Die Kirche und das Geschlechterverhältnis
Der Katholische Frauenbund hält die Autorinnenlesung „Kickt die Kirche aus dem Koma“. Jacqueline Straub referiert kurzweilig und mit viel Humor. Es geht unter anderem über die Vorurteile gegenüber Frauen als Pfarrerin
Nördlingen Auf großes Interesse ist die vom Katholischen Deutschen Frauenbund (KDFB) am Dienstagabend in der Alten Schranne veranstaltete Lesung mit der Theologin, Journalistin und Autorin Jacqueline Straub gestoßen. Unter Einhaltung der Corona-Vorgaben war der Saal mit mehr als sechzig Personen voll besetzt. Begrüßt wurden die Anwesenden durch die Diözesanvorsitzende Ulrike Stowasser, die sich freute, dass auch einige Männer – darunter Landrat Stefan Rößle – ihren Weg in den Saal gefunden hatten. Bevor Stowasser ihren Gast begrüßte, stellte sie kurz die im März 2019 gestartete bundesweite Kampagne „bewegen!“des KDFB vor. Thematisiert worden seien bisher Lohngerechtigkeit, Frauensolidarität, Verantwortung und Glaube. Mit der Veranstaltung am Dienstag befänden sie sich im letzten Schwerpunktthema, so Stowasser, der Weihe.
Voll Elan und mit einem fröhlichen Lächeln trat dann die Autorin Jacqueline Straub vor ihre Zuhörerinnen und Zuhörer. Mit schwungvoller Stimme begann sie ihren Vortrag
mit einem Satz des Heiligen Augustinus: „In Dir muss brennen, was Du in anderen entzünden willst.“Entlang ihrer Kindheitsund Jugenderfahrungen erzählte sie, wie sie zu dem „Brennen im Herzen“kam, das sie an ihrem Wunsch festhalten lässt, Priesterin zu werden.
Als Kind habe sie erlebt, von ihrer Kirche nicht angenommen zu werden, da ihr Pfarrer kinderfeindlich und ihre Religionslehrerin streng gewesen sei. Erst als Teenagerin und nach dem Umzug in eine andere Kirchengemeinde habe sie die Freude am Glauben kennengelernt. So habe sie mit fünfzehn Jahren gespürt, dass sie Priesterin werden wolle, jedoch als Katholikin auch gewusst, dass sie das nicht durfte. Doch ihr „Brennen im Herzen“wurde nicht weniger und sie wollte auch nicht evangelisch werden.
So folgte sie dem Rat eines Priesters und studierte Theologie, um zu lernen, was für und was gegen eine Frau als Priesterin spricht. Als Gegenargumente wurden ihr genannt: Frauen seien unrein, anfällig für Depressionen, aber auch zu geschwätzig, weshalb das Beichtgeheimnis bei ihnen keines bliebe. Auch das Argument der Tradition lässt sie als studierte Theologin gut begründet nicht gelten. Dazu beschreibt sie in ihrem aktuellen Buch „Kickt die Kirche aus dem Koma“, dass ein Verhalten, für das es einmal Gründe gab, nicht auf Dauer unhinterfragt gelten dürfe. Nach einer Frage aus dem Publikum zu dem Verhältnis von Priestertum und Heirat – sie ist verheiratet – erklärte sie die Entstehung des Zölibats. Dieses wurde im 12. Jahrhundert aus politischen Gründen eingeführt, um zu verhindern, dass die Priester ihre Güter an ihre Söhne weiter vererben und damit das Vermögen der Kirche schwindet. Straub sagte, sie sei ihre Ehe auch deshalb eingegangen, weil sie fest davon überzeugt sei, dass die Kirche spätestens zeitgleich mit der Einführung der Weihe zur Priesterin das Zölibat aufhebe.
Straub benannte als ihre größte Befürchtung, dass es in zwanzig Jahren keine jungen Menschen mehr in der römisch-katholischen Kirche gäbe. Sie hätte eine Umfrage durchgeführt, nach der es jungen Menschen schwerfällt, sich mit der Kirche zu identifizieren, da die Emanzipation fehle, Priester nicht heiraten dürften, die Missbrauchsfälle erschrecken und eine unaufrichtige Sexualmoral herrsche. Deshalb treffe für sie der Begriff „Glaubenskrise“nicht zu, sie nenne es „Kirchenkrise“.
Mit schönen Beispielen und viel Humor gelang Straub ein kurzweiliger Vortrag, der deutlich machte, dass sie die katholische Kirche von unten erneuern möchte. Dabei fand sie auch Argumente gegen die verbreitete Befürchtung, dass die Weltkirche daran auseinanderbrechen könnte. Denn ihre Gespräche hätten das Gegenteil gezeigt. Als Beispiel führte sie einen afrikanischen Diakon an, der ihr erklärte, dass sich in Afrika der Staat an der Kirche orientiere. Wenn diese die Gleichberechtigung einführe, würde dies auch staatliche Stabilität bringen und letztendlich zum Friedensprozess beitragen.
Nach einer Fragerunde aus dem Publikum, in dem auch ihr Konzept für Jugendarbeit und das Verhältnis zwischen Papst und Vatikan thematisiert wurde, bedankte sich die Bezirksleiterin des katholischen Frauenbundes im Bezirk Nördlingen Donauwörth, Sieglinde Kempter, bei Jacqueline Straub für ihren engagierten Vortrag mit einer Nördlingen-Tasse, gefüllt mit Schokolade.