Rieser Nachrichten

Nördlinger Postmitarb­eiter hortet 2000 Sendungen

Dem 24-Jährigen wird noch dazu wegen versuchtem Diebstahl der Prozess gemacht

- VON JAN‰LUC TREUMANN

Nördlingen Manchmal wird die Arbeit einfach zu viel – ein Gefühl, das viele Menschen kennen dürften. Dass es problemati­sch werden kann, wenn sich Sachen aufstauen, stellte ein 24-Jähriger fest. Dieser Fall ging sogar so weit, dass der Postbote vor Gericht landete.

Die Staatsanwa­ltschaft Augsburg wirft dem Mann vor, dass er 2000 Briefe in einer Garage gelagert hat, zudem soll er fünf von ihnen geöffnet haben. Als ihn die Polizei vernahm, stritt der Mann noch alles ab. Im Prozess macht Richter Gerhard Schamann ihm klar, dass er ohne Geständnis kaum Chancen auf einen guten Ausgang in diesem Fall wegen Verletzung des Post- und Fernmeldeg­eheimnisse­s

sowie versuchtem Diebstahl habe. Denn der 24-Jährige hortete die Briefe, als er noch unter Bewährung einer früheren Tat stand. So gibt der Angeklagte über seinen Anwalt Sven Gaudernack zu, dass er die Postsendun­gen in der Garage gelagert hatte – bestreitet jedoch, welche geöffnet zu haben.

Das Verhalten seines Mandanten erklärt Gaudernack mit den persönlich­en Umständen des Angeklagte­n, seine damalige Ehefrau – mittlerwei­le sind die beiden geschieden – war schwanger, dazu kam ein Nebenjob. „Er ist der Sache damals nicht mehr Herr geworden“, sagt Gaudernack. Der Angeklagte führt auch seinen damaligen Nebenjob als Austräger einer Wochenzeit­ung an. Auch diese stellte er irgendwann nicht mehr zu. Die Ex-Frau des Mannes erzählt vor Gericht, dass es damit anfing, dass sie unter dem Bett Postkisten mit Sendungen fand. Auf ihre Frage nach einer Erklärung habe er gemeint, dass die Empfänger verzogen seien. „Ich habe gesagt, dass das nicht unter unser Bett gehört“, erzählt die Frau. Nach ein paar Tagen waren die Kisten verschwund­en.

Doch sie fand auch Briefe in einer Kammer unter der Treppe. Geöffnete Kuverts habe sie nicht gesehen. Als sie einmal in die Garage kam, sei diese „rappelvoll“gewesen. Sie hätten dann zusammen viele der angesammel­ten Zeitungen weggebrach­t. Die beiden trennten sich, damit war die Angelegenh­eit für die Frau erledigt. Nur einmal wollte sie einen

Hochstuhl des Kindes aus der Garage holen, doch der Angeklagte habe die Garage dafür nicht geöffnet. Doch sie versucht das Verhalten des Mannes nachzuvoll­ziehen: „Im Nachhinein betrachtet, war es für ihn wirklich zu viel“, sagt die Frau vor Gericht.

Das Ganze flog auf, als der Angeklagte die Miete für die Garage nicht mehr bezahlte und diese geräumt werden sollte. Ob der 24-Jährige wirklich Briefe geöffnet hat, lässt sich laut Richter Schamann nicht mehr feststelle­n und ist für den Fall auch nicht relevant. Die Jugendstra­fe, die sich der Mann vor einigen Jahren abgeholt hatte, ist es schon: Untreue in 126 Fällen, auch damals schon von Schamann verhandelt. Der Angeklagte arbeitete zu der Zeit bei einem Supermarkt und bereichert­e sich mittels fingierter Leergutbuc­hungen. Doch wie sich Schamann zurückerin­nert, musste man dem Angeklagte­n damals zugutehalt­en, dass seine Mutter einen Handyvertr­ag auf den Namen des Sohnes abgeschlos­sen hatte. Sie bekam den Vertrag wegen Schufaeint­rägen nicht. Bei der Post arbeitet der Mann nicht mehr, dafür hat er in diesem Monat einen neuen Job angetreten – im selben Supermarkt wie damals. Richter Schamann gibt dem jungen Mann eine letzte Chance und setzt die Freiheitss­trafe von acht Monaten zur Bewährung aus, damit der Angeklagte arbeiten und den Unterhalt für sein Kind zahlen kann. Das Urteil wurde noch im Gerichtssa­al rechtskräf­tig.

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