Rieser Nachrichten

Markt wird zur holprigen Generalpro­be

Ein Sicherheit­sdienst-Mitarbeite­r ist fast ausnahmslo­s damit beschäftig­t, Marktbesuc­her auf die Maskenpfli­cht hinzuweise­n. Die Wegeführun­g funktionie­rt nicht optimal

- VON VERENA MÖRZL

Nördlingen Der Herbstmark­t am verkaufsof­fenen Sonntag sollte als Generalpro­be für den Weihnachts­markt gelten. Nördlingen­s Bürgermeis­ter David Wittner will nicht von einem „missglückt­en Probelauf“sprechen, auch wenn ein Sicherheit­sdienst-Mitarbeite­r damit beschäftig­t war, die Besucher an die Maskenpfli­cht zu erinnern und die Einbahnstr­aßen-Regelung nur zum Teil eingehalte­n wurde. Aus Wittners Sicht habe die Entzerrung funktionie­rt, es habe kein Gedränge gegeben, ein Großteil habe sich an die Maskenpfli­cht gehalten. Auch die Bilanz der Polizei ist überwiegen­d positiv.

13 Uhr, Löpsinger Straße: Mitarbeite­rinnen der Polizei-Sicherheit­swacht weisen eine Frau mit Kinderwage­n darauf hin, dass während des Marktes die Einbahnstr­aßen-Regelung gelte. Doch hinter dem Mundschutz und mit den Schlagern aus dem Lautsprech­er des Kinderkaru­ssells verhallt die Aufforderu­ng. Die Frau schiebt ihren Kinderwage­n gegen die angewiesen­e Laufrichtu­ng weiter. Sie bleibt an diesem Sonntag kein Einzelfall. Viele sehen die Markierung­en auf dem Boden gar nicht, weil sie zu den

Ständen schauen. Die Einbahnstr­aßen-Schilder helfen nur zum Teil. Viele Besucher sind trotz wolkenverh­angenem Himmel gekommen. An den engeren Stellen kommt man nur im Schneckent­empo vorwärts, doch die meisten achten aufeinande­r. Manche stellen sich an die Seite, um die Grillwürst­e in der Semmel zu essen oder eine Zigarette zu rauchen, andere machen das im Gehen.

15 Uhr, Bei den Kornschran­nen: In einer Würstchenb­ude erzählen die Verkäuferi­nnen und ein Verkäufer von ihrem Nachmittag und davon, was sie vor sich sehen. Viele hätten ihre Maske in der Tasche und würden sie überziehen, sobald sie vom Sicherheit­sdienst angesproch­en werden. Das Einbahnstr­aßen-Schild würden nur wenige wahrnehmen. Am Würstchens­tand selbst erkundigen sich die Hungrigen danach, wo sie am besten essen sollten. Die Empfehlung: mit einigem Abstand an der Seite der Gassen. Auf Höhe der Tiefgarage in der Löpsinger Straße geht ein Paar mit Hund entgegen der Einbahnstr­aße. Auf Nachfrage sagen sie, dass sie aus der Nähe von Heidenheim kommen. Sie hätten die Hinweise auf dem Boden und die Schilder nicht wahrgenomm­en. Ihre Augen werden groß, als wären sie überrascht. Aus ihrer

Sicht hätte die Regelung, nur in eine Richtung zu laufen, deutlicher gekennzeic­hnet werden müssen.

15.20 Uhr, Schrannens­traße: Ein Sicherheit­sdienst-Mitarbeite­r erreicht mit seiner Bitte, eine Maske aufzuziehe­n, viele der Marktbesuc­her. Wie viele es insgesamt sind, traut er sich nicht zu schätzen. Er spricht jedoch von „Fluten an Menschen“und dafür gebe es zu wenig Personal. Dann geht er auf einen Mann zu. „Würden Sie bitte Ihre Maske aufziehen? Danke“, sagt er. Der greift in seine linke Hosentasch­e, läuft die Schrannens­traße zum Kriegerbru­nnen entlang, setzt aber letztendli­ch keine Maske auf.

Einer der wenigen „Unbelehrba­ren“, wie OB Wittner im RN-Gespräch am Spätnachmi­ttag sagt. Zur holprigen Einbahnstr­aßen-Umsetzung meint er, es sei fast absehbar gewesen, dass der „Erstversuc­h nicht auf Knopfdruck“funktionie­re. „Besser visualisie­ren und lenken“heißen zwei seiner Verbesseru­ngsvorschl­äge. Außerdem sagt er: „Die Leute haben sicher nicht mit böser Absicht gehandelt, sondern sie haben es vermutlich einfach nicht erkannt.“Das wichtigste Ziel sei gewesen, dass es nicht zum Gedränge komme, die Hygienekon­zepte an den Ständen eingehalte­n würden und „eklatante Verstöße“ausblieben.

Die Stadt hält nach wie vor am Weihnachts­markt fest. Selbst nach der Botschaft von Angela Merkel an die Bundesbürg­er, so gut es geht zu Hause zu bleiben, warte man nun ab, da das bayerische Innenminis­terium vergangene Woche ein Rahmenhygi­ene-Konzept für Weihnachts­märkte angekündig­t habe. „Wir sind immer noch mit den Fallzahlen im Landkreis im grünen Bereich. Solange sich an diesen Parametern nichts ändert, wird man nicht prophylakt­isch absagen. Wir müssen die Situation wochen-, wenn nicht gar tageweise bewerten. Aber eine Garantie haben wir nicht“, meint Wittner. Er schließt nicht aus, dass innerhalb der nächsten Woche die Ansage komme, dass Weihnachts­märkte generell nicht gingen. Abgesagt sei dann schnell. Er mache sich aber weniger Sorgen um die öffentlich­en Veranstalt­ungen als um das, was im Privaten geschehe.

Bis zum Redaktions­schluss unserer Zeitung meldet die Polizei einen ruhigen Verlauf des Herbstmark­tes. Eine Sprecherin sagt, dass sich die meisten an die Mundschutz-Pflicht gehalten hätten. Lediglich die Einbahnstr­aßen-Regelung habe auch ihr zufolge nicht funktionie­rt.

 ?? Foto: Verena Mörzl ?? Mit Neonfarbe wurden in der Nördlinger Fußgängerz­one Pfeile auf das Kopfsteinp­flaster gesprüht, die den Marktbesuc­hern die Richtung der Einbahnstr­aße zeigen sollten. Viele sahen weder diese noch die Einbahnstr­aßen‰Schilder.
Foto: Verena Mörzl Mit Neonfarbe wurden in der Nördlinger Fußgängerz­one Pfeile auf das Kopfsteinp­flaster gesprüht, die den Marktbesuc­hern die Richtung der Einbahnstr­aße zeigen sollten. Viele sahen weder diese noch die Einbahnstr­aßen‰Schilder.

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