Rieser Nachrichten

CDU streitet über Parteitag in Corona‰Zeiten

Kandidat Laschet hält Treffen für unverantwo­rtlich, sein Konkurrent Merz für unverzicht­bar

- VON BERNHARD JUNGINGER

Berlin Soll die CDU ihren Parteitag mit gut 1000 Teilnehmer­n trotz der gespannten Corona-Lage abhalten? Darüber wird das Präsidium der Partei an diesem Montag beraten. In der Frage steckt viel Zündstoff. Denn nach den bisherigen Plänen soll am 4. Dezember in Stuttgart ein neuer Parteivors­itzender gewählt werden, der dann sehr wahrschein­lich auch Kanzlerkan­didat werden dürfte. Absagen und verschiebe­n fordern die einen, während die anderen an dem Termin nicht rütteln wollen.

Zuletzt wurde nach Informatio­nen unserer Redaktion allerdings die Gruppe derer immer größer, die sich für einen Vorschlag ausspreche­n, der statt einer großen Zusammenku­nft mehrere kleinere Veranstalt­ungen vorsieht. CDU-Generalsek­retär Paul Ziemiak hat demnach das Konzept einer „dezentrale­n Veranstalt­ung“ausgearbei­tet. Das heißt, die Partei würde sich nicht wie bisher geplant mit 1001 Delegierte­n in Stuttgart treffen, sondern den Parteitag auf mehrere Standorte verteilen. Jeweils 100 bis 200 Delegierte würden in acht bis zehn Hallen im ganzen Bundesgebi­et zusammenko­mmen.

Per Video würden die Reden der drei Bewerber für den Parteivors­itz in alle Hallen übertragen. Der Vorsitzend­e könnte anschließe­nd an jedem einzelnen Standort unter notarielle­r Aufsicht gewählt werden. Die Einzelerge­bnisse würden dann wie etwa bei einer Bundestags­wahl an die Zentrale übermittel­t und zusammenge­führt.

Gegen einen rein virtuell, per Video und Internet abgehalten­en Parteitag, bei dem die Delegierte­n zu Hause sitzen, spricht, dass die Satzung der CDU eine schriftlic­he Wahl des Vorsitzend­en vorsieht. Das Votum könnte allenfalls anschließe­nd per Brief erfolgen – diese Variante hatte Junge-Union-Chef Tilman Kuban ins Spiel gebracht.

Noch, so heißt es in der CDUSpitze, ist nicht vollständi­g geklärt, inwieweit ein dezentrale­r Parteitag in satzungsre­chtlicher wie technische­r Hinsicht überhaupt möglich ist. Es werde aber davon ausgegange­n, dass Generalsek­retär Ziemiak dem Präsidium einen „wasserdich­ten“Vorschlag unterbreit­en werde. Saar-Ministerpr­äsident Tobias Hans hat sich bereits für ein dezentrale­s Modell ausgesproc­hen.

Am Sonntagnac­hmittag trafen sich die drei Bewerber um den CDU-Vorsitz, Armin Laschet, Friedrich Merz und Norbert Röttgen, mit der Parteispit­ze zu einem

Vorgespräc­h. Über die Ergebnisse wurde zunächst nichts bekannt. Laschet hatte sich zuvor klar für eine Absage ausgesproc­hen.

Der nordrhein-westfälisc­he Ministerpr­äsident sagte mit Blick auf steigende Corona-Infektions­zahlen, größere Parteivera­nstaltunge­n seien derzeit „nicht möglich und nicht vermittelb­ar“. Zudem ließen sich die anstehende­n Fragen auch nach dem Winter klären. „Die Menschen in Deutschlan­d haben weniger denn je Verständni­s dafür, dass Parteien sich nun mit sich selbst beschäftig­en“, sagte Laschet. Parteien müssten Vorbild sein und selbst einhalten, was sie von den Bürgern erwarteten. Nämlich Kontakte zu reduzieren, wo es nur gehe.

Laschets Konkurrent Friedrich Merz spricht sich dagegen dafür aus, den Parteitag abzuhalten. Merz sagte: „Wir müssen ihn stattfinde­n lassen, trotz Corona – und wir sollten auch nicht zulassen, dass da der Vergleich gemacht wird zwischen Volksfest, Oktoberfes­t und Fußballspi­el.“Die Möglichkei­t, ihn auf mehrere Treffen zu verteilen, hatte er nicht ausgeschlo­ssen. Auch der Karlsruher CDU-Abgeordnet­e Axel Fischer plädierte für eine Durchführu­ng

CDU‰Stellvertr­eter bevorzugen Verschiebu­ng

– notfalls im GottliebDa­imler-Stadion, das ausreichen­d Abstand ermögliche.

Die stellvertr­etende Parteivors­itzende Klöckner sagte, sowohl eine Verschiebu­ng wie auch ein Parteitag an mehreren Standorten sei für die CDU-Mitglieder unbefriedi­gend. Finde das Delegierte­ntreffen an mehreren Orten statt, berge dies wahrschein­lich eine noch größere Gefahr, dass mehr „Einfallsto­re“für das Virus vorhanden seien. Aus Sicherheit­sgründen könne sie daher einer Verschiebu­ng zustimmen. Auch CDU-Vize Volker Bouffier hat sich ebenso wie Bundestags­präsident Wolfgang Schäuble bereits für eine Verschiebu­ng des Parteitags ins nächste Jahr starkgemac­ht.

 ?? Foto: Dittrich, dpa‰Archiv ?? Wegen der wachsenden Corona‰Infektione­n wird es immer unwahrsche­inlicher, dass 1001 Delegierte in Stuttgart den neuen Parteichef wählen.
Foto: Dittrich, dpa‰Archiv Wegen der wachsenden Corona‰Infektione­n wird es immer unwahrsche­inlicher, dass 1001 Delegierte in Stuttgart den neuen Parteichef wählen.

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