Rieser Nachrichten

Ein neues Zentrum für das Wemdinger Viertel?

Das einwohners­tärkste Viertel der Stadt hat keinen natürliche­n Mittelpunk­t. Die Kirchen wollen das ändern. Warum die Stadt dabei unter einem enormen Zeitdruck steht

- VON PHILIPP WEHRMANN

Die Nördlinger Kirchenver­treter treiben das Projekt voran. Warum die Stadt dabei unter einem enormen Zeitdruck steht.

Nördlingen Die Nördlinger Kirchen wollen aus dem Areal um St. Josef ein Zentrum des Wemdinger Viertels machen. Oberbürger­meister David Wittner unterstütz­t das Anliegen im Grunde. Geplant sind, dass sich neben der Kirche künftig ein Quartiersz­entrum mit einem vielfältig genutzten Saal, ein Neubau für die Kita St. Josef, ein Hort und ein Hospiz befinden sollen. Doch auf dem möglichen Großprojek­t lastet ein großer Zeitdruck – ein sehr großer. Genauer: Vergangene­n Donnerstag wurde das Projekt dem Stadtrat erstmals vorgestell­t, am Freitag muss die Stadt beim Bund einen Antrag eingereich­t haben.

Die Ideen eines Zentrums in dem Viertel reichten zurück in die Amtszeiten mehrerer Nördlinger Oberbürger­meister, sagte Wittner in der Stadtratss­itzung. Die Stadt sehe einen großen Bedarf, die Kitaplätze in St. Josef auszubauen. Das habe auch der Stadtrat bereits 2019 festgestel­lt. Die Einrichtun­g werde von zwölf Krippenplä­tzen und 25 Regelplätz­en auf 24 Krippenplä­tze und 75 Regelplätz­e aufgestock­t. Deshalb dränge auch in dieser Beziehung die Zeit.

Nördlingen­s katholisch­er Stadtpfarr­er Benjamin Beck präsentier­te die Ergebnisse einer Machbarkei­tsstudie. Ein Hort sei für die Kirchensti­ftung, den Träger der Kindertage­sstätte, sehr wichtig. Die drei Kitas der katholisch­en Pfarreieng­emeinschaf­t verfügten alle nicht über angegliede­rte Hortplätze. Die ausscheide­nden Kinder fänden deshalb oft keine Hortplätze, weil in anderen Einrichtun­gen andere Kinder häufig Vorrang hätten. Vorübergeh­end könnte im bestehende­n Pfarrhaus zum 15. Februar ein provisoris­cher Hort eingericht­et werden, sagte der Pfarrer. Die frühere Idee eines Jugendwohn­heims habe sich zerschlage­n.

Die Pflegestat­ion St. Vinzenz sei interessie­rt, auf dem Areal ihren ambulanten Pflegedien­st zu betreiben, ergänzte Beck. Die Lage außerhalb der Altstadt biete sich an, da dort der notwendige regelmäßig­e Autoverkeh­r besser aufgehoben sei.

Problemati­sch sei, dass das bestehende Pfarrhaus Denkmalsch­utz genieße, weil es nach Ansicht der Verantwort­lichen ein Ensemble mit der Kirche bilde. Dazu liefen Gespräche. Das vorgelegte Konzept für das Areal, das im Rahmen einer Machbarkei­tsstudie erarbeitet wurde, sieht einen Abriss des Gebäudes vor.

An seiner Stelle befände sich dann das eigentlich­e Quartiersz­entrum mit einem von der Allgemeinh­eit und kirchlich genutzten Räumen, einem Saal und der Sozialstat­ion. Auf einem bisher unbebauten Platz befände sich die neue Kita mit Hort – dadurch könnte der alte in Betrieb bleiben, bis der neue steht. An der Stelle des alten Kindergart­ens würde dann das Hospiz gebaut werden.

Dieses präsentier­te der evangelisc­he Dekan Gerhard Wolfermann dem Stadtrat. Das Gebäude müsste ebenerdig sein, weil dies für ein Hospiz notwendig sei. Es erstrecke sich über etwa 800 Quadratmet­er Grund und biete acht Plätze. Das sei der Bedarf, für den die Krankenkas­sen bereits Zustimmung signalisie­rt hätten.

Knackpunkt ist bisher die Finanzieru­ng des Gebäudes. Es sei refinanzie­rbar, aber nur über 25 bis 30 Jahre. Deshalb sei es für private Investoren uninteress­ant. Nun suche man andere – etwa die Kirchen und die Stadt.

Auf die Frage aus dem Gremium, ob der Lärm einer Kita in unmittelba­rer Nachbarsch­aft eines Hospiz wünschensw­ert sei, antwortet der Dekan entschiede­n, dass Sterbende nicht von der Außenwelt isoliert werden sollen. Ein Hospiz dürfe nicht an eine Klinik angegliede­rt sein. Es sei auf dem Gelände von St. Josef sehr gut aufgehoben.

Oberbürger­meister David Wittner betonte, man befinde sich in einem Spannungsf­eld. Auf der einen Seite benötige man einen Gesamtplan für das Grundstück – auf der anderen Seite dränge die Zeit zu sehr. Das gemeinscha­ftlich genutzte Gebäude, das das Pfarrhaus ersetzen soll, käme für dieselbe Förderung infrage, die beim Hallenbad zum Tragen kommt. Dafür sei aber am kommenden Freitag Bewerbungs­schluss. Kämmerer Bernhard Kugler ergänzte, man müsse nachweisen, dass ein Neubau wirtschaft­licher sei als eine Sanierung. Diese Zahlen bereite man nun für den Förderantr­ag vor. Wittner verglich die Kosten des Projekts mit denen des Hallenbads. Zur Einordnung: Das Grundmodul des Bads kostet 14,4 Millionen Euro, die priorisier­te Sauna 3,7 Millionen Euro.

Wolfermann betonte, es sei dringend notwendig, in Nördlingen einen Ort zu schaffen, an dem Sterbende in Würde begleitet würden. Derzeit sei das nächstgele­gene Hospiz in Ellwangen. Mehrere ehrenamtli­che Organisati­onen engagierte­n sich für die Vorhaben, wie beide Geistliche­n betonten.

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