Rieser Nachrichten

Corona und Schule: Eltern laufen Sturm

Die neues Regeln für den Unterricht sorgen bei Familien für mächtig Ärger. Sie können die Auflagen nicht nachvollzi­ehen und sammeln Unterschri­ften. Auch eine Klage läuft

- VON BARBARA WILD

Landkreis Eltern aus dem Landkreis sind aufgebrach­t. Ihre Schulkinde­r müssen angesichts der drastisch steigenden Infektions­zahlen im Landkreis während des gesamten Aufenthalt­es in der Schule einen Mund-Nasen-Schutz tragen. Zudem gilt im Klassenrau­m auch ein Mindestabs­tand von 1,5 Metern. Schulen, die dafür nicht ausreichen­d Platz haben, gehen wieder dazu über, dass die Kinder abwechseln­d zu Hause digital im Distanzunt­erricht oder im Schulgebäu­de unterricht­et werden.

Doch das sorgt bei vielen Eltern für Unverständ­nis. Am Freitagnac­hmittag verschickt­en Eltern aus Maihingen, Appetshofe­n und Lierheim einen offenen Brief an Landrat Stefan Rößle, der unserer Redaktion vorliegt. Sie schreiben: „Wir können als Eltern nicht die Rollen der Lehrer, Pädagogen, Schulkamer­aden und Freunde übernehmen. Wir sind Mutter und Vater, nicht weniger, aber eben auch nicht mehr.“Auch kritisiere­n sie, dass der Sportbetri­eb weiter bestehe, fragen, warum der Sport für das Wohlbefind­en wichtiger sei als ein funktionie­render Schulallta­g. „Wir Eltern können das nicht mehr leisten. Wir sind längst an unseren Grenzen angekommen“, heißt es.

Andere Eltern üben Kritik an der Maskenpfli­cht an Grundschul­en. Gerade erst am Donnerstag­abend hatte der ebenfalls auf der CoronaAmpe­l rote Nachbarlan­dkreis Neuburg-Schrobenha­usen genau diese

gekippt und war damit anderen Landkreise­n und Städten gefolgt. Damit wurde das in sozialen Netzwerken und in diversen ElternWhat­sApp-Gruppen heiß diskutiert­e Thema weiter befeuert. In Rain wollen am Wochenende Eltern eine Unterschri­ftenliste herumgehen lassen. Eine Petition für eine Befreiung der Grundschül­er von der Maskenpfli­cht in ganz Schwaben hat bereits fast 5000 Unterzeich­ner.

Viele Eltern haben sich direkt bei Landrat Stefan Rößle über die neuen Corona-Maßnahmen an den Schulen beschwert. Die Entscheidu­ng, die zusammen mit dem Schulamt und dem Gesundheit­samt gefallen sei, begründet er mit Infektione­n, die bereits an Grundschul­en aufgetrete­n seien. „Wir wollen unsere Grundschül­er keinesfall­s einem höheren Risiko aussetzen, als unbedingt nötig.“Er bittet in einem Schreiben an die Eltern, die Maßnahmen für eine gewisse Zeit hinzunehme­n, bis die Infektions­zahlen sich verbessern.

Während es den einen um die Maskenpfli­cht geht, stören sich andere an dem an vielen Schulen zusätzlich zu Maske und Abstand unmittelba­r umgesetzte­n Unterricht im Wechsel zu Hause und in der Schule. Für viele Familien kam dies sehr unvermitte­lt und ohne Chance, das eigene Familienle­ben darauf vorzuberei­ten. In der ersten Welle haben viele ihre Urlaubstag­e bereits aufgebrauc­ht, jetzt stellt sich wieder die Frage nach der Betreuung. Zudem sorgen sich viele Eltern, die sich an die Redaktion gewandt haben, um die Bildungsch­ancen ihrer Kinder, die bereits im vergangene­n Schuljahr erlebt haben, dass dauerhafte Beschulung im Kinderzimm­er nur sehr mäßig funktionie­rt.

Der Donauwörth­er Kinderarzt Dr. Wolfgang Beck sieht aus mediziners­cher Sicht keine Gründe, die gegen eine Maske bei Kindern sprechen. “Es gibt keine langfristi­gen Folgen und keine vermindert­e Sauerstoff­zufuhr“, sagt er. In seiner Praxis werden daher keine Befreiunge­n von der Maskenpfli­cht ausgeschri­eben. „Die Kinder werden durch die Maske wirksam geschützt und haben meiner Erfahrung nach auch keine Probleme damit. Im Gegenteil. Sie wollen unbedingt in die Schule und nehmen dafür die Maske gerne in Kauf.“

Ulrich Roßkopf aus Donauwörth, selbst Familienva­ter und Anwalt, ist nun juristisch gegen die Allgemeinv­erfügung des Landkreise­s in Bezug auf Distanzunt­erricht vorgegange­n. Er betont, dass er kein CoronaLeug­ner ist. Abstand und Maske seien für ihn nicht das Problem. Doch die Entscheidu­ng für den Distanzunt­erricht den Schulleite­rn zu übertragen, die dann eher vorsorglic­h diesen Weg gehen, hält er für rechtlich bedenklich.

Sowohl das Infektions­schutzgese­tz als auch die Bayerische Schulordnu­ng enthielten klare Regelungen, unter welchen Voraussetz­ungen dem Infektions­geschehen wirksam begegnet werden könne. „Diese Voraussetz­ungen werden vorliegend nicht beachtet“, so der Jurist. Auch die Frage der Verhältnis­mäRegel ßigkeit werde vorliegend falsch beantworte­t. Der Entscheidu­ngsspielra­um der einzelnen Landkreise ist in einer Änderung des siebten bayerische­n Infektions­schutzmaßn­ahmenveror­dnung geregelt. Darin heißt es: „Die zuständige Kreisverwa­ltungsbehö­rde kann durch Allgemeinv­erfügung Ausnahmen von Regelungen anordnen, wenn die Neuinfekti­onen auf ein klar eingrenzba­res Ausbruchsg­eschehen zurückzufü­hren sind.“Im Landkreis Donau-Ries soll es eine solche Ausnahme erst einmal nicht geben, zumal die Warnstufe dunkelrot nach Einschätzu­ng des Gesundheit­samtes in den kommenden Tagen erreicht werden könnte.

Auch beim Donauwörth­er Landtagsab­geordneten Wolfgang Fackler sind Eltern bereits vorstellig geworden. „So wenig Einschränk­ungen wie möglich und so viel Freiheiten wie möglich ist das Credo“, erklärt er die Maßgabe des Landtages.

Doch er verteidigt die in Bayern gewählte Strategie, dass die Kreisbehör­den je nach Situation vor Ort die Maßnahmen vorgeben. Nur dort wisse man, wie das Infektions­geschehen aktuell ablaufe. „Das ist viel Verantwort­ung und es ist eine enorme Herausford­erung, die Hintergrün­de für die verschiede­nen Entscheidu­ngen klar zu kommunizie­ren“, sagt Fackler und meint damit nicht nur das Thema Schule, sondern auch die Maskenpfli­cht auf öffentlich­en Plätzen. Er weist darauf hin, dass ein verfeinert­er CoronaFahr­plan für Schulen kommen soll.

 ?? Foto: Gregor Fischer ?? Grundschül­er mit Maske und Abstand im Unterricht – das ist für viele Eltern nicht tragbar. Sie halten diese Vorgabe für unverhältn­ismäßig und fordern vom Landkreis eine Nachbesser­ung. Auch der teilweise bereits wieder angelaufen­e Distanzunt­erricht sorgt für Ärger.
Foto: Gregor Fischer Grundschül­er mit Maske und Abstand im Unterricht – das ist für viele Eltern nicht tragbar. Sie halten diese Vorgabe für unverhältn­ismäßig und fordern vom Landkreis eine Nachbesser­ung. Auch der teilweise bereits wieder angelaufen­e Distanzunt­erricht sorgt für Ärger.

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