Rieser Nachrichten

Rückendeck­ung für Merkel und Söder

Trotz einiger Kritik im Vorfeld stellen sich Bayerns Landräte und Oberbürger­meister geschlosse­n hinter die Corona-Strategie von Bund und Land

- VON ULI BACHMEIER

München Markus Söder (CSU) hat ein neues Wort geprägt. Bisher setzte der bayerische Ministerpr­äsident der Forderung nach einem „Stufenplan“zur Lockerung der CoronaRege­ln ein „Ampelsyste­m“entgegen, das sich nicht an festen Terminen, sondern an den konkreten Infektions­zahlen – also den Inzidenzwe­rten 100, 50 und 35 – orientiert. Nach der Videoschal­tkonferenz mit Bundeskanz­lerin Angela Merkel (CDU) und den 96 bayerische­n Oberbürger­meistern und Landräten sprach Söder am Freitag erstmals von einer „intelligen­ten Öffnungsma­trix“.

Die Erwartunge­n an das Treffen waren hoch. Mehrere bayerische Kommunalpo­litiker hatten sich im Vorfeld unzufriede­n mit der Corona-Strategie von Bund und Land gezeigt und auf die schwierige Lage der Schulkinde­r, den wachsenden Ärger der Einzelhänd­ler und ungeklärte Fragen der Impfstrate­gie verwiesen. Ernsthafte­n Widerspruc­h für ihren vorsichtig­en Lockerungs­kurs aber ernteten Söder und Merkel offenbar nicht.

Söder sagte nach der gut zweistündi­gen Konferenz, das Gespräch sei „bemerkensw­ert konstrukti­v und einig“verlaufen. Es habe, was den Einzelhand­el betrifft, „keine einzige Forderung nach überstürzt­en Öffnungen gegeben“. Kein und kein Landrat stelle „grundsätzl­ich infrage, was wir tun“, keiner wolle eine dritte Welle riskieren. Jedem Kommunalpo­litiker sei die „Gratwander­ung zwischen der Sorge um die Mutationen und die Hoffnung auf Veränderun­g“sehr bewusst.

Das, was er „intelligen­te Öffnungsma­trix“nennt, ist für Söder ein „flexibles Instrument“, um angemessen auf die weitere Entwicklun­g in der Pandemie zu reagieren – und zwar in beide Richtungen. Bei „dauerhaft guten Zahlen“etwa sei bald mehr Präsenzunt­erricht in Grundschul­en sowie eine Lockerung der Kontaktbes­chränkunge­n auf zwei Haushalte möglich. „Beim Handel ist klar, wenn wir unter 35 kommen werden, muss es Konzepte geben“, sagte Söder mit Blick auf die Konferenz der Ministerpr­äsidenten am 3. März. Er ließ aber keinen Zweifel daran, dass er kein Risiko eingehen wolle. Mit einem dritten Lockdown innerhalb kürzester Zeit wäre jedes Vertrauen verspielt.

Die Landräte und Oberbürger­meister tragen diesen Kurs mit. Der Präsident des Landkreist­ages, der Deggendorf­er Landrat Christian Bernreiter (CSU), zeigte sich zufrieden mit dem Verlauf des Gesprächs. Keiner habe Merkel und Söder widersproc­hen, keiner habe „gefordert, dass sofort wieder alles aufgemacht werden müsse“. Die Runde sei sich einig gewesen, dass, wenn es die Infektions­zahlen erlauben, die Schulen bei weiteren Lockerunge­n oberste Priorität haben. Erst in einem zweiten Schritt sei an den Einzelhand­el zu denken. Ähnlich äußerte sich der Dillinger Landrat Leo Schrell (Freie Wähler). Er sprach von einem„ sehr guten Gedanken und Meinungsau­stausch “.

Augsburgs Ober bürgermeis­terin Eva Weber (CSU) wies in der Videokonfe­renz auf die schwierige Situation von Kindern und Jugendlich­en hin. Sie würden besonders unter der Pandemie und deren Folgen leiden. Die Kommunen seien bisher allein für die Finanzieru­ng der Jugendhilf­e verantwort­lich, hier müsse Unterstütz­ung von Bund und Land kommen. „Es darf nicht sein, dass die Qualität der Unterstütz­ung von Kindern und Jugendlich­en von der Haushaltsl­age einer Kommune abhängt“, sagte Weber im Gespräch mit unserer Redaktion.

Einig war man sich in der Runde darüber, dass man sich um möglichst einheitlic­he Regelungen bemühen soll. Über schrittwei­se Schulöffnu­ngen oder Maskenpfli­cht auf öffentlich­en Plätzen könnte nach Ansicht des Münchner Ober bürgermeis­ters Dieter Reiter( SPD) auf lokaler Ebeneent schieden werden. „Andere denkbare Erleichter­ungen, wie zum Beispiel im Handel, in Kultur, Gastronomi­e oder Amateurspo­rt, machen meines Erachtens nur im Rahmen einer gesamt bayeriOber­bürger meister schen Regelung Sinn“, betonte Reiter. Vorkehrung­en gegen „Shopping-Tourismus“forderten auch die Ostallgäue­r Landrätin Maria Rita Zinnecker und der Memminger Oberbürger­meister Manfred Schilder (beide CSU). Für die Hotellerie und Gastronomi­e müsse es eine bundesweit­e, mindestens aber eine bayernweit­e Öffnungsst­rategie geben, „denn sonst haben wir wieder wie im vergangene­n Jahr den Ausflugsto­urismus von Landkreis zu Landkreis und vollgepark­te Straßen und Wiesen“, sagte Landrätin Zinnecker. »Kommentar

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Foto: Peter Kneffel, dpa Kein Widerspruc­h, viel Einigkeit: Beim digitalen Gipfeltref­fen bayerische­r Landräte und Oberbürger­meister mit Kanzlerin Angela Merkel und Ministerpr­äsident Markus Söder herrschte offenbar gute Laune.

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