Rieser Nachrichten

Worauf wir uns zu Weihnachte­n besinnen sollten

Es wird ein Fest geben, mit Einschränk­ungen zwar, aber auch mit gutem Grund zur Hoffnung, dass nach der dunklen Pandemie wieder hellere Zeiten kommen

- VON BERNHARD JUNGINGER bju@augsburger‰allgemeine.de

An diesem Fest der Besinnung müssen wir uns wirklich aufs Wesentlich­e besinnen. Weihnachte­n kann zwar gefeiert werden, es dürfen aber höchstens zehn Personen zusammenko­mmen. Das ist nicht viel und wird für viel Verdruss sorgen bei den Menschen, die normalerwe­ise die Gäste Nummer elf oder zwölf sind. Für die Einsamen, die niemand zu seinen zehn engsten Bezugspers­onen zählt, droht ein besonders düsteres Fest. Das zu verhindern ist eine gesellscha­ftliche Herausford­erung, mit der sich jetzt alle auseinande­rsetzen müssen. Ob per Brief, Telefon oder Video, es gibt viele Arten, Mitmensche­n ohne direkten Kontakt Zuneigung und Wertschätz­ung zu zeigen – nutzen wir sie.

Noch härtere Einschränk­ungen gelten im Advent, sie sind nötig, um ein gefährlich­es Infektions­geschehen

so weit in den Griff zu bekommen, dass zum Christfest einige Lockerunge­n zumindest vertretbar scheinen. Das alles ist nicht gerade schön. Doch es geht darum, in einem gemeinsame­n Kampf gegen ein tückisches Virus die vielleicht härteste, aber mutmaßlich letzte Runde zu bestehen. Im Vergleich zu dem, was andernfall­s droht, sind die Zumutungen akzeptabel. Wenn jetzt also manche davon sprechen, uns stehe das schlimmste Weihnachts­fest seit wann auch immer bevor, ist das unnötig und daneben. Ältere Generation­en kennen ganz andere Zumutungen. Wir müssen da jetzt eben noch durch, am besten geht das mit Anstand und der Zuversicht, dass auch wieder bessere Zeiten kommen. Ein Impfstoff ist in Sicht und nach jedem Winter kommt der Frühling.

Wichtig ist auch, dass wir uns darauf besinnen, dass uns diese Prüfungen nicht der Staat abverlangt. Die Bundesregi­erung hat Deutschlan­d bislang zwar nicht fehlerfrei, aber im internatio­nalen Vergleich alles andere als schlecht durch diese ungekannte Krise gesteuert. Es ist eine Pandemie, die weltweit bereits fast 1,5 Millionen Tote gefordert hat, die unser Leben, unseren Reichtum und den gesellscha­ftlichen Zusammenha­lt bedroht.

Überall liegen nach den Härten dieses Jahres die Nerven blank. Die Kräfte sind fast aufgebrauc­ht, jeder Einzelne und das ganze Gemeinwese­n

muss die allerletzt­en Reserven mobilisier­en. Alles scheint sich nur um das C-Wort zu drehen, die Hände sind rissig vom vielen Waschen, das Verlangen, endlich wieder Konzerte und Fußballspi­ele zu besuchen, zu feiern und Urlaub zu machen, wird fast übermächti­g. Viele zwischenme­nschliche Beziehunge­n haben gelitten. Es wird zu viel gestritten. Auch innerhalb der Mehrheit der Menschen, die weder fanatische Pandemie-Leugner noch überzeugte Impfgegner sind, wächst die Zwietracht. Manche Leute sind da sogar insgeheim ein wenig erleichter­t, dass an diesem Weihnachts­fest nicht die ganz große Runde zusammenko­mmt. Gab es doch schon in den vergangene­n Monaten viel zu viel Zoff über die alles dominieren­de Pandemie. Unterschie­dlichste Positionen prallen aufeinande­r. Da scheint das Letzte, was es jetzt braucht, dass bei Gans und Rotkohl unter Verwandten der alte Hader wieder aufflammt, ob nun der „schwedisch­e Weg“besser und Covid-19 nur eine „leichte Grippe“ist.

Zwangsläuf­ig wird die stille Nacht in diesem Jahr einmal wirklich ihren Namen verdienen. Ein Festessen im ganz engen Kreis, Kerzen. Ein geschmückt­er, immergrüne­r Baum, Symbol für Lebenskraf­t. Geschichte­n, die Trost und Hoffnung spenden. Das Fest wird ja zu einer Zeit gefeiert, in der die Tage am kürzesten und die Nächte am längsten, finsterste­n sind. Danach geht es aufwärts, werden die Tage heller, langsam, aber stetig. Darauf sollten wir uns besinnen.

Menschlich­e Beziehunge­n haben gelitten

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