Rieser Nachrichten

Warum Varta grüner werden will

Bis 2027 will der Batterie-Riese in allen europäisch­en Fabriken klimaneutr­al produziere­n. Unternehme­nschef Herbert Schein hat zudem schon einen neuen Zukunftsma­rkt im Visier

- VOn VEREnA mÖRZL

Nördlingen Der Batterie-Hersteller Varta will alle seine Fabriken bis 2027 CO2-neutral betreiben. Ab dem kommenden Jahr sollen zudem alle Lithium-Ionen-BatterienF­abriken in Europa ausschließ­lich mit grünem Strom beliefert werden. Dies kündigte Varta-Chef Herbert Schein kurz vor Bekanntgab­e der Quartalsza­hlen am heutigen Donnerstag exklusiv im Gespräch mit unserer Redaktion an. Nach und nach soll die gesamte Produktion klimaneutr­aler und nachhaltig­er gestaltet werden. Ein ambitionie­rtes Ziel vor allem deshalb, weil die Produktion­sgeschwind­igkeit für die kleinen Knopfzelle­n, die LithiumIon­en-Batterien, verdreifac­ht und deren Energiedic­hte um 50 Prozent erhöht werden soll, so Schein weiter.

Außerdem wolle man den Anteil des problemati­schen Rohstoffs Kobalt auf ein Minimum reduzieren. Kobalt wird unter anderem in Afrika unter teils gefährlich­en Bedingunge­n gewonnen. Amnesty Internatio­nal kritisiert den Abbau hauptsächl­ich deshalb, weil nicht selten Kinderarbe­it dahinterst­eckt. „Wir wollen Rohstoffe einsetzen, die weltweit verfügbar sind und bei denen wir die Lieferwege besser kontrollie­ren können“, erklärt Schein. Vartas Hauptsitz liegt in Ellwangen. Am Standort in Nördlingen wird derzeit eine weitere Produktion­shalle gebaut. Mit einer Fläche von rund 15 000 Quadratmet­ern vergrößert sich die Produktion­sfläche dort auf 60000 Quadratmet­er. In Nördlingen entsteht damit die größte Lithium-Ionen-Batterien-Fabrik des Unternehme­ns. Das Werk soll zudem bald nicht mehr beheizt werden. Die Wärme soll mit der Abwärme der Anlagen erzeugt werden – ein weiterer Schritt in Richtung Klima-Neutralitä­t.

Diese wird fürs Unternehme­n immer wichtiger, weil Produkte nur dann klimafreun­dlicher werden können, wenn es auch die gesamte Wertschöpf­ungskette ist. Schein will daher auch die eigenen Zulieferer auf eine CO2-neutrale Produktion verpflicht­en. Auch wenn dieses Vorhaben noch in der Umsetzung steckt, so verzeichne­te Varta diesbezügl­ich bereits erste Erfolge. So hat Apple den Batterie-Hersteller inzwischen als „Grüner Partner“deklariert, wie im September bei einer Konferenz des Fraunhofer-Instituts für Zuverlässi­gkeit und Mikrointeg­ration (IZM) bekannt geworden ist.

Varta fertigt eigenen Angaben zufolge jährlich 1,7 Milliarden Consumer-Batterien in Dischingen (Landkreis Heidenheim) und über eine Milliarde Hörgeräte-Batterien in Ellwangen. In Nördlingen wird im großen Stil in die Technologi­e für Lithium-Ionen-Batterien investiert, unter anderem mit einer Förderung in Höhe von 300 Millionen Euro für den gesamten Konzern. Das Thema Nachhaltig­keit bleibt nicht auf der Strecke: „Allein in 2020 haben wir den Energiever­brauch pro LithiumIon­en-Zelle in unseren Fabriken um ein Drittel reduziert“, sagt Schein, dessen Vertrag als Vorstandsv­orsitzende­r der Varta AG vor kurzem bis 2026 verlängert worden ist.

Die Batterie gilt als strategisc­he Komponente im Technologi­eWettbewer­b. Wer die Batterie mit der besten Energiedic­hte und der besten Leistung baue, dessen Produkt wird in Zukunft eingesetzt, zeigt sich Schein überzeugt, der bereits einen Blick auf ein weiteres Feld geworfen hat: In der Landwirtsc­haft sollen die Varta-Zellen in fahrerlose­n Systemen eingesetzt werden. „Wir haben hier mit den führenden Landmaschi­nen-Hersteller­n ein Konzept entwickelt, um solche Maschinen effizient zu gestalten“, erklärt Schein eine der Varta-Visionen. Die Technologi­e könne dazu führen, dass es auf den Feldern künftig Ladestatio­nen mit Solarzelle­n gibt. Die Maschinen sollen nach ihrem Einsatz an die Station fahren, um mit Sonnenstro­m geladen zu werden. Ähnlich wie der Saugrobote­r in der Wohnung, nur eben ohne Kabel und Strom aus der Steckdose – der soll von der Sonne kommen.

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Foto: Varta Das Varta‰Werk in Nördlingen wird derzeit erweitert.

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