life in Nördlingen. „Wir haben alle Geräte und das ganze Studio einmal durchdesinfiziert, die Geräte wurden auseinandergestellt, wir haben Spuckschutzwände an der Theke und im Beratungsbereich aufgestellt und ein Wegekonzept mit getrenntem Einund Ausgang umgesetzt.“Wer zum Trainieren kommen möchte, muss nun zuvor ein Zeitfenster online buchen. Im Studio müssen dann die Kontaktstellen der Geräte nach jeder Benutzung desinfiziert werden. Duschen müssen die Kunden aber zu Hause. Während der noch andauernden Schließungsphase bieten die Trainer des Fit for Life in einer geschlossenen Facebook-Gruppe
Live-Sessions für die Mitglieder an. „Das Angebot wird sehr gut angenommen“, sagt Böhme. Die VideoWorkouts seien auch später noch abrufbar und zum Teil auch auf Youtube allgemein zugänglich. Durchschnittlich würden die Videos 200 Mal angesehen. Viele Kunden würden auch die Möglichkeit nutzen, zuhause einmal unbeobachtet Bauch-Beine-Po oder Yoga auszuprobieren. Nur wenige Mitglieder hätten ihren Vertrag gekündigt. „Wir sind den Kunden, die uns im April die Stange gehalten haben, sehr dankbar für die Treue“, sagt der Junior-Chef. Für März buchte das Studio keine Beiträge ab.
Öffnungen wären schon früher vertretbar gewesen
Im Oettinger Fitnessstudio Lißmann habe es Kündigungen von besorgten älteren Mitgliedern gegeben, berichtet Inhaberin Kerstin Lißmann. Sie sei froh, dass sie wieder öffnen darf. „Eine Öffnung wäre aber schon früher vertretbar gewesen“, meint sie, „denn viele der geforderten Hygienemaßnahmen wurden bei uns schon immer eingehalten.“Mehrere Mitglieder hätten ihr von gesundheitlichen Problemen berichtet: Menschen mit Rückenproblemen, weibliche Frustesserinnen, Alkoholkranke, denen der Sport für die psychische Balance fehle. „Viele durch Corona bedingte Krankheiten wie Herz-KreislaufProbleme, Diabetes und Übergewicht werden noch auf uns zukommen“, schätzt Lißmann, „jeder ist froh, wenn er seinen Körper wieder kräftigen kann.“Während der Schließung gibt es auch bei ihr über eine spezielle App Online-LiveKurse mit Ganzkörper-Workouts. Außerdem bietet sie Outdoor-Kurse an, wie zum Beispiel Yoga im Roßfeld. Ihre Kunden würden die Angebote gut annehmen, aber „wir konnten die Reha-Patienten nicht erreichen“, bedauert sie. Oft seien dies ältere Menschen, die mit der digitalen Technik Schwierigkeiten hätten. Deshalb sei es wichtig, dass sie nun wieder Reha-Sport anbieten dürfe. „Krebspatienten und orthopädische Patienten haben enormen Bedarf“, sagt sie.
Im Rieser Kraftwerk finden die täglichen Online-Live-Kurse über Zoom statt, zudem gebe es eine eigene Studio-App mit zusätzlichen Trainingsvideos und -plänen sowie Rezepten, sagt Geschäftsführerin
Fabiola Hopp. Das gesamte Equipment des Studios sei verliehen worden, darunter Bälle, Hanteln und Rudergeräte. Außerdem habe sie „Functional- und Crossequipmentpakete geschnürt“, die neben den Geräten auch Trainingspläne beinhalteten. Outdoor-Kurse werden bei ihr wieder angeboten. „Auch wenn es für uns aufgrund der kleineren Gruppengröße ein doppelt so großer Aufwand ist, freuen wir uns sehr, wieder vor Ort für unsere Kunden da sein zu können“, sagt Hopp. Ihre Kunden bewiesen gerade große Treue gegenüber dem Studio. „Wir haben wirklich unglaubliche Kunden, welche uns so viel positives Feedback und Dankbarkeit für unsere Aktionen schenken. Auch Kunden, die keine Kurse nutzen und nur auf der Fläche trainieren, halten uns tapfer die Stange. Selbst wenn wir für diese gerade leider am wenigsten bieten können“, so Hopp. Außerdem ist sie Kunden in Härtefällen finanziell entgegengekommen, in dem Beiträge ausgesetzt wurden. Wegen der Infektionsgefahr muss sich auch bei ihr niemand allzu große Sorgen machen, denn auch sie hat „ein ausgeklügeltes Schutzkonzept“.