Rieser Nachrichten

Rückständi­g und diskrimini­erend

- VON DAVID HOLZAPFEL redaktion@rieser‰nachrichte­n.de

Was eine Libelle, ein Traumfänge­r und das Wort „Ohana“, hawaiianis­ch für Familie, gemeinsam haben? Diese drei Tattoomoti­ve sind mit ein Grund dafür, dass Lisa Lang, 23, in Nördlingen keine Ausbildung zur Erzieherin machen darf. Die katholisch getragene Fachakadem­ie für Sozialpäda­gogik Maria Stern verwies die junge Frau auf ihre Hausordnun­g und stellte sie vor das Ultimatum: Tattoos verdecken und Gesichtspi­ercings raus, oder Schule verlassen. Lang wollte sich nicht verbiegen und ging. Das Vorgehen der Schule lässt tief blicken. Es ist diskrimini­erend und reaktionär.

Die Zeiten, in denen Erzieher ausschließ­lich weiblich waren und weiß-beschürzt durch die Kindergärt­en hetzten, sind heute vorbei. Dieses altmodisch­e Rollenbild ist vielerorts überwunden. Gerade deshalb wirkt die Hausordnun­g der Nördlinger Fachakadem­ie stellenwei­se wie aus der Zeit gefallen. Punkt 3 regelt dort das weitgehend­e Verbot von Gesichtspi­ercings und sichtbaren großflächi­gen Tattoos. Diese Regel widerspric­ht dem Kern des Erzieher-Berufs: empathisch zu sein und andere so zu akzeptiere­n, wie sie sind.

Verschärfe­nd hinzu kommt, dass der Bedarf an Erzieherin­nen und Erziehern seit Jahren massiv steigt: Im Schnitt ist bundesweit jede zweite Kita-Gruppe zu groß. Die Schulleitu­ng der Fachakadem­ie muss sich im Klaren darüber sein, welche Signalwirk­ung ihre Regeln haben. Ist ein junger, motivierte­r Mensch mit Piercings ein schlechter­er Erzieher? Mitnichten.

Die Nördlinger Fachakadem­ie ist sicherlich keine schlechte. Ihr Angebot ist hochwertig und breit gefächert. Nur sollte es jedem zur Verfügung stehen, ob er oder sie nun Nasenpierc­ings trägt, oder nicht.

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