St.MarienKirche: Die ungleichen Brüder
Eigentlich ist es ein Sakrileg, dass das durchaus imposante Äußere einer Klosterkirche in Auhausen mit zwei mächtigen Türmen durch den rücksichtslosen Einbau eines riesigen Getreidekastens verunstaltet wird. Eine historische Bausünde, die sich nicht nur über das Kirchenschiff er streckt, sondern die sich selbst noch zwischen die Türme fast bis zur Höhe des obersten Turmgeschosses hindurchzwängt und ganz oben gestalterisch mit scheunentorartigen Öffnungen und zur Krönung einem profanen Kran, der aus der Fassade ragt, glänzt. Sicher ist, dass diese seltsame Kombination wohl einmalig in der SakralbauGeschichte sein dürfte. Dabei kann man sich der Fas zination, die die beiden Türme, steht man direkt vor ihnen, ausstrah len, nicht entziehen. Der linke, äl tere Turm aus dem Jahr 1286 (der Vorgänger war 1197 eingestürzt) ist eindeutig romanisch, der rechte, 1324 gebaute Turm ist gotisch und diente, vermutet man, haupt sächlich dazu, die fünf Glocken, die auch heute noch in den Türmen schlagen, besser zu verteilen, um die mangelhafte Statik, die wohl dem ersten Turm zum Verhängnis ge worden war, auszugleichen. Jetzt thronen im rechten Turm die soge nannte Feuerglocke und die Elfuhr glocke, wäh rend sich im linken Turm die Zwöl fuhrglocke, die Tauf und die Vesperglocke aus den Jahren 1264 bis 1280 be finden. Dass sie heute noch dort oben hängen, hat durchaus mit ihrem Alter zu tun: Sie waren im Zweiten Weltkrieg schon zu den Schmelzöfen abtrans portiert worden, doch wegen ihres Wertes glücklicherweise hintange stellt worden. Erklimmt man die Türme, fällt auf, dass sie über eine zunächst steinerne Wendeltreppe erreichbar sind, die dann in eine höl zerne (mit identischen „Wendeln“) übergeht, man erblickt den riesigen Getreidekasten und auch die Reste des ehemaligen „Krans“. Wenn man dann allerdings die über 800 Jahre alten Glocken direkt vor Augen hat, ist man schon ein wenig ergriffen, dass man diese Kunstwerke, die Hun derte von Jahren überdauert ha ben, noch erleben – und sogar hören – kann.