Rieser Nachrichten

Der Schauspiel­er

„Kein Messias – keine schöne Bescherung“

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Seit fast zwanzig Jahren spielen meine Schauspiel­kollegin Birgit Linner und ich, Jörg Schur, mit Leidenscha­ft und nie enden wollender Spielfreud­e im Sensemble Theater Augsburg die Weihnachts­komödie „Der Messias“von Patrick Barlow. Alle Jahre wieder „Theo & Bernhard“. Aber dieses Jahr dürfen wir nicht. Oder, um es in meiner Rolle als Theo auf den Punkt zu bringen: „Stellen Sie sich einmal vor, vor Ihrem geistigen Auge, wenn Sie so wollen, erscheint gewisserma­ßen“– nichts. Kein Theo, kein Bernhard, keine turbulente Weihnachts­geschichte, keine Katze, keine Steißlage, keine Geburt eines Babys, dargestell­t von zwei „Männern“, keine lachenden Gesichter im Saal oder danach an der Bar. Keine Götterbote­n – nur die Botschaft: Dieses Jahr verboten. Die Entscheidu­ng ist gefallen – der Vorhang auch. „Der Messias“erblickt allein im Geiste das Licht der Welt – nur nicht auf der Bühne. Ausgelockt und ausgeknock­t bleibt uns allen nur die stade Zeit. Stille Nacht, heilige Nacht, wir werden um den Spaß gebracht. Alles dreht sich um das Virus. Nur unsere abendländi­sche Drehbühne – die dreht sich nicht. Trotz Abstand und Hygienekon­zept – lautet das Motto „Schluss mit lustig“. Advent, Advent, Corona trennt, was uns auf dieser Welt zusammenhä­lt. Kein Austausch, kein Kontakt, kein lieblich duftender Messias-Punsch. Vielleicht sollten wir das Stück „Der Messias“im Rahmen eines Gottesdien­stes auf die Bühne bringen. Thematisch würde es sicherlich gut passen, und am Ende lassen wir die Kollekte rumgehen. Aber ich will zu guter Letzt mitnichten blasphemis­ch erscheinen. Es stimmt mich einfach nur traurig, dass 2020 „Der Messias“entfällt. Keine schöne Bescherung für keinen von uns. Halleluja …

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Foto: Sensemble Advent, Advent, Corona trennt: Schau‰ spieler Jörg Schur.

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