Er brachte Kindern das Radfahren bei
Heiner Berger hört mit der Betreuung von jungen Menschen als Polizist auf, macht aber auf andere Art weiter. Mit den Kindern tauscht er sogar Panini-Bilder
Nördlingen Langweilig wird dem Polizisten Heiner Berger wohl nicht, wenn er ab diesem Wochenende in den Ruhestand geht. Der 60-Jährige kocht gerne und freut sich auf Reisen nach der CoronaZeit. Schließlich ist ihm auch nicht langweilig geworden, als er vor zwölf Jahren die Verkehrserziehung übernahm und somit kaum noch im regulären Streifendienst zum Einsatz kam. Von fehlender Spannung keine Rede: „Ich habe es nicht so empfunden, dass ich das im Nachhinein vermisse.“
Denn gefühlt ist es für ihn noch gar nicht lange her, als er 1978 seine Ausbildung bei der Polizei begann. Die Zeit sei so schnell wie bei einem guten Film vergangen. Ab 1981 kümmerte er sich sieben Jahre lang als Ausbilder um die Polizeischüler und entdeckte dort seine Leidenschaft für das Unterrichten. Über die Zwischenstation Donauwörth kam der gebürtige Nördlinger 1991 wieder zurück in die Heimat. Vor zwölf Jahren übernahm Berger dann das Amt als Verkehrserzieher. Das ist so vielfältig, dass für reguläre Pokaum Zeit bleibt. Die Arbeit als Verkehrserzieher reicht vom Schulwegtraining im Kindergarten bis hin zu Gesprächen mit neunten und zehnten Klassen über Alkohol und Drogen am Steuer. Als sein Vorgänger in Rente ging, hätten die Kollegen zu ihm gesagt: „Heiner, du musst das machen“, berichtet Berger. Die Arbeit mit den Kindern mache ihm unglaublichen Spaß. Natürlich habe er in den inhaltlichen Abläufen Routine entwickelt, doch jede Klasse sei anders gewesen.
Berger hat auch allerlei Kurioses erlebt. So erinnert er sich an ein Fahrradtraining zurück. Dort standen einige Bäume und auf einmal habe ein Kind nach oben ins Geäst gesehen. „Das Kind steigt ab und schaut nach oben in den Baum“, erzählt Berger. Nach und nach stiegen alle Kinder ab, denn dort oben saß scheinbar eine Katze fest. An ein Fahrradtraining war nicht mehr zu denken, trotz Bergers Zureden. „Gut, dann rufen wir halt die Feuerwehr“, sagte Berger damals zu den Kindern. Zwei Feuerwehrmänner kamen, richteten die Drehleiter aus, alles unter den gespannten Blicken der Kinder. Und dann, als einer der
Feuerwehrmänner fast bei der Katze war, sprang die Katze herunter und war weg. Viel vermitteln konnte Berger an diesem Vormittag nicht, doch für die Kinder war es ein spannendes Erlebnis.
In manch anderen Fällen wird dafür zusätzliche Arbeit fällig. Denn in den vergangenen Jahren sei es immer mal wieder vorgekommen, dass Viertklässler nicht Fahrradfahren können. Vielleicht, weil ein Elternteil alleinerziehend sei und nicht die Zeit dafür habe oder auch, weil manche Eltern Fahrradfahren zu gefährlich finden. „Da gab es ein Mädchen, das konnte nicht radfahren. 22 Schüler wollten fahren, eine konnte nicht. Die kann man ja nicht zuschauen lassen“, sagt Berger. So übernahm ein Kollege die große Gruppe und Heiner Berger brachte dem Mädchen auf einem Nebenplatz das Fahrradfahren bei. In der ersten Stunde ging es um das Gleichgewichthalten, in der zweiten um das Geradeausfahren mit Handzeichen geben, in der dritten fuhr sie dann schon. „In der vierten Stunde hat sie dann die Prüfung wie alle anderen auch bestanden. Vielleicht etwas wackeliger, aber sie hat es gelizeiarbeit schafft“, sagt Berger. Am Anfang, wenn er die Kinder das erste Mal sehe, sei er der Polizist mit der Pistole, das sei immer aufregend: „Aber danach bin dann für sie der Herr Berger, der mit ihnen Verkehrserziehung macht.“Etwa 3500 Kinder begleite er pro Jahr in irgendeiner Form bei der Verkehrserziehung.
Polizeichef Walter Beck sagt über Heiner Berger, dass er ein unglaublich gelassener Mensch ist: „Das ist sehr wichtig im Umgang mit Kindern. Und wenn ich mit Eltern gesprochen habe, haben sie erzählt, dass der sogar Panini-Bilder mit den Kindern tauscht – natürlich nur in der Pause“, erzählt Beck lachend.
Bergers Nachfolge wird Tanja Donderer übernehmen: „Ich freue mich total, ich mag Kinder sehr“, erzählt die Polizistin, die Berger bereits in den vergangenen Jahren unterstützt hat. Und so ganz aus der Welt ist der auch nicht. Als Geschäftsführer der Verkehrswacht Nördlingen wird er weiterhin aktiv sein und mit Tanja Donderer beispielsweise bei Infoständen zusammenarbeiten. „Dann eben ohne Uniform“, sagt Berger.