Rieser Nachrichten

Die Königin ist tot, es lebe die Königin

Diana Damrau legt mit den drei Schwanenge­sängen aus Donizettis Tudor-Opern ein neues Album vor

- VON RÜDIGER HEINZE

Es war abzusehen gewesen, und nun ist es auch so gekommen: Als die an dieser Stelle nicht mehr vorzustell­ende Diana Damrau im April 2018 am Opernhaus Zürich ihr szenisches Rollendebü­t als Maria Stuarda in Donizettis gleichnami­ger Oper gegeben hatte, sprach sie – sich noch ein wenig bedeckt haltend – gegenüber unserer Redaktion von ihrer Hoffnung, weitere Ausflüge in die großen tragischen Belcanto-Partien machen zu können.

An was da – neben der Norma – in ihrem Fall als Erstes gedacht wird, ist klar: an Donizettis sogenannte Tudor-Opern-Trias, in der drei Königinnen von der Insel wohlklinge­nd-verstörend das letzte Stündlein schlägt, also eben Maria Stuarda, dazu Anne Boleyn in „Anna Bolena“sowie Elizabeth I. in „Roberto Devereux“. Größte Stimmen haben es vorgemacht – von Maria Callas über die Sutherland und Beverly Sills bis hin zur Gruberova.

Und nun also erobert sich tatsächlic­h auch die schwäbisch­e Nachtigall Diana Damrau das Terrain Schritt für Schritt, indem sie ein Album mit den letzten Auftritten der drei todgeweiht­en Königinnen vorlegt – gefolgt von einer Tournee mit ihrem Mann Nicolas Testé und dem thematisch passenden Konzeptpro­gramm namens „Royal Affairs“, die allerdings für die ursprüngli­ch geplante Station München schon wieder abgesagt sind. Dort keine Homestorys aus Palästen des Blaubluts, dafür in Baden Baden, Hamburg, Dortmund, Paris.

Während Heinrich VIII. die Anna Boleyn auf dem Gewissen hat, half handschrif­tlich bekannterm­aßen Elizabeth I., die Schottenkö­nigin Maria Stuart unters Fallbeil zu bringen. Elizabeth I. schließlic­h stirbt den mildesten Tod: Abdankung, Schwächean­fall, Zusammenbr­uch.

Es gehört zur Wirkkraft auch des neuen Damrau-Albums, dass hier ein weiterhin jugendlich aufscheine­nder hoher Sopran die böse Tragik dreier Schwanenge­sänge verstärkt. So jung sterben zu müssen… Aber die Damrau, nächstes Jahr immerhin schon 50 Jahre alt, stirbt durchaus nicht nur mädchenhaf­tergeben mit geölt-gepflegtem Belcanto-Sopran. Sie zeigt geboten auch reifere Züge und ambivalent­e Stimmungsl­agen: Als Elizabeth I. ist sie in „Roberto Devereux“hin- und hergerisse­n zwischen Vergebungs­willen, Staatsräso­n, Ärger und Rachegefüh­len; als Maria Stuarda bietet sie auch Disziplin und Gefassthei­t auf – und, quasi als Triumph über den Tod, ein abschließe­ndes hohes D; als Anna Bolena fasziniert sie wahnhaft-entrückt, gleichsam: fragil.

Aufgenomme­n wurde das Album im Sommer 2019 in Rom, zusammen mit dem Chor und dem Orchester der Accademia Nazionale di Santa Cecilia unter Antonio Pappano – wodurch italienisc­hes Donizetti-Temperamen­t auch genuin garantiert ist. Es herrscht mit Attacke ein Sog hin zu dem Exitus dreier gekrönter Häupter.

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Foto: Ulrich Wagner Opern‰Star Diana Damrau hat ein Album aufgenomme­n, in dem sie Ausflüge in die großen tragischen Belcanto‰Partien unternimmt.

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