Corona und Schule: Eltern laufen Sturm
Die neues Regeln für den Unterricht sorgen bei Familien für mächtig Ärger. Sie können die Auflagen nicht nachvollziehen und sammeln Unterschriften. Auch eine Klage läuft
Landkreis Eltern aus dem Landkreis sind aufgebracht. Ihre Schulkinder müssen angesichts der drastisch steigenden Infektionszahlen im Landkreis während des gesamten Aufenthaltes in der Schule einen Mund-Nasen-Schutz tragen. Zudem gilt im Klassenraum auch ein Mindestabstand von 1,5 Metern. Schulen, die dafür nicht ausreichend Platz haben, gehen wieder dazu über, dass die Kinder abwechselnd zu Hause digital im Distanzunterricht oder im Schulgebäude unterrichtet werden.
Doch das sorgt bei vielen Eltern für Unverständnis. Am Freitagnachmittag verschickten Eltern aus Maihingen, Appetshofen und Lierheim einen offenen Brief an Landrat Stefan Rößle, der unserer Redaktion vorliegt. Sie schreiben: „Wir können als Eltern nicht die Rollen der Lehrer, Pädagogen, Schulkameraden und Freunde übernehmen. Wir sind Mutter und Vater, nicht weniger, aber eben auch nicht mehr.“Auch kritisieren sie, dass der Sportbetrieb weiter bestehe, fragen, warum der Sport für das Wohlbefinden wichtiger sei als ein funktionierender Schulalltag. „Wir Eltern können das nicht mehr leisten. Wir sind längst an unseren Grenzen angekommen“, heißt es.
Andere Eltern üben Kritik an der Maskenpflicht an Grundschulen. Gerade erst am Donnerstagabend hatte der ebenfalls auf der CoronaAmpel rote Nachbarlandkreis Neuburg-Schrobenhausen genau diese
gekippt und war damit anderen Landkreisen und Städten gefolgt. Damit wurde das in sozialen Netzwerken und in diversen ElternWhatsApp-Gruppen heiß diskutierte Thema weiter befeuert. In Rain wollen am Wochenende Eltern eine Unterschriftenliste herumgehen lassen. Eine Petition für eine Befreiung der Grundschüler von der Maskenpflicht in ganz Schwaben hat bereits fast 5000 Unterzeichner.
Viele Eltern haben sich direkt bei Landrat Stefan Rößle über die neuen Corona-Maßnahmen an den Schulen beschwert. Die Entscheidung, die zusammen mit dem Schulamt und dem Gesundheitsamt gefallen sei, begründet er mit Infektionen, die bereits an Grundschulen aufgetreten seien. „Wir wollen unsere Grundschüler keinesfalls einem höheren Risiko aussetzen, als unbedingt nötig.“Er bittet in einem Schreiben an die Eltern, die Maßnahmen für eine gewisse Zeit hinzunehmen, bis die Infektionszahlen sich verbessern.
Während es den einen um die Maskenpflicht geht, stören sich andere an dem an vielen Schulen zusätzlich zu Maske und Abstand unmittelbar umgesetzten Unterricht im Wechsel zu Hause und in der Schule. Für viele Familien kam dies sehr unvermittelt und ohne Chance, das eigene Familienleben darauf vorzubereiten. In der ersten Welle haben viele ihre Urlaubstage bereits aufgebraucht, jetzt stellt sich wieder die Frage nach der Betreuung. Zudem sorgen sich viele Eltern, die sich an die Redaktion gewandt haben, um die Bildungschancen ihrer Kinder, die bereits im vergangenen Schuljahr erlebt haben, dass dauerhafte Beschulung im Kinderzimmer nur sehr mäßig funktioniert.
Der Donauwörther Kinderarzt Dr. Wolfgang Beck sieht aus medizinerscher Sicht keine Gründe, die gegen eine Maske bei Kindern sprechen. “Es gibt keine langfristigen Folgen und keine verminderte Sauerstoffzufuhr“, sagt er. In seiner Praxis werden daher keine Befreiungen von der Maskenpflicht ausgeschrieben. „Die Kinder werden durch die Maske wirksam geschützt und haben meiner Erfahrung nach auch keine Probleme damit. Im Gegenteil. Sie wollen unbedingt in die Schule und nehmen dafür die Maske gerne in Kauf.“
Ulrich Roßkopf aus Donauwörth, selbst Familienvater und Anwalt, ist nun juristisch gegen die Allgemeinverfügung des Landkreises in Bezug auf Distanzunterricht vorgegangen. Er betont, dass er kein CoronaLeugner ist. Abstand und Maske seien für ihn nicht das Problem. Doch die Entscheidung für den Distanzunterricht den Schulleitern zu übertragen, die dann eher vorsorglich diesen Weg gehen, hält er für rechtlich bedenklich.
Sowohl das Infektionsschutzgesetz als auch die Bayerische Schulordnung enthielten klare Regelungen, unter welchen Voraussetzungen dem Infektionsgeschehen wirksam begegnet werden könne. „Diese Voraussetzungen werden vorliegend nicht beachtet“, so der Jurist. Auch die Frage der VerhältnismäRegel ßigkeit werde vorliegend falsch beantwortet. Der Entscheidungsspielraum der einzelnen Landkreise ist in einer Änderung des siebten bayerischen Infektionsschutzmaßnahmenverordnung geregelt. Darin heißt es: „Die zuständige Kreisverwaltungsbehörde kann durch Allgemeinverfügung Ausnahmen von Regelungen anordnen, wenn die Neuinfektionen auf ein klar eingrenzbares Ausbruchsgeschehen zurückzuführen sind.“Im Landkreis Donau-Ries soll es eine solche Ausnahme erst einmal nicht geben, zumal die Warnstufe dunkelrot nach Einschätzung des Gesundheitsamtes in den kommenden Tagen erreicht werden könnte.
Auch beim Donauwörther Landtagsabgeordneten Wolfgang Fackler sind Eltern bereits vorstellig geworden. „So wenig Einschränkungen wie möglich und so viel Freiheiten wie möglich ist das Credo“, erklärt er die Maßgabe des Landtages.
Doch er verteidigt die in Bayern gewählte Strategie, dass die Kreisbehörden je nach Situation vor Ort die Maßnahmen vorgeben. Nur dort wisse man, wie das Infektionsgeschehen aktuell ablaufe. „Das ist viel Verantwortung und es ist eine enorme Herausforderung, die Hintergründe für die verschiedenen Entscheidungen klar zu kommunizieren“, sagt Fackler und meint damit nicht nur das Thema Schule, sondern auch die Maskenpflicht auf öffentlichen Plätzen. Er weist darauf hin, dass ein verfeinerter CoronaFahrplan für Schulen kommen soll.