Kiefer im Panthéon
Der deutsche Maler in Frankreichs Ruhmeshalle
Paris Vitrinen mit verrosteten Fahrrädern, Aluminiumblumen, Stein und Blei; monumentale Landschaftsbilder verbrannter Erde, die sich in der riesigen Halle des Pariser Panthéons gegenüberstehen, in der die Größten der Nation begraben sind: Es sind Arbeiten von Anselm Kiefer, die Frankreichs Staatschef Emmanuel Macron bei dem deutschen Künstler in Auftrag gegeben hat. Der französische Staat hat zuletzt im Jahr 1924 einen Künstler beauftragt, ein Werk für Frankreichs Ruhmeshalle zu schaffen.
Die Werke von Kiefer wurden anlässlich der Verlegung des Leichnams des französischen Dichters Maurice Genevoix in das Panthéon installiert. Genevoix, der 1980 im Alter von 89 gestorben war, gilt als Gedächtnis des Ersten Weltkrieges. Er hat zahlreiche Bücher geschrieben, in denen er als Soldat – er wurde 1915 schwer verwundet – seine Kriegserlebnisse beschreibt. Die „Pantheonisierung“von Genevoix findet in Erinnerung des 102. Jahrestages des Waffenstillstandes mit Deutschland am 11. November 1918 statt. Wegen der Corona-Krise ist das Panthéon jedoch derzeit für die Öffentlichkeit geschlossen.
Anselm Kiefer thematisiert in seinen Arbeiten ebenso wie Genevoix Zerstörung und Vernichtung. Dies war einer der Gründe, warum Macron sich für Kiefer entschied, den er auch in dessen Künstler-Atelier nahe Paris besuchte. Kiefer lebt seit 1992 in Frankreich und ist dort geradezu ein Star. Im Jahr 2007 war er der Erste, der das riesige Grand Palais bespielte, 2011 ereilte ihn als ersten bildenden Künstler der Ruf an das renommierte Collège de France, und vor knapp vier Jahren widmete ihm das Centre Pompidou eine umfassende Retrospektive.
Neben den sechs Vitrinen von Kiefer wird auch ein Klangwerk des französischen Komponisten Pascal Dusapin in dem Ruhmestempel verewigt, in dem unter anderem Victor Hugo und Voltaire ruhen. Der 65-jährige Dusapin hat eine Vokalmusik entworfen, die aus 70 Lautsprechern erklingt. In ihr sind die Namen von 15000 Männern und Frauen zu vernehmen – allesamt Opfer des Krieges.