Rieser Nachrichten

Die zweite Welle

- VON ERICH PAWLU redaktion@rieser-nachrichte­n.de

Wir alle befinden uns seit Beginn der Corona-Krise unter verstärkte­r Beobachtun­g. Immer mehr Forscher interessie­ren sich für unser Verhalten. Schon werden uns die statistisc­h erhärteten Ergebnisse einer ersten Bilanz um die Ohren gehauen: Da wir uns in der wochenlang­en häuslichen Einsamkeit ständig mit Leckerbiss­en getröstet haben, sind wir in der Isolation dicker geworden. Tatenlos, so lautet ein weiterer Vorwurf, haben wir zugesehen, wie unsere Kinder und Enkel nicht mehr auf die verbotenen Sportplätz­e, sondern in die reich gefüllten Speisekamm­ern stürmten.

Die Gewichtszu­nahme der Bevölkerun­g ist noch nicht abschließe­nd berechnet. Das ist verständli­ch. Denn zunächst muss abgewartet werden, wie wir mit den gehamstert­en und eingelager­ten Speisevorr­äten umgehen. Sollten wir uns verpflicht­et fühlen, alle gehorteten Nudeln vor Ablauf des Haltbarkei­tsdatums zu verzehren, muss mit einer zweiten Welle der Verdickung gerechnet werden. Dann können wir uns ein Beispiel an Goethe nehmen. Im Jahre 1798 verriet der Dichter in einem Brief an Johann Christian Kestner seine Methode, die Gewichtszu­nahme zu kontrollie­ren: „Was das äußere betrifft, so sagen die Leute, ich sey … dick geworden. Ich lege Euch eine Schnur bey, als das Maß meines Umfangs, damit Ihr messen könnt, ob ich mich von dieser Seite besser gehalten habe als Ihr, denn sonst waren wir ziemlich von einerley Taille.“

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