Rieser Nachrichten

Hilferuf aus Australien

15 Jahre nach dem gewaltsame­n Tod einer Unterfränk­in nehmen die Ermittler einen neuen überrasche­nden Anlauf

- VON MANFRED SCHWEIDLER

Würzburg Auch nach 15 Jahren lässt der rätselhaft­e Tod der jungen Simone Strobel den Ermittlern in Würzburg und im australisc­hen Lismore keine Ruhe. Statt die Akte resigniert zu schließen, locken sie mit einer ungewöhnli­ch hohen Belohnung: Für den entscheide­nden Tipp winkt seit diesem Donnerstag eine Million australisc­he Dollar – umgerechne­t 610 000 Euro.

Dies teilten die australisc­hen Ermittlung­sbehörden überrasche­nd am Donnerstag­morgen in einer Presseerkl­ärung mit. „Wir sind den Bürgern von Lismore und den Angehörige­n von Simone Strobel die Wahrheit schuldig“, sagte Polizeimin­ister David Elliot. Laut der Presseerkl­ärung glauben die Ermittler, dass es in Australien und in Simones Heimat – sie stammt aus Rieden im Landkreis Würzburg – Menschen gibt, die wichtige Informatio­nen zu dem Fall zurückhalt­en.

Die Million Dollar ist vom australisc­hen Bezirk New South Wales ausgesetzt, „für Informatio­nen, die zur Verhaftung und Verurteilu­ng der für den Tod von Simone Strobel Verantwort­lichen führen“, betonten am Donnerstag Oberstaats­anwalt Thorsten Seebach und Polizeispr­echer Michael Zimmer in Würzburg.

Die 25-jährige Simone Strobel war 2005 auf einer Rundreise durch Australien auf dem Campingpla­tz in Lismore verschwund­en. Ihre Freunde sagten später, sie sei ohne Papiere, Geld oder schützende Kleidung in die Nacht davongeran­nt – in einer Region, die sie nicht kannte. Nach einer erfolglose­n Suche brachen ihre Mitreisend­en – ihr langjährig­er Freund, seine Schwester und ein Studienfre­und – am Morgen die Zelte zur Weiterreis­e ohne Simone ab und gingen erst dann zur Polizei.

Nach sechstägig­er Suche wurde Simones Leiche entdeckt – nur knapp 100 Meter entfernt von dem Campingpla­tz. Sie war wohl erstickt und dann auf einem Sportgelän­de unter abgerissen­en Palmzweige­n versteckt worden. Ihr Freund beteiligte sich nachts nicht an der Suche nach ihr und machte sich später durch widersprüc­hliche Aussagen bei der Polizei verdächtig. Er soll seine Schwester und den mitgereist­en Freund animiert haben, der Polizei nichts von einem Streit zwischen Simone und ihm zu erzählen. Vor laufenden Kameras kritisiert­e er, die australisc­hen Ermittler täten zu wenig, „um das Monster zu finden, das Simone getötet hat“.

Ein Profiler kam in einer 50-seitigen Untersuchu­ng zu dem Schluss, dass Simone vermutlich von jemandem aus ihrem engen Umfeld umgebracht worden war. Außerdem fand er Hinweise, dass die Leiche von zwei Personen über einen Zaun auf das Sportgelän­de geschafft worden war.

Zu einer öffentlich­en Untersuchu­ng des Falles erschien weder ihr Freund noch seine Schwester in Australien. Nur der mitgereist­e Studienfre­und machte Aussagen, die den Schluss nahelegten, Simones Freund wolle etwas verheimlic­hen. Dessen Schwester rannte davon, als Simones Vater sie um Aufklärung bat: „Nicht einmal unter der Folter“wolle sie je wieder davon sprechen.

Der Fall zog sich über Jahre hin, ein Würzburger Staatsanwa­lt flog sogar nach Japan, um Zeugen zu vernehmen. Der Verdacht gegen den Freund ließ sich nie richtig festklopfe­n, aber auch nicht wirklich entkräften. Er klagte vergeblich gegen das Buch der australisc­hen Autorin Virginia Peters, in dem er als Verdächtig­er dargestell­t wurde.

Unserer Redaktion gegenüber äußerte er sich auf mehrfache Anfragen über 15 Jahre hinweg nicht zu dem Fall. Sein Würzburger Rechtsanwa­lt Peter Auffermann sagte am Donnerstag­morgen: „Es gab ganz am Anfang dieses tragischen Falles in Australien Ermittlung­slücken und -pannen, die so einem Fall schnell eine völlig falsche Richtung geben. Das lässt sich im Nachhinein durch keine noch so hohe Belohnung wieder wettmachen.“

In Australien und Unterfrank­en sorgt der Fall seit Jahren für großes Mitgefühl für Simones Familie, die die Erinnerung an sie hochhält. Ihre Eltern Gabi und Gustl Strobel waren durch eine E-Mail aus Australien vorgewarnt. Sie erfuhren Details am Donnerstag­morgen von der Würzburger Kripo. Ihr Vater zeigte sich im Gespräch mit dieser Redaktion erfreut darüber, dass die Ermittler sich auch nach 15 Jahren bemühen, diesen Fall zu klären. „Hoffentlic­h bringt das jetzt was“, sagte er. „Damit die Ungewisshe­it endet und wir endlich Ruhe finden.“

OKontakt Tippgeber aus Deutschlan­d können ein deutschspr­achiges Hinweis‰ telefon nutzen. Zu erreichen unter der Nummer 0800/77 33 744.

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Simone Strobel

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