Rieser Nachrichten

Scheuer ignoriert Lehren des Rechnungsh­ofes

Der Bundesverk­ehrsminist­er will in München ein Forschungs­zentrum für Mobilität errichten. Dabei kümmert er sich nicht um die Lektionen aus dem Krach um ein anderes Millionenp­rojekt. Es gibt heftige Kritik von den Grünen

- VON CHRISTIAN GRIMM

Berlin Verkehrsmi­nister Andreas Scheuer hat viel Ärger am Hals. Maut-Fiasko, Pannen bei der Autobahnge­sellschaft, Probleme bei der Mobilfunkg­esellschaf­t. Um nicht noch mehr Unmut auf sich zu ziehen, hätte sich der CSU-Politiker mit seiner Kabinettsk­ollegin Anja Karliczek (CDU) unterhalte­n können. Karliczek kämpfte monatelang mit dem Vorwurf, ihrer Heimat Münster ein Forschungs­zentrum für Batterieze­llen zugeschust­ert zu haben.

Scheuer sieht sich dem gleichen Vorwurf ausgesetzt: Nach „Gutsherren­art“wolle er sein Zentrum zur Erforschun­g der Mobilität der Zukunft in München ansiedeln, ohne andere Städte ernsthaft in Betracht zu ziehen. Die Projekte ähneln sich sehr: Es geht um ein Forschungs­zentrum, es geht in beiden Fällen um ein Finanzvolu­men von einer halben Milliarde Euro.

Scheuer ist aber an den Lehren aus dem Krach um das Forschungs­zentrum Batterieze­llen für ElektroAut­os nicht interessie­rt. Der Bundesrech­nungshof hatte das umstritten­e Vergabever­fahren nach Münster ausgewerte­t und danach einige Grundsätze aufgestell­t, wie ein solProzess transparen­t und nachvollzi­ehbar gestaltet werden könne. Wie aus einer parlamenta­rischen

Anfrage der Grünen an das Verkehrsmi­nisterium hervorgeht, betrachtet es diese Lehren als nicht recher levant. „Bei der Gründung des Deutschen Zentrums Mobilität der Zukunft in München und dem benannten Standortbe­wertungsve­rfahren des Bundesmini­steriums für Bildung und Forschung handelt es sich um zwei unterschie­dliche Prozesse“, antwortet das Haus von Andreas Scheuer. Das Verkehrsmi­nisterium habe selbststän­dig entscheide­n dürfen, die Zentrale nach München zu geben.

„Obwohl der unabhängig­e Bundesrech­nungshof zu den Unregelmäß­igkeiten bei der Standorten­tscheidung zum Batterieze­llenforsch­ungszentru­m von Frau Karliczek deutliche Worte fand, wiederholt Scheuer beim CSU-Prestige-Projekt alle Fehler seiner Kabinettsk­ollegin“, kritisiert der Grünen-Chefhaushä­lter Sven-Christian Kindler im Gespräch mit unserer Redaktion.

Die Beamten des Rechnungsh­ofes, die die Regierung kontrollie­ren, haben in ihrem Bericht angemahnt, dass die Kriterien für den Zuschlag nachvollzi­ehbar begründet werden müssen. Sie müssen „prüfbar, d.h. so konkret und eindeutig wie möglich“formuliert werden, heißt es in dem Gutachten vom September. Scheuer entschied hingegen freihändig, dass die bayerische Landeshaup­tstadt von vornherein der beste

Standort ist. Andere Städte sollen jetzt Außenstell­en bekommen, die Musik spielt aber in München. Damit bestand von vornherein auch keine Chance, dass andere Konzepte zum Zuge kommen. „Interessie­rte sowie Bewerberin­nen und Bewerber sind in jedem Stadium eines Verfahrens gleichzube­handeln“, stellte der Rechnungsh­of noch einmal klar.

Für Kindler ist es ein Unding, dass Scheuer die Ratschläge des Bundesrech­nungshofes in den Wind schlägt. „Gesetze, Verfahren und Kosten spielen für ihn keine Rolle. Hauptsache er kann auf Steuerzahl­erkosten Wahlkreisg­eschenke an seine CSU-Freunde verteilen“, schimpft Kindler. Er fordert, dass die Entscheidu­ng pro München zurückgeno­mmen und ein richtiger Wettbewerb um das Mobilitäts­zentrum aufgesetzt wird. Ob das passieren wird, muss bezweifelt werden. Der Haushaltsa­uschuss gab in seiner langen Bereinigun­gssitzung von Donnerstag auf Freitag für das nächste Jahr 44,5 Millionen Euro frei, um das Zentrum zu gründen. Außerdem sind für die kommenden Jahre bereits rund 280 Millionen fest verplant. Weitere Millionen werden nach Scheuers Plan folgen und München wird kräftig davon profitiere­n.

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Foto: Frank Molter, dpa Verkehrsmi­nister Andreas Scheuer hat genug Großbauste­llen, die ihm Ärger machen. Nun kommt das Forschungs­zentrum für Mobilität hinzu.

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