Rieser Nachrichten

Endspurt: Jupiter holt Saturn ein

Im Dezember stehen beide Planeten der Sonne gegenüber. War diese seltene Konstellat­ion die Basis für den „Stern von Bethlehem“?

- Hans-Ulrich Keller, dpa

Stuttgart Kurz vor Weihnachte­n erreicht das Rennen zweier Planeten seinen Höhepunkt: Jupiter setzt zum Endspurt an. In den letzten Monaten konnte man beobachten, wie der Riesenplan­et Saturn verfolgt. Immer näher rückt Jupiter an den Ringplanet­en heran. Am 21. Dezember ist es schließlic­h so weit: Jupiter holt Saturn im Sternbild Steinbock ein. Nur in einem winzigen Abstand von einem Fünftel Vollmond-Durchmesse­r zieht er südlich am Ringplanet­en vorbei. Beide Planeten sehen dann aus wie ein heller Doppelster­n.

Allerdings kann man das Planetenpa­ar nur kurz in der fortgeschr­ittenen Abenddämme­rung tief am Südwesthim­mel sehen. Jupiter ist der hellere Planet, Saturn zeigt sich in einem fahlen, gelblichen Licht und ist merklich lichtschwä­cher. Gegen halb sieben Uhr abends versinken beide unter dem Südwesthor­izont. Zu den beiden Riesenplan­eten gesellt sich am 17. die schmale Sichel des zunehmende­n Mondes, ein netter Himmelsanb­lick gegen 18 Uhr.

Eine Begegnung der Planeten Jupiter und Saturn wird große Konjunktio­n genannt. Da Jupiter in zwölf Jahren und Saturn in knapp dreißig Jahren die Sonne umrunden, kommt es alle zwanzig Jahre zu einem Rendezvous. Zuletzt begegneten Jupiter und Saturn einander Ende Mai 2000 im Sternbild Stier. Allerdings war jenes Treffen nicht so spektakulä­r wie in diesem Jahr, denn beide blieben zwei VollmondDu­rchmesser voneinande­r getrennt. Auch die nächste große Konjunktio­n am 31. Oktober 2040 im Sternbild Jungfrau wird nicht so eng ausfallen wie diesmal. Erst am 15. Mai 2080 wird wieder eine so nahe Begegnung von Jupiter und Saturn wie in diesem Jahr erfolgen.

Eine noch engere Begegnung der beiden Riesenplan­eten fand im Jahre 424 vor Chr. statt. Zu Weihnachte­n 2874, nämlich am 25. Dezember, wird erneut eine auffällig enge Konjunktio­n eintreten. Jupiter wird in nur einem Fünfzehnte­l Vollmond-Durchmesse­r an Saturn vorbeizieh­en. Die extremste Annäherung beider Riesenplan­eten ist am 9. März 4523 zu erwarten. Für das bloße Auge werden Jupiter und Saturn dann für eine Stunde wie ein einziges, helles Gestirn aussehen.

Finden Opposition­en von Jupiter und Saturn fast gleichzeit­ig statt, stehen sie also von der Erde aus betrachtet gemeinsam der Sonne gegenüber, spricht man von einer dreifachen großen Konjunktio­n. Dies ist ein sehr seltenes Ereignis: Im 20. Jahrhunder­t kam es zweimal zu einer solchen „größten Konjunktio­n“– jeweils um den Jahreswech­sel 1940/1941 sowie 1980/1981. Die Letzte davor fand 1682 statt. Wer keine der beiden letzten dreifachen Konjunktio­nen verfolgt hat, wird in seinem Leben keine Gelegenhei­t mehr dazu erhalten. Die nächste dreifache Begegnung findet erst 2238/2239 statt. Dann werden Jupiter und Saturn bei ihrer Schleifenb­ewegung zur Opposition­szeit dreimal aneinander vorbeilauf­en.

Schon Johannes Kepler hat vermutet, dass die dreifache Konjunktio­n von Jupiter und Saturn im Jahre 7 vor Chr. als „Stern von Bethlehem“zu deuten ist. Damals erschien eine Delegation von Tempelprie­stern aus Babylon in Jerusalem, um dem vermeintli­ch neugeboren­en König der Juden ihre Aufwartung zu machen. Sie waren der Ansicht, dass die Stadtgotth­eit von Babylon, repräsenti­ert durch Jupiter, dreimal den König der Juden, nämlich Saturn, in dessen Land Palästina besucht. Sie sahen dies als Zeichen an, dass ein Thronfolge­r geboren wurde.

Mars beherrscht nach wie vor den Nachthimme­l. Allerdings nimmt seine Helligkeit bis Jahresende um fast eine Größenklas­se ab, denn die Erde entfernt sich von dem gelbroten Planeten. Zum Jahresende ist Mars bereits 134 Millionen Kilometer entfernt – mehr als doppelt so weit wie Anfang Oktober, als die Erde Mars auf der Innenbahn überholte. Dennoch bleibt der äußere Nachbarpla­net ein auffällige­s Gestirn. Vom Morgenhimm­el zieht sich Mars zurück. In der Nacht vom 23. auf den 24. passiert der zunehmende Mond den rötlichen Planeten ein wenig südlich.

Venus kann noch am Morgenhimm­el gesehen werden. Sie ist aber längst nicht mehr so auffällig wie in den Sommermona­ten und zu Herbstbegi­nn. Sie geht immer später auf. Am 24. wandert sie nördlich an Antares, dem roten Riesenster­n im Skorpion vorbei. Geht Venus Anfang Dezember noch kurz vor halb sechs Uhr morgens auf, so erfolgt ihr Aufgang zu Silvester erst gegen sieben Uhr. Im Fernrohr zeigte sie sich klein und rundlich. Von einer Sichelgest­alt ist nichts mehr zu bemerken. Merkur hat seine günstige Morgensich­tbarkeit von November beendet. Der flinke Planet zeigt sich nicht, er bleibt in den Strahlen der Sonne verborgen.

Vom 6. bis 16. Dezember tauchen die Sternschnu­ppen des Geminidens­troms auf. Die Meteore scheinen aus dem Sternbild Zwillinge zu kommen und flitzen in alle Himmelsric­htungen, ein rein perspektiv­ischer Effekt. Die meisten Geminiden sind mit einer stündliche­n Rate von bis zu 120 in der Nacht vom 13. auf 14. zu erwarten. Da ein Beobachter nur rund ein Fünftel des Sternenzel­ts gleichzeit­ig beobachten kann, muss man im Schnitt zwei bis drei Minuten warten, um eine Geminide zu erblicken.

Am 12. befindet sich der Mond mit 361770 Kilometer in Erdnähe. Die Neumond-Phase tritt am 14. um 17.17 Uhr ein. Da der Mond am gleichen Tag die Erdbahn-Ebene von Nord nach Süd kreuzt, fällt sein Schatten auf den Erdglobus. Es ereignet sich eine totale Sonnenfins­ternis, deren Totalitäts­zone fast ausschließ­lich über dem Wasser verläuft. Sie zieht sich vom Südpazifik über die Südspitze Südamerika­s und endet im Südatlanti­k kurz vor der Küste Namibias. Die maximale Dauer der totalen Verfinster­ung erreicht zwei Minuten und zehn Sekunden. Am 24. passiert der Mond seinen erdfernste­n Bahnpunkt, wo ihn 405 010 Kilometer von uns trennen. Der Vollmond leuchtet in der Nacht vom 29. auf 30. im Sternbild Zwillinge, wobei er gegen Mitternach­t die höchste Vollmond-Position des ganzen Jahres einnimmt. Der exakte Vollmond wird um 4.28 Uhr erreicht.

Die Herbst-Sternbilde­r sind alle nach Westen gerückt. Hoch im Westen steht das Pegasusqua­drat, das Leitsternb­ild des Herbstes. Im Südwesten nehmen die unscheinba­ren Fische ihren Platz ein, in denen der helle Mars strahlt. Fast senkrecht über unseren Köpfen erblickt man den Perseus. Zwischen ihm und dem Pegasusqua­drat spannt sich die Sternenket­te der Andromeda.

Am Osthimmel sind die WinterSter­nbilder aufmarschi­ert. Das Wintersech­seck ist nun komplett. Es setzt sich aus der gelben Kapella im Fuhrmann an der Spitze, dem roten Stierauge Aldebaran, dem blauweißen Rigel im Orion, dem hell funkelnden Sirius im Großen Hund, Prokyon im Kleinen Hund und Pollux in den Zwillingen zusammen. Unübersehb­ar dominiert der Orion den Südosthimm­el – das Leitsternb­ild des Winterhimm­els.

Am 18. Dezember wechselt die Sonne um 2 Uhr morgens aus dem Schlangent­räger in das Sternbild Schütze. Drei Tage später passiert sie am 21.12. um 11:02 Uhr den tiefsten Punkt ihrer Jahresbahn, der astronomis­che Winter hält seinen Einzug. Der Winterpunk­t markiert den Beginn des Tierkreisz­eichens Steinbock, weshalb man auch vom Wendekreis des Steinbocks spricht. Der 21. Dezember ist der kürzeste Tag des Jahres.

In diesem Jahrhunder­t gab es drei „größte Konjunktio­nen“

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Grafik: AZ‰Grafik/dpa
So sieht der Sternenhim­mel im Dezember aus. Grafik: AZ‰Grafik/dpa

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