Das historische Gedächtnis ist gerettet
Im Stadtarchiv Rain werden Dokumente gegen Schimmel behandelt. Die Aktion war dringend notwendig
Rain 40 Regalmeter stehen im Keller des Rainer Rathauses, dicht bestückt mit alten Bauamtsakten, Ratsprotokollen, Rechnungsbüchern, Meldekarteien und so manchem mehr. Zu den wertvollsten Dokumenten dort gehört der historische Zeitungsbestand des „Rainer Wochenblatts“, das fast lückenlos aus den Jahren 1846 bis 1920 archiviert ist. “Diesen Bestand gibt es nur bei uns, nirgendwo sonst“, sagt Archivleiterin Edith Findel. Wann immer Anfrage von Ahnen- und Geschichtsforschern kommen, von Nachlassgerichten, von Vereinen, die für ein Jubiläum recherchieren, und anderen Amts- oder Privatpersonen, steigt sie ins Rathaus-Untergeschoss und sucht nach den erbetenen Informationen.
Doch dieser Fundus war stark gefährdet. Mehrfach hat Feuchtigkeit den empfindlichen Papieren zugesetzt. Wasserrohrbruch und Starkregen haben die Wände vollgesaugt. Ein fatales Raumklima für die empfindlichen Akten und Zeitungen. Schmutz lagerte sich ab, Schimmelpilze verbreiteten sich massiv, ganz abgesehen vom Säurefraß, der zudem stattgefunden hat. Das gesamte historische Gedächtnis der Stadt Rain drohte, vernichtet zu werden.
In dieser Situation kam ein Sonderprogramm der Kultur- und Medien-Beauftragten der Bundesregierung sehr gelegen. Es unterstützt den Erhalt national wertvollen schriftlichen Kulturguts und kommt Projekten aller Art zugute, darunter etwa auch kostbaren Unikaten und Beständen, die für die Forschung unverzichtbar sind. Es übernimmt 50 Prozent der Kosten und ist über zwei Jahre angelegt. Das sind im Falle des Rainer Stadtarchivs laut Archivleiterin Findel 31.000 von 62.000 Euro. Zwei Hilfskräfte wurden extra für diese Instandsetzung eingestellt.
Nach entsprechender Sanierung der Räumlichkeiten hat die Reinigung
der Papiere begonnen. Jedes einzelne wurde und wird mit Spezialtüchern aus einer nicht fusselnden Kunststofffaser vorsichtig abgewischt, um Staub, Schimmel und andere lose Partikel aufzunehmen. Dazu kommt eine Absauganlage zum Einsatz. „Mehr können wir im
Moment nicht tun“, erklärt Edith Findel. „Die Dokumente sind damit noch nicht steril aber der Pilzbefall ist beseitigt. Wenn wir das nicht gemacht hätten, hätte der Schimmelbefall die alten Zeitungsbände zerstört.“Auf diese Weise soll auch mit sämtlichen anderen Akten im Archiv
verfahren werden. „Momentan steht noch nicht für alle Arbeiten Geld zur Verfügung, aber wir stellen neue Anträge.“
Ein großer Wunsch von Edith Findel wäre es auch noch, nach abgeschlossener Reinigung den Bestand des Stadtarchivs zu digitalisieren. Doch diese Absicht ist so schnell nicht umsetzbar. Das muss erst entschieden werden, wie sie sagt, und „dazu fehlts erst mal auch am Geld.“
Die Arbeit an den einmaligen Zeitungsexemplaren ist beinahe abgeschlossen. Während Cirtci Canay noch die Reinigung der einzelnen Seiten vornimmt, räumen Ediuth Findel und Veronika Spreng die bereits schimmelfreien Exemplare in geeignete Boxen, die auch hygienisch dafür geeignet sind. Eine Restauratorin war ebenfalls mit involviert, die schwere Schäden, die bereits entstanden waren, behoben hat, um die Informationen aus früheren Jahrhunderten für die Nachwelt zu sichern.