Ein Geschenk für jedes Kind
Vor fünf Jahren wurde die Aktion „Vöhringen zeigt Herz“ins Leben gerufen, damit kein Kind in der Stadt an Weihnachten leer ausgeht. Dieses Jahr dürfen sich auch Senioren freuen
Vöhringen Es war, als ihre eigenen Kinder in den Kindergarten gingen. Da wurde Kerstin Hander deutlich vor Augen geführt, dass es auch in Deutschland und sogar in der beschaulichen Kleinstadt Vöhringen im Landkreis Neu-Ulm Menschen gibt, die arm sind. Die das ganze Jahr über jeden Cent umdrehen, um überhaupt über die Runden zu kommen.
Während die meisten Kinder jetzt in der Vorweihnachtszeit ellenlange Wunschlisten schreiben oder malen, gibt es auch die Kinder, die hoffen, überhaupt ein Geschenk zu bekommen. Hander erzählt: „Und dann gab es immer die Aktionen, bei denen Weihnachtsgeschenke für Kinder in armen Ländern gepackt werden.“Die 39-Jährige hat beschlossen, dass auch in Vöhringen kein Kind an Weihnachten leer ausgehen soll. Das war vor etwas mehr als fünf Jahren. Seither gibt es die Aktion „Vöhringen zeigt Herz“. 2015 wurden erstmals Geschenke an bedürftige Kinder verteilt. Heuer wird die Aktion mit der Silberdistel unserer Zeitung, eine Auszeichnung für besonderen bürgerschaftlichen Einsatz, ausgezeichnet.
Das Besondere an „Vöhringen zeigt Herz“: Bei der Aktion werden von Spendengeldern nicht irgendwelche Geschenke gekauft. Die Eltern können die Wünsche ihrer Kinder an die Aktion melden. Jana Laible, Mitarbeiterin des Vöhringer Rathauses, schreibt die Wünsche auf hölzerne Christbaumanhänger, die zuvor von einem Kindergarten der Stadt bunt gestaltet wurden. In normalen Jahren ohne Pandemie konnten sich die Vöhringer Bürger
beim städtischen Weihnachtsmarkt einen Wunsch von dem großen Christbaum aussuchen, den sie gerne erfüllen wollen. Heuer liegen sie in einigen Geschäften der Stadt aus.
Hander hatte sich damals überlegt, wie sie ihren Entschluss, sozial benachteiligte Kinder in Vöhringen zu beschenken, in die Tat umsetzen kann. Im Internet war sie auf ähnliche Aktionen gestoßen und hatte sich dann ans Rathaus gewandt. Dort sagte man ihr sofort Unterstützung für die Aktion zu. So kommt es, dass Rathausmitarbeiterin Jana Laible die Einzige ist, die weiß, für wen welches Geschenk bestimmt ist. Anonymität ist den Organisatoren wichtig. Keine Familie, die ein Geschenk durch die Aktion erhält, soll Angst vor Stigmatisierung haben müssen. Und: Die Aktion läuft unbürokratisch. Man braucht keine Bedürftigkeitsbescheinigung oder Ähnliches, um mitzumachen. Vöhringen ist keine Großstadt. „In der Verwaltung sind die meisten Familien schon bekannt, die hier ein Geschenk verdient haben“, erklärt Laible.
Bei „Vöhringen zeigt Herz“ging es nie nur um die Freude beschenkt zu werden, sondern auch um die Freude, die das Schenken macht. Auch wenn einem dabei dieser Moment, von dem um Weihnachten herum so oft die Rede ist, verwehrt bleibt: Die strahlenden Kinderaugen, wenn das bunte Papier abgerissen ist und das heiß ersehnte Spielzeug zum Vorschein kommt.
Doch das scheint die Vöhringer nicht zu stören. In den fünf Jahren, seit es die Aktion gibt, wurde die Zahl der erfüllten Wünsche mehr als verdoppelt. Die Initiatoren stehen vor einem Problem, mit dem sie anfangs nicht gerechnet hatten: Zu viele Menschen wollen Weihnachtswünsche erfüllen. Hander sagt: „Vöhringen ist so hilfsbereit. Wir
● Auszeichnung Mit der Silberdistel ehrt unsere Redaktion seit vielen Jahren Menschen aus der Region für ihr besonderes bürgerschaftliches Enga gement.
jedes Jahr noch mehr Geschenke ausliefern.“
Und das wollen sie in diesem Jahr tun. Heuer werden erstmals auch Senioren beschenkt, die von Altersarmut betroffen sind. Beeindruckt ist Jana Laible dabei von der Bedann
● Schmiede Der Preis besteht aus einer Urkunde und einer kunstvoll in Silber gearbeiteten Distelblüte, die eigens in der „Alten Silberschmiede“in Augsburg angefertigt wurde.
scheidenheit der eingesandten Wünsche. „Da waren viele Lebensmittel dabei“, erzählt sie. Ein guter Kaffee zum Beispiel oder Markenschokolade.
Inzwischen ist „Vöhringen zeigt Herz“so gewachsen, dass die Aktikönnten
● Vorschläge Jede Leserin und jeder Leser kann Vorschläge für weitere Trä ger unserer Auszeichnung machen. Ansprechpartner dafür finden sich in unseren Lokalredaktionen. (AZ)
on nicht mehr nur zur Weihnachtszeit Gutes tun kann. So viele Menschen spenden, dass sogar Geld übrig bleibt. „Mit diesem Geld können wir, wenn es nötig ist, auch schnell und unkompliziert helfen“, sagt Hander.