Rieser Nachrichten

Ärger im Paradies

Am idyllische­n Brombachse­e soll eine gigantisch­e Ferienanla­ge von Center Parcs entstehen. Naturschüt­zer sind entsetzt, Bürger sauer, weil sie lange von nichts wussten. Der Freistaat indes verteidigt das Projekt. Wie geht es nun weiter?

- VON STEPHANIE SARTOR

Langlau Eigentlich ist das Fränkische Seenland ein ziemlich idyllische­s Fleckchen Erde. Ein Naturparad­ies mit Wäldern, die bis ans Ufer reichen, Wiesen, auf denen die Menschen in der Sonne vor sich hindösen, und Booten, die gemächlich durchs blaue Wasser gleiten. Mit derlei Unaufgereg­theit ist es nun aber ein Stück weit vorbei. Der Grund für die schlechte Stimmung: Am Brombachse­e soll eine gigantisch­e Center-Parcs-Ferienanla­ge entstehen. Das Investitio­nsvolumen liegt bei rund 400 Millionen Euro. Etwa 800 Bungalows, Restaurant­s und Schwimmbäd­er sind auf einer Fläche von etwa 150 Hektar geplant – Naturschüt­zer und viele Bürger sind entsetzt.

Eigentümer des ehemaligen Militärgel­ändes in der Nähe von Langlau im Landkreis Weißenburg-Gunzenhaus­en ist derzeit die Bundesanst­alt für Immobilien­aufgaben. Aktuell laufen die Kaufvertra­gsverhandl­ungen.

Einer, der angesichts der Planungen ziemlich fassungslo­s ist, ist Tom Konopka, Regionalre­ferent vom Bund Naturschut­z in Mittelfran­ken. „Das ist alles sehr intranspar­ent. Der Bund Naturschut­z hat keine Gutachten bekommen, und wir durften bislang auch nicht auf das Gelände, um uns ein eigenes Bild zu machen“, sagt Konopka. „Ich würde zum Beispiel gerne wissen, in welchem Zustand der Wald ist, der da gerodet werden soll.“Im großen Stil Bäume zu fällen, die Kohlendiox­id aufnehmen, das könne er angesichts des Klimawande­ls nicht verstehen. Ursprüngli­ch sei das Gelände als Ausgleichs­maßnahme für den Ausbau der A6 vorgesehen gewesen, fährt Konopka fort. „Das, was jetzt geplant ist, ist das genaue Gegenteil.“

Der Klimaaspek­t ist allerdings nicht der einzige Punkt, der ihn stört. Sondern auch die Art, wie die Verantwort­lichen das Projekt aufs Gleis gebracht haben. „Die Verhandlun­gen laufen schon seit zwei Jahren.“Aber erst in diesem Sommer seien die Menschen vor Ort darüber informiert worden, dass das Gebiet privatisie­rt werden soll. Der Bund Naturschut­z hat mit einer

Bürgerinit­iative bereits 5000 Unterschri­ften gegen die Ferienanla­ge gesammelt. „Das ist in dieser dünn besiedelte­n Gegend ziemlich viel“, sagt Konopka.

Viele Bürger befürchten, dass durch die Anlage der Tourismus deutlich zunimmt – schon jetzt klagen viele darüber, dass die Verkehrsbe­lastung teilweise an der Grenze sei. Durch die Ferienanla­ge könnten die Übernachtu­ngszahlen, die Konopka zufolge im Fränkische­n Seenland im vergangene­n Jahr über einer Million lagen, verdoppelt werden.

Eine Prognose, die im bayerische­n Wirtschaft­sministeri­um durchaus Anklang findet. Die geplante Anlage „wäre eine Bereicheru­ng für die touristisc­he Entwicklun­g der Urlaubsreg­ion“, teilt eine Sprecherin des Ministeriu­ms auf Nachfrage unserer Redaktion mit. Mehr Urlaubsgäs­te bedeuteten auch neue Arbeitsplä­tze sowie „positive Nachfragee­ffekte“für den regiona

Einzelhand­el, die Gastronomi­e oder andere Dienstleis­tungen.

Das sehen aber offenbar nicht alle so. Reinhold Huber, Bürgermeis­ter von Pfofeld – zu dieser Gemeinde gehört Langlau – weiß, dass das Projekt nicht bei allen Bürgern gut ankommt. Was er persönlich von der geplanten Ferienanla­ge in der Nähe seiner Gemeinde hält, dazu will er nichts sagen. „Es gibt hier zwei Blöcke. Ich will weder Gegenwind noch Unterstütz­ung bieten.“Er selbst habe im Sommer dieses Jahres erfahren, dass auf dem riesengroß­en Gelände ein Ferienpark entstehen soll.

Andere Gemeindech­efs finden deutlich schärfere Worte als Huber. Udo Weingart, Bürgermeis­ter von Spalt und Mitglied des Zweckverba­ndes Brombachse­e, sagte dem Portal nordbayern.de zufolge bei einer Infoverans­taltung: „Wenn man in einem Gremium sitzt und wichtige Neuigkeite­n aus der Zeitung erfährt, dann ist das eine saublöde Situation.“

Bei Center Parcs sieht man das anders. „Es gab keine Kommunikat­ionsproble­me“, sagt eine Sprecherin. „In der Vorbereitu­ng zur Abgabe eines Angebots für das Grundlen stück bei der Bundesanst­alt für Immobilien­aufgaben fanden erste Abstimmung­sgespräche statt, um ein mögliches Interesse zu erörtern.“Im Anschluss habe sich Center Parcs bei der öffentlich­en Ausschreib­ung beworben, Ende Juli erfuhr der Konzern, dass er der Höchstbiet­ende war. Dann sei auch die Öffentlich­keit informiert worden. Mittlerwei­le sei ein Bürgerbüro eingericht­et worden, wo die Menschen ihre Fragen stellen könnten.

Nach Angaben des bayerische­n Wirtschaft­sministeri­ums erarbeitet Center Parcs zurzeit einen „Masterplan“. Die danach anstehende­n Raumordnun­gs-, Bauleitpla­nungsund Genehmigun­gsverfahre­n werden sich voraussich­tlich über mehrere Jahre erstrecken. Und vor Abschluss dieser Verfahren kann mit dem Bau nicht begonnen werden.

Naturschüt­zer Konopka will derweil weiterkämp­fen. „Für uns ist die Sache noch nicht gegessen.“Ein Verantwort­licher von Center Parcs habe erklärt, dass es mindestens 700 Bungalows sein müssten, sonst sei das Vorhaben nicht wirtschaft­lich. Wenn erreicht werden könnte, dass aus Naturschut­zgründen ein großer Teil des Waldes stehen bleiben müsste und so weniger Unterkünft­e gebaut werden könnten oder man das Unternehme­n dazu verpflicht­en würde, Ausgleichs­flächen zu schaffen, dann wäre das Projekt vielleicht vom Tisch, hofft Konopka.

Es ist übrigens nicht das erste Mal, dass es wegen Center Parcs Ärger gibt. Der Konzern hatte im Herbst 2018 einen Ferienpark bei Leutkirch im Allgäu eröffnet. Doch mit der Anlage gab es von Anfang an Probleme, der Park musste kurz nach der Eröffnung vorübergeh­end wieder schließen. Die Gründe damals: Es gab kein warmes Wasser, die Heizung streikte, die ChipSchlüs­sel funktionie­rten nicht. Nach drei Wochen öffnete die Anlage wieder. Auch wenn sie mittlerwei­le ein Besucherma­gnet ist – Klagen von Gästen gab es immer wieder, vor allem über mangelnde Sauberkeit in den Ferienunte­rkünften. Der Managerpos­ten wurde im Frühling übrigens neu besetzt. Zu den Hintergrün­den der Kündigung des Generalman­agers hatte sich Center Parcs nicht geäußert.

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Foto: Daniel Karmann, dpa Der Brombachse­e in Franken: An diesem Naturidyll will Center Parcs eine große Ferienanla­ge bauen.
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