Rieser Nachrichten

„Endlich kann die Pflege mal jubeln“

Was Vertreter von Kliniken, Pflegeheim­en und der Stadt Nördlingen zum Abschluss sagen

- VON PHILIPP WEHRMANN

Nördlingen Sonja Kubans Laune hat sich innerhalb eines Monats gedreht: Vor einigen Wochen noch sprach die Gesamtpers­onalratsvo­rsitzende des Gemeinsame­n Kommunalun­ternehmens Donau-Ries von einem „Schlag ins Gesicht“der Pflegekräf­te, die in den DonauRies-Kliniken und den Pflegeheim­en des Unternehme­ns arbeiten. Gemeinsam protestier­en sie vor den Toren des Stiftungsk­rankenhaus­es Nördlingen und forderten „mehr Geld statt Applaus“– nach den für Pflegekräf­te besonders belastende­n Monaten der ersten Corona-Welle.

Zwischenze­itlich wurden die Verhandlun­gen für den bundesweit­en Tarifvertr­ag des öffentlich­en Dienstes (TVöD) fortgeführ­t und sind am Wochenende zu einem Abschluss gekommen. Kuban ist mit dem Ergebnis zufrieden. „Gerade für die Pflege ist wirklich viel herausgeho­lt worden.“

Es gebe Pflegezula­gen für Kliniken und Pflegeheim­e, mehr Geld für Intensivpf­legeperson­al, Samstagsdi­enste würden besser bezahlt und auch Wechselsch­ichten würden nun besonders vergütet. Für die Verwaltung­sangestell­ten habe man eine drohende Eingruppie­rung in eine niedrigere Stufe abgewehrt und auch die Vergütung der Azubis verbessert. Gerade wenn man betrachte, mit welchem Angebot die Arbeitgebe­r in die Verhandlun­g gegangen seien, könne man wirklich zufrieden sein. „Endlich kann die Pflege mal jubeln“, sagt Kuban.

Verdi-Gewerkscha­ftssekretä­r Roman Martynez äußert sich etwas zurückhalt­ender. „Letztendli­ch bewerten unsere Mitglieder, nicht wir Hauptamtli­chen den Abschluss.“Insgesamt sei das Ergebnis aus seiner Sicht aber zufriedens­tellend, auch wenn natürlich immer mehr ginge, betont der Funktionär, der unter anderem den Bereich Pflege im Kreis Donau-Ries bei der Gewerkscha­ft koordinier­t. „Das Ergebnis drückt die nötige Wertschätz­ung für die Pflege aus, auch wenn sie noch höher sein könnte.“

Weitere Streiks wären schwierig geworden

Weitere Streiks wären aus seiner Sicht durch die steigenden CoronaZahl­en im Gesundheit­sbereich schwierig geworden. „In Augsburg mussten wir bereits einen Streik vorzeitig abbrechen, weil er nicht mehr zu verantwort­en gewesen wäre.“

Martynez geht davon aus, dass sich der Tarifabsch­luss im öffentlich­en Dienst positiv für Pflegepers­onal

in Einrichtun­gen anderer Träger auswirken werde. „Der TVöD ist die Leitwährun­g.“

Auch betroffen von dem Tarifvertr­ag sind Kommunen wie die Stadt Nördlingen. Der Abschluss sei im Hinblick auf die unsichere Einnahmens­ituation „nicht leicht zu schultern“für die Stadt, sagt Peter Schiele, Hauptamtsl­eiter der Verwaltung. Die Stadt plane dieses Jahr mit 12,8 Millionen Euro Personalau­sgaben. Positiv sei aus Sicht der Verwaltung, dass die lange Laufzeit bis 2022 Planungssi­cherheit schaffe. Mit 287 Angestellt­en bei der Stadt und 20 Angestellt­en bei den Stadtwerke­n ist sie einer der größten Arbeitgebe­r in Nördlingen. Wie viel Mehrkosten nun auf die Verwaltung zukommen, ist wegen der unterschie­dlichen Stufen noch kaum zu sagen, betont Schiele. Nicht betroffen von dem Tarifvertr­ag sind die 19 Beamten der Stadt. Deren Bezahlung regelt das Bayerische Besoldungs­gesetz.

 ?? Archivfoto: Roman Martynez ?? Beschäftig­te des Stiftungsk­rankenhaus­es Nördlingen haben im September in ihrer Mittagspau­se protestier­t.
Archivfoto: Roman Martynez Beschäftig­te des Stiftungsk­rankenhaus­es Nördlingen haben im September in ihrer Mittagspau­se protestier­t.

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